Mindestlohn: Briefträger, keine Billigjobber

Die Regierung will einen Mindestlohn für Postboten einführen: acht Euro oder mehr pro Stunde. Private Post-Konkurrenten kritisieren den Beschluss.

Postbote ist ein anstrengender Job, der einen fairen Lohn verdient, findet das Kabinett. Bild: dpa

BERLIN taz Es ist ein Beschluss mit Signalwirkung: Das Kabinett hat gestern entschieden, einen Mindestlohn für die rund 200.000 Briefzusteller einzuführen. Ab dem 1. Januar dürfen sie mit Stundenlöhnen von wenigstens 8 bis 9,80 Euro rechnen.

Das Kabinett hat ohne Gegenstimmen beschlossen, das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf die Briefzusteller auszudehnen. Diese Einmütigkeit wurde gestern von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) besonders betont. Denn im Vorfeld war es zu Irritationen mit der Union gekommen.

So hat Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) im letzten Moment durchgesetzt, dass das Gesetz nur für "Briefdienstleister" gelten soll, die also - wie der Name sagt - tatsächlich Briefe transportieren. Ursprünglich sollten alle "Postdienstleister" darunter fallen. Das Gesetz hätte also auch Zusteller von Paketen, Zeitungen, Büchern und Katalogen betroffen. Doch Glos fürchtete, dass kleine Postkonkurrenten den Mindestlohn nicht zahlen können.

Müntefering machte gestern nicht den Eindruck, als sei ihm das Zugeständnis an den Kabinettskollegen schwer gefallen. Denn in der Realität dürfte es nicht einfach sein, die verschiedenen Trägerdienste sauber zu unterscheiden. So gibt es Zeitungszusteller und Paketdienste, die nebenher auch Briefe austragen. Sie fallen ebenfalls unter das neue Gesetz. "Alle, die Briefe tragen, sind Briefträger", sagte Müntefering süffisant.

Das neue Gesetz soll bis Ende November Bundesrat und Bundestag passieren. Anschließend ist der Weg frei, um per Verordnung den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären, den der Arbeitgeberverband Postdienste und die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di kürzlich ausgehandelt haben. Danach sind Mindestlöhne von 8 bis 9,80 Euro pro Stunde vorgesehen - je nach Region und Tätigkeit.

Die Zeit drängt, denn ab Januar fällt das Briefmonopol der Post. Und große Konkurrenten stehen bereit - vorneweg die Pin Group aus Luxemburg. Müntefering will verhindern, dass sie sich durch Dumpinglöhne Wettbewerbsvorteile sichern.

Die Postkonkurrenten halten den geplanten Mindestlohn für gesetzwidrig. Der Tarifvertrag des Arbeitgeberverbands Postdienste - von der Deutschen Post dominiert - würde nicht 50 Prozent aller Arbeitnehmer der Branche umfassen. Das sei aber die gesetzliche Bedingung, um das Entsendegesetz auszuweiten. Müntefering widersprach gestern: Das Quorum von 50 Prozent sei "weit, weit übererfüllt".

Auch andere Branchen zeigen Interesse an einem Mindestlohn. Beim Arbeitsministerium haben sich schon die Zeitarbeitsbranche und die Wachdienste gemeldet. "Auch aus dem Energiebereich war eine Idee da", so Müntefering.

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