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Agrarsubventionen zu SatellitenGalileo kann wohl endlich abheben

Die EU-Länder haben sich auf eine Finanzierung des europäischen Navigations-Satelliten-Programms "Galileo" geeinigt. Allein Deutschland dagegen. Nur noch wenige offene Punkte.

30 Satelliten sollen alle Teile der Erde mit europäischen Orientierungssignalen beglücken. Bild: ap

BRÜSSEL afp Nach jahrelangem Tauziehen steht die Finanzierung des europäischen Satelliten-Navigationssystems Galileo. Gegen deutschen Widerstand einigte sich die Europäische Union am Freitagabend in Brüssel auf ein Modell zur Deckung der fehlenden 2,4 Milliarden Euro. Das Geld soll, anders als von Berlin gefordert, vollständig aus dem EU-Haushalt kommen. Dafür werden auch Agrarsubventionen abgebaut.

Deutschland stimmte als einziges der 27 Mitgliedsländer gegen diese Lösung. Räumen die EU-Verkehrsminister ab Donnerstag letzte Hindernisse aus, steht dem Startschuss von Galileo nichts mehr im Wege.

Das ehrgeizigste europäische Industrieprojekt soll ab 2013 dem US-Ortungssystem GPS Konkurrenz machen. Galileo soll mit rund 30 Satelliten einsatzbereit sein und unter anderem Autofahrern die Navigation ermöglichen. Der Aufbau soll 3,4 Milliarden Euro kosten, davon war bisher nur eine Milliarde gedeckt.

"Das ist der erste Schritt, damit Europa sein eigenes Satelliten-Navigationssystem entwickeln kann", sagte der portugiesische Finanzminister und EU-Ratsvorsitzende Emanuel Augusto Santos nach den mehr als zwölfstündigen Verhandlungen der EU-Finanzminister und des Europaparlaments. 1,6 Milliarden Euro werden aus EU-Landwirtschaftsfonds aus dem laufenden Budget umgeschichtet. Die restlichen 800 Millionen Euro sollen im Haushalt 2008 bei anderen Wissenschaft- und Forschungsprojekten gekürzt werden, unter anderem bei der europäischen Atomagentur Euratom.

Diese Einigung sei "nicht im Interesse Deutschlands", sagte ein Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Samstag. Die Bundesregierung befürchtet geringere Rückflüsse aus nicht genutzten Agrargeldern in einer Größenordnung von 500 Millionen Euro. Laut Brüsseler Diplomaten versuchte Deutschland bis zuletzt, die Einigung per Sperrminorität mit Briten, Niederländern und Schweden zu verhindern. Die drei Länder lenkten aber schließlich ein und ermöglichten den Beschluss mit der nötigen qualifizierten Mehrheit. Nur Deutschland stimmte dagegen, Spanien enthielt sich.

Als Entgegenkommen an Berlin versicherten EU-Staaten, Rat und Parlament schriftlich, das Aufschnüren des Finanzrahmens 2007 bis 2013 sei eine "Ausnahme" und bedeute "in keiner Weise einen Präzedenzfall für die Zukunft". Der deutsche Gegenvorschlag einer Finanzierung über die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) war bei den Partnern zuvor auf wenig Gegenliebe gestoßen.

Mit der Einigung sei "eine der größten Hürden bei Galileo gefallen", hieß es in Brüssel. Es wird nun damit gerechnet, dass die europäischen Verkehrsminister bei ihrem Treffen am Donnerstag und Freitag in Brüssel die letzten offenen Punkte klären können. Ein Streit auf dem EU-Gipfel am 14. Dezember bliebe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) damit erspart.

Im zweiten Hauptstreitpunkt, der Industriebeteiligung, hatten sich Berlin und Brüssel zuletzt angenähert. EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot will auch deutsche Unternehmen bei der Neuausschreibung zum Zuge kommen lassen. Die Bundesregierung hält dies für eine Grundlage für eine Lösung. Berlin fürchtete bisher den Verlust millionenschwerer Aufträge vor allem für den Satellitenbauer EADS Astrium.

EU-Staaten und Parlament verständigten sich zudem auf den Gesamtrahmen für den Haushalt für das kommende Jahr. Dieser umfasst 120,3 Milliarden Euro. Das sind 5,7 Prozent mehr als 2007. Eingerechnet sind auch gut 300 Millionen Euro für das Europäische Institut für Technologie (EIT). Abschließend muss der Haushalt noch bis Mitte Dezember von Rat und Europaparlament gebilligt werden.

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1 Kommentar

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  • DH
    Dirk Hans-Heinrich Becks

    prestigeprojekte....

     

    wichtig ist doch die zahl nach dem komma!

    denn Sie wird schlussendlich davor stehen.

     

    um diese luecke zu schliessen, werden sicherlich die toepfe aus bildung und forschung leiden.

     

    oder braucht der fachagrawirt wirklich ein positionierungssystem für seine getreidehalme?

     

    womöglich bekommt dann auch jeder Halm seine eigene ip-adresse, damit der Maehdrescher mit ihn interagieren kann.

     

    gelobt sei die technik