Teilchenbeschleuniger in Betrieb: Größte Maschine der Welt startet

Am Kernforschungszentrum CERN in Genf beginnt eine neue Ära der Grundlagenforschung: Der größte Teilchenbeschleuniger der Welt ging am Mittwochvormittag in Betrieb.

Von dem Teilchencrash bei fast Lichtgeschwindigkeit erhoffen sich die Forscher das Entstehen neuer Teilchen. Bild: screenschot cern rap

Nun geht's los: 100 Meter unter der Erde der Stadt Genf jagten Wissenschaftler aus 80 Ländern am Mittwoch ihren ersten Teilchenstrahl durch den neuen Beschleuniger des Kernforschungszentrums CERN. Um genau 10.28 Uhr schalteten sie den Strahl an. Wie es heißt, "erfolgreich".

Im Vakuum des 27 Kilometer langen kreisförmigen Tunnels wurden Protonen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, um an vier Stellen aufeinanderzuprallen. Dazu muss man wissen, dass die Strahlen dünner als ein Haar sind.

Später wird man das auch mit ionisierten Bleiatomen machen. Dabei werden so hohe Temperaturen erreicht, wie sie in der ersten Billionstelsekunde nach dem Urknall geherrscht haben. Bei diesen Kollisionen entstehen neue exotische Elementarteilchen, die die Physiker näher untersuchen wollen.

"Large Hadron Collider" (LHC) nennt sich das Riesengerät, das subatomare Teilchen kollidieren lässt. Der LHC befindet sich auf schweizerischem und französischem Gebiet und ist der leistungsfähigste Teilchenbeschleuniger der Welt. Die Baukosten des neuen Beschleunigers beliefen sich für das CERN auf 3 Milliarden Euro; ein Mehrfaches kommt zusammen, wenn man den Aufwand der beteiligten Institute noch hinzurechnet.

Von dem Teilchencrash bei fast Lichtgeschwindigkeit erhoffen sich die Forscher das Entstehen neuer Teilchen. So wollen die Wissenschaftler einen Zustand wie im Frühstadium des Universums nachbilden. Die Forscher beschreiben ihre Arbeit gern mit der Suche nach der "Antwort auf die faustsche Frage, was die Welt zusammenhält". Ganz konkret geht es dabei auch um die Frage, was die Masse eines Teilchens ausmacht.

Für die Experimente wird eine elektrische Leistung von 120 Megawatt benötigt - der LHC verbraucht damit etwa so viel Strom wie alle Haushalte in Genf zusammen. Ein Großteil der Energie wird benötigt, um die supraleitenden Magnetsysteme auf minus 271,4 Grad herunterzukühlen. Das ist noch ein Grad kälter als im Weltraum.

Man hofft, bei diesem gigantischen Experiment vor allem das sogenannte Higgs-Boson nachweisen zu können. Das ist ein subatomares Teilchen, das letzte Elementarteilchen des Standardmodells der Theoretiker, das bislang noch nicht gesichtet werden konnte.

Doch das Experiment ist wissenschaftlich nicht unumstritten. Der LHC wird zum ersten Mal in der Geschichte der Forschung möglicherweise winzige Schwarze Löcher erzeugen. Schwarze Löcher sind astronomische Objekte, deren Massenanziehung so stark ist, dass sie sogar Licht einfangen.

Die Mehrheit der Forscher geht nun zwar davon aus, dass die möglicherweise im LHC auftretenden Schwarzen Löcher schnell wieder verpuffen, falls sie entstehen sollten, doch einige wenige Physiker fürchten, dass ein Schwarzes Loch entstehen könnte, das langsam wächst und immer mehr Materie verschluckt.

Das CERN hält den LHC allerdings für absolut sicher: "Jede Annahme, er könnte ein Risiko bergen, ist reine Fiktion", sagt Michelangelo Luigi Mangano, einer der leitenden Wissenschaftler.

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