Noch mehr Online-Durchsuchung: Auch Verfassungsschutz will schnüffeln

Kaum rückt die Onlinedurchsuchung für das BKA in greifbare Nähe, schon meldet auch das Bundesamt für Verfassungsschutz Interesse am heimlichen Computer-Ausspähen an.

Spionieren per Kabel? Will der Verfassungsschutz auch dürfen. Bild: ap

BERLIN taz Kurz bevor das BKA-Gesetz verabschiedet wird, fordert jetzt auch der Verfassungsschutz das Recht zur Online-Durchsuchung. "Auch wir brauchen die Befugnis zum Zugriff auf informationstechnische Systeme", sagte am Montag Heinz Fromm, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz. Er sprach bei einem Symposium zur Terrorismusbekämpfung in Berlin.

Einzelne Online-Durchsuchungen hat der Bundesverfassungschutz früher schon durchgeführt, unter anderem gegen den Islamisten Reda S. Grundlage war eine geheime Verwaltungsvorschrift, die der damalige Innenminister Otto Schily (SPD) 2005 unterzeichnet hatte. Sein Nachfolger Wolfgang Schäuble stoppte die Praxis jedoch im Frühjahr 2007, nachdem der Bundesgerichtshof eine gesetzliche Grundlage für den heimlichen Polizei-Zugriff auf Computer forderte.

Schäuble hat natürlich nichts gegen Online-Durchsuchungen. Er will aber eine ordentliche gesetzliche Grundlage im Verfassungschutzgesetz. Diese hat er zuletzt allerdings nicht mehr offensiv gefordert, vermutlich weil er erst einmal die Online-Durchsuchung beim Bundeskriminalamt durchbringen will. Auch Verfassungsschützer Fromm druckste am Montag lange herum, bis er das Wort "Online-Durchsuchung" doch noch in den Mund nahm.

Probleme könnte es allerdings mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Februar geben. Karlsruhe hatte Online-Durchsuchungen nur für zulässig erklärt, wenn es konkrete Anzeichen für Anschlagsvorbereitungen gibt. Weithin war deshalb angenommen worden, dass der Gesetzgeber nur der Polizei den heimlichen Zugriff auf Computer einräumen darf, schließlich wird der Verfassungsschutz ja eher weit im Vorfeld konkreter Anschläge tätig.

Das aber muss nicht so sein, erläuterte Fromm auf Nachfrage der taz: "Wenn wir von einem anderen Nachrichtendienst eine Information über terroristische Gefahren bekommen, die wir nicht an die Polizei weitergeben dürfen, dann müssen wir dem Hinweis selbst nachgehen. Das Recht zur Online-Durchsuchung würde unsere Möglichkeiten dabei deutlich verbessern." Ähnlich argumentiert übrigens auch Bayern, wo das Landesamt für Verfassungsschutz schon seit diesem Sommer heimlich Computer ausspähen darf.

Außerdem forderte Fromm jetzt eine Stärkung des Bundesamts für Verfassungsschutz gegenüber den sechzehn Landesämtern. Im Bereich des islamistischen Terrorismus sollten künftig alle Erkenntnisse zentral vom Bundesamt ausgewertet werden, "damit nichts verloren geht und nichts zurückgehalten wird", so Fromm. Zudem will Fromm alle nachrichtendienstlichen Operationen in diesem Bereich zentral in seiner Behörde steuern. Das Bundesamt habe zwar schon eine Zentralstellen-Funktion, doch müsse diese "optimiert" werden.

Die in Berlin zahlreich anwesenden Chefs der Landesämter reagierten auf diesen Vorschlag kühl. "Darüber reden wir hinter verschlossenen Türen", sagte etwa Alexander Eisvogel vom Verfassungsschutz in Hessen. Vorstöße wie der von Fromm sind heikel, seit Otto Schily 2004 vorschlug, die Landesämter zu bloßen Außenstellen des Bundesamts zu machen. Damals wurde aber immerhin in einer Verwaltungsvorschrift festgeschrieben, dass das Bundesamt in Terror-Fragen stets die Federführung hat.

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