Steinbrück und Koch als Duo Infernale: Antipathen, die sich lieben

Seit Jahren geben Finanzminister Steinbrück und Hessens Ministerpräsident Koch das Duo Infernale. Nun bekam Steinbrück einen Preis, Koch durfte loben.

"Noch ein Lob von Herrn Koch, und ich bin politisch tot", frotzelte Steinbrück (li.).

Die Feier muss früher beginnen als ursprünglich geplant, denn die beiden wichtigsten Gäste sind in Eile. Der Bundestag hat gerade das viel kritisierte Konjunkturpaket der Regierung beschlossen, am nächsten Tag droht in der Länderkammer die Ablehnung. Genau die Lage also, in der sich zwei Männer am wohlsten fühlen: Roland Koch (CDU), 50, Ministerpräsident Hessens, und Peer Steinbrück (SPD), 61, Finanzminister des Bundes. Sie müssen gleich wieder in die Verhandlungen, Deutschland retten. Das gefällt ihnen, deshalb sind sie an diesem Abend ziemlich aufgekratzt.

Es ist eine kuriose Veranstaltung, die nun schon zum sechsten Mal in Berlin stattfindet. Die Zeitschrift politik & kommunikation, das Fachblatt für Deutschlands Pressesprecher, zeichnet an diesem Donnerstagabend den "Politiker des Jahres" aus. Die Jury leitet der Medienberater Klaus-Peter Schmidt-Deguelle, der einst aus dem drögen Hessen Hans Eichel den eisernen Spar-Hans machte - und sich mit den Beraterhonoraren, die er dafür kassierte, prompt die Kritik des Bundesrechnungshofs einfing. Den Preis vermacht er jetzt dem Eichel-Nachfolger Steinbrück, die Laudatio darf Koch halten.

Die beiden gelten als Duo Infernale der deutschen Politik, seit sie vor gut fünf Jahren gemeinsame Vorschläge für den Subventionsabbau machten. Damals war Steinbrück noch Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Zuletzt provozierten sie das jeweils eigene Lager, als sie in einem gemeinsamen Artikel für die Süddeutsche Zeitung gegen die Rückkehr zur alten Pendlerpauschale zu Felde zogen. In der Union wütete vor allem die bayerische CSU, die gerade ihren Wahlkampf mit der Pauschale bestritt, gegen den Überläufer ins feindliche Lager. Auch Steinbrück machte sich in der eigenen Partei keine Freunde, schließlich versuchten sich die hessischen Genossen gerade an Kochs Ablösung.

Man hatte nicht den Eindruck, tdass sich Koch und Steinbrück über die Kritik ärgerten. Im Gegenteil. Beide genießen die Konfrontation, und beide gelten nicht gerade als Sympathen. So ist die Zustimmung zu Kochs Person selbst durch das SPD-Debakel kaum gestiegen. Nur 41 Prozent der Hessen wünschen ihn nach einer neuen Umfrage als Ministerpräsidenten. Auch Steinbrücks Popularität bleibt trotz seines Krisenmanagements weit hinter der Zustimmung zu Außenminister oder Bundeskanzlerin zurück. Jeder dritte Wähler weiß nicht einmal, welcher Partei er angehört.

Und doch können beide von der kuriosen Ménage à deux profitieren. Koch kann sich als Stütze der Berliner Koalition inszenieren - und damit für die Zeit nach der Bundestagswahl seine Chancen auf ein Ministeramt im Bund verbessern. Auch Steinbrück will das Bündnis mit der Union fortsetzen und sich damit unentbehrlich machen. Gemeinsam ist beiden auch, dass sie schon fast am Ende ihrer Karriere standen. Steinbrück wurde im Mai 2005 als Ministerpräsident abgewählt, Koch im Januar 2008 beinahe. Und doch gibt es einen bedeutenden Unterschied: Koch ist bei der eigenen Parteibasis beliebt, Steinbrück nicht.

Die Frotzeleien der beiden an diesem Abend im Berliner Zirkuszelt, gleich neben dem Kanzleramt, sind deshalb mehr als nur Koketterie. "Ich hoffe, dass ich Ihnen nicht über Gebühr schade", sagt Koch. "Noch ein Lob von Herrn Koch, und ich bin politisch tot", entgegnet Steinbrück. Von einem möglichen Schaden für den Hessen ist nicht die Rede.

Lieber zieht der Finanzminister über die eigenen Genossen her. Er kritisiert den "Chaotisierungswettbewerb" um Konjunkturprogramme und moniert, "ungefähr tausend Politiker" hätten seinen Preis auch gern gehabt - "insbesondere Karl Lauterbach", der SPD-Politiker, der zum Ärger des Ministers Konsumgutscheine gegen die Krise forderte. Und schließlich persifliert er den Eklat, den Marcel Reich-Ranicki jüngst bei einer Preisverleihung auslöste. "Ich nehme diesen Preis nicht an", sagt Steinbrück. "Es ist schlimm, dass es das hier gibt." Er meint es leider nicht ernst.

Am nächsten Morgen melden die Nachrichtenagenturen, dass die Länder das Konjunkturpaket doch akzeptieren. Die Kanzlerin habe die Ministerpräsidenten überzeugt, heißt es. Deutschland ist gerettet. Koch und Steinbrück werden es sich wieder auf die Fahne schreiben.

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