Wort des Jahres: Langweiliger Sieger

Das Klima hat auch die Gesellschaft für deutsche Sprache erreicht. Sie kürte "Klimakatastrophe" zum Wort des Jahres. Wie langweilig - unter den Top ten sind bessere.

Ist das das "Wort des Jahres"? Bild: taz

BERLIN taz Auf der Suche nach der "verbalen Leitfossilie" des Jahres stieß die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) dieses Jahr auf das Wort "Klimakatastrophe". Ironischerweise gab sie ihre Entscheidung am Tag vor dem "Klimaaktionstag" bekannt - und wird damit am Samstag in den Zeitungen gleich an mehreren Stellen präsent sein.

Wie immer wählten die Juroren der GfdS Begriffe, die nach ihrer Meinung die prägenden Debatten eines Jahres auf den Punkt bringt, und da führte dieses Jahr wohl am Klima kein Weg vorbei, wenn schon Bild und Pro7 auf klimafreundlich machen.

Nur hat diese Debatte offenbar keinen interessanten neuen Begriff hervorgebracht. Bei "Klimakatastrophe" startet jedenfalls nicht das große Kino im Kopf.

Auf Platz zwei folgt "Herdprämie", ein Wort das nach Meinung der Juroren die Debatte und Kinderbetreuung und das Betreuungsgeld auf den Punkt bringt. Immerhin ein interessantes neues Wort - wenn es auch nicht die Hegemonie über die Debatte gewinnen konnte: Im Zweifel wird doch eher von "Betreuungsgeld" gesprochen.

Platz drei ging an die "Raucherkneipe". Offenbar ist es den Lobbyisten und Schlagzeilenmachern hier nicht gelungen, irgendein hängen bleibendes Wort zu prägen.

Überhaupt haben die GfdS-Juroren nicht viele spannende Wörter aufgebracht: "Arm durch Arbeit" folgt auf Rang vier, ein Ausdruck, der den Begriff "working poor" nicht annähernd prägnant ins Deutsche übersetzen kann. Die Plätze fünf "Dopingbeichte" und sechs "Lustreisen" sind da schon besser. Wir erinnern uns an die zahlreichen Geständnisse von Profiradsportlern nach der skandalösen diesjährigen Tour de France und die VW-Affäre um gesponserten Sex für Betriebsräte.

Mit "Second Life" auf Platz sieben findet auch das Internet seine Berücksichtigung. Die GfdS will dieses Wort ausdrücklich breiter verstehen, als nur als Bezeichnung für das gleichnamige virtuelle Gemeinwesen - eher als Bild für die virtuelle Wirklichkeiten im Netz insgesamt.

Platz acht hält der "Bundestrojaner" - eine weitere interessante Wortschöpfung, für mich hätte dieses Wort sogar Rang eins verdient. Die Ermittler nennen ihre Schnüffelsoftware übrigens "Remote Forensic Software" (RFS). Wenn "Bundestrojaner" da kein Gewinn ist. Und im Gegensatz zum wertneutralen Begriff "Online-Durchsuchung", den die Bundesregierung bevorzugt, hat "Bundestrojaner" eine eindeutig negative Konnotation, schließlich bezeichnet Trojaner den Krempel, den Virenschutzprogramme für gewöhnlich von der Festplatte halten. Und wir denken ans "Trojanische Pferd". Ein klassisches Beispiel dafür, wie man mit einem Begriff die öffentliche Meinung steuern kann - was der "Herdprämie" nicht ganz so erfolgreich gelang.

Seien, Chronistenpflicht, noch Platz neun und zehn nachgetragen: "spritdurstig" für Autos mit hohem Verbrauch und "Alles wird Knut".

Na ja.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.