Neonazis: Mit Polizeifotos Jagd auf Linke

In Dresden jagen Rechtsextreme ihre linken Gegner - mit Fotos von der Polizei. Aber wie sind sie an die Bilder aus Ermittlungsakten gekommen?

So nützt ein "Anti-Antifa-Fahndungsfoto" jedenfalls wenig. Bild: dpa

Dresdener Rechtsextreme haben offenbar Ermittlungsakten der Polizei dazu benutzt, ein Dossier über linke Gegner anzufertigen. Das zeigt die Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, die der taz vorliegt. Das Justizministerium in Dresden bestätigte, dass Rechtsextreme offenbar im Besitz von 37 Fotos der Kriminalpolizei und neun Polizeivideos waren.

Die Linken-Akte hatte der sächsische Staatsschutz Anfang des Jahres bei einer Razzia im linksautonomen Milieu beschlagnahmt. Wenige Monate zuvor will die Dresdener Gruppe Antifascist Action Crew das Anti-Antifa-Dossier wiederum aus einer Baracke entwendet haben, die einer rechtsextremen Kameradschaft als Quartier dient. Das schrieben die Antifaschisten im Dezember 2006 zumindest auf der Internetseite Indymedia (s. Link) und belegten ihre Aussage mit Fotos.

Als der Grünen-Abgeordnete Johannes Lichdi vom kleinen Polizeiarchiv der Neonazis erfuhr, fragte er bei der sächsischen Regierung nach. "Hierbei handelt es sich um Kopien aus Ermittlungsakten", musste das CDU-geführte Justizministerium zugeben. Ob die neben den Fotos vermerkten Angaben zu Namen, Adressen, Geburtsort und Geburtsdatum ebenfalls aus Polizeiquellen stammen, könne man allerdings nicht sagen.

Doch wie bekamen Neonazis die in die Hände? "Es konnte nicht festgestellt werden, wie die Kopien aus den Ermittlungsakten in die sogenannte Anti-Antifa-Akte gelangten", schreibt das Justizministerium in seiner Antwort weiter. Dresdener Linke vermuten aber, dass Bilder und Videos aus einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft stammen, bei dem Anwälte von Rechtsextremen Einsicht in die Akten hatten.

Grünen-Politiker Lichdi, der selbst Anwalt ist, hält diesen Verdacht zumindestens für plausibel. Es bestehe die Gefahr, dass Rechtsextremisten gezielt Strafanzeigen gegen politische Gegner stellen würden, um durch Akteneinsicht an Informationen über diese zu gelangen. "Hier stellt sich die Frage, ob Anwälte der rechten Szene gezielt den Rechtsextremisten zuarbeiten." Lichdi ist nicht der Erste, der einen solchen Verdacht äußert. Immer wieder äußern Beteiligte bei Rechtsextremismus-Prozessen die Befürchtung, dass die Anwälte der Neonazis Persönliches aus den Akten weitergeben.

Es gibt in Dresden allerdings noch eine andere Spur: Der NPD-Abgeordnete Winfried Petzold hatte sich bei seinen kleinen Anfragen immer wieder auf interne Papiere des Landeskriminalamtes bezogen. Einige Abgeordnete des Landtages vermuten daher, dass die Nationaldemokraten eine Quelle bei den Sicherheitsbehörden haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.