Auslegungssache Bleiberecht: Wer im Süden wohnt, bleibt länger

Laut einer Studie legen die Bundesländer das Bleiberecht äußerst unterschiedlich aus. In punkto Großzügigkeit ist es vollkommen egal, ob die Regierung schwarz oder rot ist.

Ausgerechnet in Bayern interpretiert man kulant. Bild: dpa

BERLIN taz Glück hat, wer in Süddeutschland wohnt. Das gilt zumindest beim Bleiberecht. Denn die Bundesländer haben die im Herbst 2006 eingeführten Regeln für geduldete Ausländer, die seit mehreren Jahren in Deutschland leben, äußerst unterschiedlich ausgelegt. Dies geht aus einer Stellungnahme der Bundesregierung hervor. Ausgerechnet in den südlichen Bundesländern, die für ihre oft scharfe Ausländerpolitik bekannt sind, hatten die Geduldeten in den vergangenen Monaten die höchsten Chancen, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten.

"Die politischen Farben der Innenministerien sind dabei völlig egal", sagte Timmo Scherenberg vom Hessischen Flüchtlingsrat, der die Daten der Regierung ausgewertet hat. Demnach gestand das CSU-regierte Bayern fast der Hälfte der Antragsteller (48 Prozent) ein Bleiberecht zu. Relativ großzügig sind auch das SPD-regierte Rheinland-Pfalz (44 Prozent), das schwarze Hessen (40 Prozent) und das schwarz-gelbe Baden-Württemberg (30 Prozent). Schlecht ist die Situation hingegen im Saarland (6 Prozent), in Bremen (12 Prozent) und in Mecklenburg-Vorpommern (13 Prozent). Deutschlandweit erhielten von 180.000 Geduldeten in den letzten Monaten rund 20.000 ein Bleiberecht. Geduldete Ausländer sind meist abgelehnte Asylbewerber, die nicht abgeschoben werden können.

Die Innenministerkonferenz hatte im November 2006 beschlossen, dass Geduldete, die wirtschaftlich und sozial integriert sind, in Deutschland bleiben dürfen. Familien müssen dafür sechs Jahre in Deutschland leben, Singles acht Jahre. Sie dürfen nicht straffällig geworden sein und müssen ihren Lebensunterhalt durch Arbeit selbst finanzieren können. Die Aufenthaltserlaubnis ist zunächst auf zwei Jahre befristet.

Bei der Auslegung der Bleiberechtsregel erhielten die Länder und Ausländerbehörden vor Ort jedoch Freiheiten. "Die Interpretation des Gesetzes ist unterschiedlich hart", sagt Bernd Mesovic von Pro Asyl. So prüfe etwa Bayern "vergleichsweise freundlich", ob es bei den Antragstellern in der Vergangenheit ausländerrechtliche Probleme gegeben habe. In Niedersachsen dagegen werde sogar überprüft, ob die Antragsteller in ferner Zukunft einmal über eine ausreichende Rente verfügen würden.

Die Unterschiede in den Bundesländern liegen jedoch nicht nur an der Härte der jeweiligen Innenminister. Wegen der besseren Arbeitsmarktlage haben geduldete Ausländer in Süddeutschland bessere Chancen, das Jobkriterium zu erfüllen. "Die Bleiberechtsregelung ist ungerecht", schlussfolgert deshalb Mesovic.

Die sogenannte Altfallregel der Innenministerkonferenz endete im September. Inzwischen gilt allerdings eine weitere Bleiberechtsregel, die die große Koalition im Sommer beschlossen hat. Sie könnte nochmals mehreren tausend Ausländern ein Bleiberecht verschaffen. Dafür müssen sie bis Ende 2009 nachweisen, dass sie eine Arbeit haben und für sich und ihre Familie sorgen können. Auch hier haben die Länder Spielraum.

WOLF SCHMIDT

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.