SPD: Kurt Beck deutlich über 5 Prozent

Der SPD-Chef erreicht im Umfrageduell mit Merkel nur noch 16 Prozent. Das verleitet die SPD zu Angriffen auf die Kanzlerin - sie jedoch bleibt ruhig

Beck: im Kanzleramt lieber als Gast gesehen Bild: dpa

BERLIN taz Die Frage, was genau Franz Münteferings kalkulierter Wutausbruch am Dienstagvormittag bedeutet, steht auch am Tag danach noch im Raum. Der Anfang vom Ende der Koalition? Der Beginn des Wahlkampfes für 2009? Oder gar eine raffinierte Volte, um die SPD gegenüber der Linkspartei abzusichern und Merkels Regierung damit gleichzeitig zu stabilisieren?

Ein Blick auf die jüngsten Meinungsumfragen schließt zumindest eine Möglichkeit kategorisch aus: Müntefering wollte mit seinem Schlag gegen die Union wegen deren Verweigerungshaltung beim Mindestlohn die große Koalition nicht bewusst zum Platzen bringen. Das würde seiner eigenen Partei nämlich sehr schlecht bekommen. In der Forsa-Umfrage von dieser Woche ist die SPD auf 25 Prozent abgerutscht - das ist der niedrigste Stand seit der Bundestagswahl 2005. Die CDU büßte zwar auch einen Prozentpunkt ein, kommt aber immer noch auf 37 Prozent. Die Linke gewann einen Prozentpunkt hinzu und liegt mit 12 Prozent erstmals vor FDP und Grünen (je 10 Prozent).

Auch ein anderes Ergebnis lässt sozialdemokratische Pläne für Neuwahlen, wenn es sie denn überhaupt gibt, nicht gerade als gute Idee erscheinen. Bei der Frage nach der Kanzlerpräferenz konnte Angela Merkel den Abstand zu SPD-Chef Kurt Beck weiter ausbauen. 54 Prozent der Bundesbürger würden Merkel direkt wählen - Beck nur noch 16 Prozent. "Wahrscheinlich der schwächste Wert, den jeweils ein Kanzlerkandidat beziehungsweise potenzieller Kandidat der SPD erhalten hat", sagt Forsa-Chef Manfred Güllner.

Es steht wohl auch in diesem Zusammenhang, dass SPD-Generalsekretär Hubertus Heil und Olaf Scholz, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, die kleine Lösung beim Mindestlohn, die Ausweitung des Entsendegesetzes auf bestimmte Branchen, am Mittwoch mehr lobten als Müntefering tags zuvor. Scholz bezeichnete sie gar als "großen Durchbruch", weil damit der Mindestlohn nicht mehr wegzureden sei. "Der Zug, der jetzt in Fahrt geraten ist, wird nicht mehr aufzuhalten sein." Gleichzeitig erneuerte die SPD ihre Angriffe auf die Kanzlerin. Sie führe zu wenig, sie agiere zu sehr als CDU-Vorsitzende, heißt es. "Wenn man ständig auf die Bedenken des letzten Unterbezirks Rücksicht nimmt, bleibt man auf der Strecke", sagte Scholz.

Merkel und die CDU-Führung nehmen diese Angriffe bisher betont gelassen hin. Öffentlich hat kaum ein Unionspolitiker auf Münteferings Wut-Rede reagiert. Das passt zum Kalkül der Kanzlerin, die intern die Anweisung gegeben haben soll, den Koalitionsstreit nicht weiter anzufachen. Merkel kennt das deutsche Harmoniebedürfnis. Sie möchte sich, solange es geht, als freundliche Moderatorin präsentieren, die von einer zufriedenen Union getragen wird.

Politisch ist Merkel keineswegs frei von Zwängen. Ihr Bewegungsspielraum ist begrenzt. Gibt sie sich gegenüber Forderungen der SPD - wie beim Mindestlohn - hart, provoziert sie neuen Ärger in der Koalition. Gibt sie nach, muss sie mit einem Aufschrei ihres eigenen Wirtschaftsflügels rechnen. Trotz der Geschlossenheit und trotz des persönlichen Umfragehochs der Kanzlerin ist auch die Union von einer eigenen Mehrheit weit entfernt. Eine langfristige Perspektive über die große Koalition hinaus ergibt sich aus den Zustimmungswerten nicht.

Schwarz-Gelb? Dafür dürfte es auch 2009 kaum reichen. Immer mehr Unionspolitiker machen deshalb den Grünen Avancen. Neben Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger fand auch der niedersächsische Regierungschef Christian Wulff "einige interessante Schnittmengen" mit den Grünen - in der Haushalts-, Finanz- und Umweltpolitik gebe es "durchaus Gemeinsamkeiten", sagte der CDU-Vize.

Das ist allerdings Zukunftsmusik, die bei den Grünen bislang auf wenig Gegenliebe stößt.

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