Hessen: "Haltlose Thesen" im Bio-Unterricht

Die CDU will Schöpfungsgeschichte gleichberechtigt mit Evolutionstheorie in Biologie unterrichten lassen - zum Unmut von SPD und Grünen.

Tür offen für christliche Fundamentalisten? Schule in Hessen Bild: dpa

WIESBADEN taz In sechs Tagen habe Gott den Himmel und die Erde und alles was darauf ist, geschaffen. So jedenfalls steht es in der Bibel. Ein Arbeitspensum, das auch der hessischen CDU-Kultusministerin Karin Wolff (48) ganz offensichtlich imponiert. Denn jetzt soll die biblische Genesis nicht mehr nur Thema im Religionsunterricht an den hessischen Schulen sein, sondern auch in "Bio" behandelt werden.

Es gebe "erstaunliche Übereinstimmungen" zwischen den Fakten der Evolutionslehre und der biblischen Schöpfungsgeschichte, hatte die Christdemokratin kürzlich in einem Interview philosophiert. Und dass die Naturwissenschaften bei bestimmten Fragestellungen an ihre Grenzen stießen und es dann um "philosophische und theologische Themen" gehen müsse.

Das hat nicht allen gefallen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) etwa schreibt Wolff ins Stammbuch, dass sich die Schöpfungsgeschichte nicht zur Beschreibung der Evolution eigne. Und selbst vom katholischen Bistum Limburg kam eine Protestnote. Man wünsche "keine Religion im Biologieunterricht". Der Ministerin wurde vorgeworfen, christlichen Fundamentalisten, die sich weltweit eifernd für ein "gleichberechtigtes Nebeneinander" von Schöpfungsgeschichte und Evolutionslehre einsetzen, ausgerechnet im liberalen Hessen die Türen weit geöffnet zu haben.

Tatsächlich sind die "Kreationisten", die in den USA bereits an diversen Schulen und auch Universitäten den Ton angeben, auch in Westeuropa aktiv. Das Europaparlament "sorgt" sich. Den Tag des Beginns der göttlichen Schöpfungswoche kennen die "Kreationisten" übrigens ganz genau. Es war der 23. Oktober des vorchristlichen Jahres 4004.

Jeder habe das Recht, Irrsinn zu erzählen, konstatierte jetzt der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Tarek Al-Wazir, in einer von den Grünen und der SPD beantragten Aktuellen Stunde zum Thema. Das Kultusministerium aber sei "ganz bestimmt nicht der richtige Arbeitsplatz" für solche Leute. Ohnehin schreibe die Landesverfassung die strikte Trennung von Staat und Religion fest. Der Besuch des Religionsunterrichts sei deshalb keine Pflicht; der des Biologieunterrichts aber schon.

Die Fraktionschefin der SPD, Andrea Ypsilanti, warf Wolff vor, mit ihren "haltlosen Thesen" den "Kreationismus" in Hessen weiter zu befördern. Schon im vergangenen Herbst hatte Wolff in einer Stellungnahme zu einer umstrittenen christlichen Privatschule in Gießen gesagt, dass es "zulässig ist, die Evolutionstheorie im Unterricht in Frage zu stellen". Wolff selbst sprach von "fachübergreifendem Unterricht", den das hessische Schulgesetz durchaus fordere. Und dass es erlaubt sein müsse, im Biologieunterricht auch über "theologische Fragen" zu diskutieren.

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