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Deutsch-dänischer SchilderstreitEin Zeichen der Freundschaft

Der Verband der deutschen Minderheit in Dänemark wirbt seit Jahren für zweisprachige Ortsschilder. Ein erster Versuch in Hadersleben scheiterte. Nun kommen dänische Künstler.

Für die Künstlergruppe Symbol friedlicher Koexistenz zweier Kulturen: das zweisprachige Ortsschild. Bild: Listeria

HADERSLEBEN taz | 2015 hätte das Jahr des Durchbruchs für Generalsekretär Uwe Jessen und seine Organisation werden können. Seit mehr als sieben Jahren wirbt der Bund Deutscher Nordschleswiger, die Vereinigung der deutschen Minderheit in Süddänemark dafür, dass vier Städte im Grenzland zu Deutschland zweisprachige Ortsschilder aufstellen: Tondern, Apenrade, Sonderburg und Hadersleben – und so auch diese deutschen Bezeichnungen der dänische Orte sichtbar werden.

Im April war es dann tatsächlich so weit: An der Umgehungsstraße in Hadersleben (dänisch Haderslev) stand plötzlich eine Ortstafel, auf dem auch der deutsche Name zu lesen war. Hans Peter Geil, der Bürgermeister der 21.000-Einwohner-Stadt hatte den eh nötigen Austausch eines Schildes genutzt und ohne Beteiligung des Stadtrats entschieden, dass das neue zweisprachig sein sollte. „Ein Experiment“ nannte es Geil hinterher.

Es war eines, das eine nationale Debatte in Dänemark auslöste – inklusive hitziger Facebook-Diskussionen. Nach zwei Wochen war das Schild herausgerissen, über einen Zaun geworfen, ein Kommunalpolitiker nahm es anschließend mit auf seinen Hof. Bürgermeister Geil entschied, es nicht wieder aufzustellen – er wolle nicht provozieren, erklärte er und kündigte an, das Schild dem Museum Sønderjylland zu überlassen, für seine Ausstellung über das Grenzland.

Damit, könnte man meinen, wäre die deutsche Minderheit auf dem Stand von 2008. Doch Jessen erkennt Bewegung, eine Änderung in der öffentlichen Meinung. Als ein neuer Vorstand seiner Organisation vor sieben Jahren das erste Mal den Wunsch erklärt habe, sei die Reaktion in der dänischen Politik und Gesellschaft durchweg „sehr negativ“ gewesen, sagt er.

Lexikon der Ortsnamen

Im deutsch-dänischen Grenzland gibt es für viele Orte Bezeichnungen in beiden Sprachen. Vier Beispiele aus Dänemark und Deutschland:

Aabenraa - Apenrade

Tønder - Tondern

Sønderborg - Sonderburg

Haderslev - Hadersleben

Flensburg - Flensborg

Schleswig - Slesvig

Rendsburg - Rendsborg

Eckernförde - Egernførde

Harrislee - Harreslev

Die Gegner argumentieren mit der Geschichte und erinnern an die Besatzung Dänemarks durch Nazi-Deutschland – oder auch schon mal den Deutsch-Dänischen Krieg. Zwar gab es diese Argumente dieses Mal auch, doch eben nicht nur. Jessen ließ seinen Pressesprecher Facebook-Kommentare zählen und kategorisieren. Nach dessen Zahlen hätten sich 40 Prozent für die zweisprachigen Schilder ausgesprochen – und 40 Prozent dagegen. 20 Prozent waren nicht klar zuzuordnen.

In Schleswig-Holstein sind zweisprachige Ortsschilder seit 2007 möglich – sie gibt es vor allem im Kreis Nordfriesland und auf Helgoland – mit friesischen Ortsnamen. Auch im Kreis Stormarn stehen bilinguale Ortstafeln, hier allerdings mit plattdeutschen Dorf- und Städtenamen. Nur in der Stadt Flensburg steht auch der dänische Ortsname auf den gelben Schildern – die Stadt positioniert sich damit sehr deutlich. Ein Schritt, den bisher kein anderer Ort in der Region gegangen ist.

Die Debatte auf der anderen Seite der Grenze ebbte auch mit dem Verschwinden des Versuchsschildes nicht ab. Vor Kurzem befestigte eine Gruppe von fünf Künstlern in der Nacht deutsche Ortsnamen an die Schilder in Hadersleben und schickt eine Erklärung an die Lokalpresse.

„Wir glauben, dass die meisten Menschen in Hadersleben zweisprachige Ortsschilder befürworten“, sagte Sprecher Mathias gegenüber der taz. Die Debatte sei traurigerweise dominiert worden von reaktionären Menschen mit Tunnelblick. „Das zweisprachige Ortsschild ist ein Symbol der friedlichen Koexistenz zweier Kulturen.“ Hadersleben solle ein Ort der Versöhnung, Offenheit und Vielfalt sein und nicht nur ein Symbol der Vergangenheit, sondern auch der Zukunft.

Die Gruppe nennt sich Listeria und sieht ihre Aktion auch als Aufstand gegen das zunehmende „grise-danskhed“ – wörtlich übersetzt: Schweine-Dänentum. Damit spielen sie auf eine Debatte in Dänemark um die Frage an, ob auch muslimische Kita-Kinder Schweinefleisch serviert bekommen sollten.

Viele hätten dabei die Position vertreten, dass es zum Dänischsein gehöre, Schweinefleisch zu essen. Minderheiten wie Muslime und eben Deutsche in Hadersleben würden ebenfalls zur dänischen Kultur beitragen und sollten dafür Anerkennung erhalten, argumentieren nun die fünf Künstler.

Jessen besteht darauf, mit der Gruppe nichts zu tun zu haben und nennt die Aktion ein Happening. Er will die Schilderfrage im breiten politischen Konsens klären – damit die Tafeln dann auch stehen bleiben.

Die Region könne mit ihrer Zweisprachigkeit werben, findet Jessen. Außerdem weist er auf ein Papier des Europarats hin, der die Einhaltung der Charta der Regional- und Minderheitssprachen überwacht. Dem Vertrag, dem Deutschland und Dänemark beigetreten sind, empfiehlt Dänemark, dasDeutsche als Minderheitensprache sichtbarer zu machen.

Der Bund der Nordschleswiger wird weiter bei Kommunalpolitikern für zweisprachige Schilder werben, allen voran den Bürgermeistern der vier Städte – auch denen, die wenig Interesse haben. Jessen ist sich sicher, dass die Schilder kommen. Doch das brauche Zeit. Listeria hat weitere Interventionen angekündigt.

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12 Kommentare

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  • Ich halte beides für fragwürdig.

    a) Landessprache ist dänisch, daran soll und braucht man nicht zu rütteln. Eine Minderheit muss sich integrieren, Zweisprachigkeit ist nicht hilfreich.

    b) Norddeutschland war sehr lange von Dänemark militärisch besetzt, aber das ist doch kein Grund, der dänischen Minderheit in SH werden sogar Sonderrechte z.B. bei Wahlen eingeräumt.

     

    Also: Unsinn wohin man schaut.

    • @Thomas Fuller:

      Funktionierende Beispiele für die Zweisprachigkeit gibt es in Deutschland: Im Spreewald kultivieren die Sorben ihre Sprache ohne, dass es Separations- oder Desintegrationsprobleme gibt ...

    • @Thomas Fuller:

      Hä?

      - Wer will an der Landessprache Dänisch rütteln?

      - Was hat integrieren mit assimilieren zu tun?

      - Für was ist Zwei- oder Mehrsprachigkeit nicht hilfreich?

      - Norddeutschland war militärisch von Dänemark besetzt? Wann? Wie lange?

      Und für was soll das (k)ein Grund sein?

       

      "Unsinn wohin man schaut." - bezieht sich auf was? Auf den eigenen Kommentar?

      • @Eric Manneschmidt:

        An der Landessprache rüttelt, wer andere einführen will, hier deutsch.

         

        Integration funktioniert ausschließlich durch Assimilation. Man integriert einen Fremdkörper in ein System, dabei wird er von diesem System assimiliert und ein Teil von ihm. Er bleibt kein Fremdkörper.

         

        Mehrsprachigkeit ist sinnvoll im internationalen Austausch. Innerhalb einer Gesellschaft ist sie problematisch, es sei denn, alle Menschen sprechen die selben verschiedenen Sprachen. Dann sind alle bis auf eine für den innergesellschaftlichen Verkehr überflüssig, aber nicht schädlich. Sprechen verschiedene Menschen verschiedene Sprachen, leidet das soziale Miteinander, weil Nicht-Verstehen-Können ausgrenzt.

         

        Einfach mal die Geschichte studieren. Man kann gerne mit Altona und Hamburg beginnen, wenn man einen Ort braucht, den man besuchen kann.

         

        Der Unsinn ist auf beiden Seiten, der der deutschsprachigen Minderheit und der der dänischen Mehrheit zu finden. Und nun auch noch in Antworten auf meinen Kommentar, wo sich ein paar Deutschtümler auf den Schlips getreten fühlen.

        • @Thomas Fuller:

          Was ist mit Altona?

          Seit wann liegt Altona im deutsch-dänischen Grenzland?

          Wer ist hier eigentlich der Deutschtümler?

    • @Thomas Fuller:

      Und warum ist dies alles für Sie so fragwürdig, nicht hilfreich und unsinnig? Verstehe ich nicht. Grenzübergreifende sprachliche Minderheiten des jeweiligen Nachbarlandes gibt es an allen Ecken und Enden Europas, heutzutage in der Regel anerkannt, kaum jmd versucht noch sprachliche Monokulturen herzustellen, die so vor der Geburstsstunde des Nationalismus im 19 Jh. nie bestanden haben (Das Wort Integration in ihrem Sinne scheint mir auch dem modernen demokratischen Geist zuwider zu laufen, Integration bedeutet nicht Unterwerfung unter die Tyrannei einer Mehrheit) Viel Blut wurde in der Folge vergossen, warum? zweisprachige Ortsschilder u zweisprachige Bildung, ein paar Abgeordnete der Minderheit im Parlament, so stellt sich heute raus ist völlig unproblematisch, trennt niemanden vom anderen u ist billiger allemal als Krieg u Unfrieden.

      • @ingrid werner:

        Die Sprache des Nachbarlandes zu können ist immer positiv. Innerhalb eines Landes mehrere Sprachen parallel quasi amtlich zu machen führt zu Parallelgesellschaften, d.h. zur De-integration.

    • @Thomas Fuller:

      Dass Zweisprachigkeit nicht hilfreich ist, halte ich für eine sehr gewagte These, die nur schwer mit Argumenten zu untermauern sein dürfte. Meine Erfahrungen, sowie die Einschätzungen Politikern, Lehrern und Wirtschaftsverbänden besagen das Gegenteil.

      Die deutsche Minderheit in Dänemark ist hervorragend integriert, spricht beide Sprachen perfekt, ist ein fester Bestandteil von Kultur und Gesellschaft in Nordschleswig und engagiert sich erfolgreich im Dialog der beiden Nachbarländer. Es kommt nicht von ungefähr, dass das deutsch-dänische Grenzland europa- und weltweit als ein Musterbeispiel für gelungene Minderheitenpolitik und die Aussöhnung von Volksgruppen angesehen wird. Daran hat nicht nur die deutsche Minderheit in Dänemark, sondern ebenso die dänische Minderheit in S-H ihren Anteil.

      Von Unsinn kann hier lediglich bei den Ausführungen von Herrn Fuller die Rede sein.

      • @Marcus Andresen:

        Zweisprachigkeit eines Menschen ist wunderbar, daran besteht kein Zweifel. Zweisprachigkeit einer Gesellschaft führt zu Problemen, vor allem, wenn sie entlang ethnischer Grenzen betrieben wird. Es ergeben sich keinerlei Vorteile aus zweisprachigen Straßenschildern, das Signal ("ihr müsst nicht die selbe Sprache sprechen, ihr müsst euch nicht gegenseitig verstehen können, kocht alle euer eigenes Süppchen, separiert euch, sprecht nur mit euresgleichen") ist schädlich.

        • @Thomas Fuller:

          "Zweisprachigkeit einer Gesellschaft führt zu Problemen, vor allem, wenn sie entlang ethnischer Grenzen betrieben wird."

          Was soll das schon wieder bedeuten? Was für ethnische Grenzen gibt es bei der deutsch-dänischen Zweisprachigkeit?

           

          Sie haben wirklich von vorne bis hinten keine Ahnung - und sind auch noch stolz darauf.

          Genau diese Haltung ist in höhem Maße schädlich für jede Demokratie.

  • Es muss heissen (grise-)"danskhed" statt "danskhet"

     

    sowie

     

    "Ein Schritt, den..."

    statt

    "Einen Schritt, den bisher kein anderer Ort in der Region gegangen ist."

    • @Eric Manneschmidt:

      Danke!