piwik no script img

Umzug wegen G-7-GipfelAltenheim statt Alpenhütte

Angela Merkel und Kollegen nächtigen anlässlich des G-7-Gipfels im Hotel Elmau. Da würde Gerhard Haase nur stören.

Hach, was für ein Bergidyll! Das gefällt auch den beiden Polizisten. Foto: reuters

Berlin taz | So unruhig hatte sich Gerhard Haase seinen Lebensabend nicht vorgestellt. Wenn der 83-Jährige morgens aufsteht, ist er seit Jahrzehnten eine ganz besondere Ruhe gewohnt. Aus jedem Fenster seines Hauses blickt der Mann auf ein Bergidyll. Und auf den Wiesen am Fuße des Wettersteinkamms wächst der blaue Enzian so prächtig wie sonst nur an wenigen Orten in Deutschland. Jetzt aber wird Gerhard Haase umgesiedelt, vorübergehend.

Denn die Hütte, in der Haase seit 50 Jahren wohnt und in der er lebenslanges Wohnrecht genießt, steht unmittelbar am Schlosskomplex des heutigen Hotels Elmau. Dort sollen anlässlich des G-7-Gipfels Angela Merkel und ihre Kollegen nächtigen. Beim Schlendern vom Schlafgemach in die Besprechungssalons hätten die Staatschefs auf einen gut gelaunten Rentner treffen können, der vor seiner Hütte in der Sonne sitzt. Und so kommt es, dass Gerhard Haase zu einem Sicherheitsrisiko geworden ist. Nun muss er seine geliebte Schindelhütte verlassen – und stattdessen in einem Pflegeheim unterkommen. Die Rechnung dafür bezahlt, immerhin, die Hoteldirektion.

Als Techniker und Elektriker hat Haase jahrzehntelang für das Hotel gearbeitet und die wechselhafte Geschichte des Urlaubsdomizils so genau verfolgt wie wenige andere. Schloss Elmau war einst ein Treffpunkt esoterisch angehauchter Kollektivisten, die sich bei Tanzabenden im Kreis an den Händen hielten und im Übrigen die Landfrische genossen. Inzwischen hat der heutige Direktor das Haus zum „Luxury Spa & Cultural Hideaway“ gemacht, das vor allem Individualisten ansprechen und in der Kategorie „Fünf Sterne Superior“ als eines der weltweit führenden Hotels etabliert werden soll.

Auch Haases inzwischen verstorbene Frau arbeitete lange für die frühere Hoteldirektion. Und so erhielt das Ehepaar zum Dank lebenslanges Wohnrecht in der Hütte. Dass Haase auf seine alten Tage nun zwischen die Wege der mächtigsten Staatschefs des Welt gerät und deshalb noch einmal umziehen soll, ärgert ihn. „Ich hoffe, ich kann danach wiederkommen“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. „Nicht, dass die Hütte dann weggerissen ist.“ Das zumindest hat derzeit noch niemand geplant.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Wer's immer noch nicht gemerkt hat, unsere Beherrschenden scheren sich nicht um Recht und Gesetz. Die innerdeutsche Mauer war denen ein Dorn im Auge, weil sie so kleinkariert war. Sie bauen sie jetzt um Europa, am liebsten inklusive Russland, um so der chinesischen Mauer wieder einen Sinn zu geben. Schengen-Abkommen? Das gilt nicht für Kleinbürger, wenn Merkel & Co in einem angeblichen Schloss zu Gange sind! Reisefreiheit? Nur für gestandene Systemvertreter wie Wellmann, der mit gut 60 Jahren noch in der Young Transatlantic Conservative Alliance mitmischt. Da kann man sicher sein - alles Freunde dieses EU-Junkers...