Kommentar US-Geheimdienstbericht: Fatale Botschaft aus Iran
Der US-Geheimdienstbericht lässt Teheran triumphieren und stärkt damit die islamistische Willkürherrschaft.
D ie Welt kann aufatmen. Die Gefahr eines neuen Krieges im Nahen und Mittleren Osten ist - zumindest vorerst - gebannt. Auch wenn Bush seinen Standpunkt verteidigt, die Neokonservativen in Washington werden nach dem jüngsten Bericht der US-Geheimdienste einen Waffengang gegen den Iran kaum mehr rechtfertigen können. Das ist die gute Nachricht. Jetzt können ohne Vorbedingung Verhandlungen wieder aufgenommen werden, insbesondere direkte Verhandlungen zwischen Washington und Teheran. Auch schon bisher war es nicht nachvollziehbar, warum die USA mit dem Iran über die Lage im Irak direkte Gespräche führen können, nicht aber über andere Themen wie das Atomprogramm oder über Afghanistan.
Die schlechte Nachricht ist, dass nun die Radikalislamisten im Iran, allen voran Präsident Mahmud Ahmadinedschad, versuchen werden, die Niederlage Washingtons als Bestätigung für ihren unnachgiebigen Kurs zu verkaufen. Staatliche Medien im Iran äußern bereits triumphale Gefühle, der Supermacht USA einen harten Schlag versetzt zu haben. Selbstverständlich verschweigen die Radikalen, dass ihnen dieser Triumph von US-Geheimdiensten beschert wurde und dass die Einstellung des Atomprogramms laut dem Bericht der Geheimdienste im Jahr 2003 erfolgte. Damals waren nicht sie, sondern die Reformer unter Präsident Mohammed Chatami an der Regierung. Der Erfolg ist also nicht der radikalen Politik Ahmadinedschads, sondern der Kompromissbereitschaft Chatamis zuzuschreiben. Aber darüber wird geschwiegen. Fest steht jedenfalls, dass das islamische Regime aus dem langjährigen Atomkonflikt gestärkt hervorgegangen ist.
Über die gute Nachricht gibt es auch im Iran ein glückliches Aufatmen. Denn die Angst vor einem Krieg, der in den letzten Monaten immer wahrscheinlicher schien, war groß. Die schlechte Nachricht hat aber zur Folge, dass sich das Regime in Teheran sicherer fühlen wird als in den letzten Jahren. Umso stärker wird es seine Großmachtambitionen nach außen und der Willkürherrschaft im Innern freien Lauf lassen.
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