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Nahost-KonfliktIsrael beschießt UNO-Zentrale

Bei Angriffen der israelischen Armee ist sowohl das UN-Hauptquartier als auch ein von Medien genutztes Hochhaus getroffen worden. Die Bemühungen um eine Waffenruhe gingen unterdessen weiter.

Hunderte Tonnen Hilfsgüter seien durch den Angriff auf das Hauptquartier des UN-Flüchtlingshilfswerks für die Palästinenser zerstört worden. Bild: reuters

GAZA/TEL AVIV dpa Während der Vermittlungsmission des UN- Generalsekretärs Ban Ki Moon hat das israelische Militär das UN- Hauptquartier in der Stadt Gaza beschossen. UN-Mitarbeiter in Gaza, die telefonisch erreicht werden konnten, sagten am Donnerstag, ihr Gebäude sei während der heftigen Kämpfe in der Stadt getroffen worden. Die UN-Hilfsorganisationen stellten vorerst alle Tätigkeiten im Gazastreifen ein. Mitarbeiter berichteten von Flammen im Umfeld des Gebäudes, die sich diesem nähern würden. Der große Komplex, in dem die in Gaza tätigen UN-Hilfsorganisationen ihre Büros haben, beherbergt auch ein riesiges Treibstofflager für die UN-Fahrzeuge.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier forderte erneut eine sofortige Waffenruhe. "Wir brauchen eine humanitäre Waffenruhe, die uns Gelegenheit gibt, die Bevölkerung zu versorgen und gleichzeitig die politischen Gespräche fortzuführen", sagte er am Rande von Gesprächen mit der israelischen Führung in Tel Aviv. Ban sagte, alle Bestandteile für eine Waffenruhe seien vorhanden und diese werde "in absehbarer Zeit" erwartet. Steinmeier wollte im Laufe des Tages im Westjordanland unter anderem mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprechen und dann nach Kairo weiterreisen.

Israelische Bodentruppen waren zuvor am 20. Tag der Offensive im Gazastreifen massiv in Richtung des Zentrums der Stadt Gaza vorgerückt. Eine israelische Granate schlug auch in einem Hochhaus ein, in dem mehrere Medienunternehmen, darunter der Fernsehsender Al- Arabija, ihre Büros haben. Laut dieser Quelle wurden zwei Mitarbeiter des emiratischen Fernsehsenders Abu Dhabi TV verletzt. Ebenfalls getroffen wurde das Al-Kuds-Krankenhaus im Stadtteil Tell al-Hawa. Dabei sei es schwer beschädigt worden, berichtete ein UN-Mitarbeiter.

Der Sprecher des UN-Hilfswerks UNRWA, Adnan Abu Hasna, stellte im israelischen Radio nachdrücklich fest, dass zum Zeitpunkt des Beschusses im Umfeld des UN-Hauptquartiers keine militanten Aktivitäten zu beobachten gewesen seien. Ban sagte: "Ich habe dem Verteidigungsminister (Ehud Barak) und der Außenministerin (Zipi Livni) meinen scharfen Protest und meine Empörung deutlich gemacht." Barak habe ihm gegenüber unterstrichen, dass es sich bei dem Beschuss um einen "schweren Fehler" gehandelt habe.

Das israelische Vorrücken in Richtung Stadtzentrum hatte in der Bevölkerung Panik ausgelöst. Panzer standen nach Augenzeugenberichten nur noch eineinhalb Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Im ganzen südlichen Stadtgebiet brannten demnach zahllose Wohnungen und Autos. Die Bevölkerung in den Hochhäusern im Stadtteil Tell al-Hawa zeigte sich voller Angst und Verzweiflung. Menschen riefen von Balkonen um internationale Hilfe. Ambulanzen und Sanitäter konnten das Gebiet wegen der schweren Kämpfe nicht mehr erreichen. Militante Palästinenser und Soldaten lieferten sich am Donnerstagmorgen schwere Gefechte. Während die Panzer weiter vorrückten, feuerten militante Palästinenser mindestens 16 Raketen auf Israel ab.

Israel hat in den vergangenen Tagen die Luft- und Bodenangriffe verstärkt, um die radikalislamische Hamas zur Annahme einer Waffenruhe zu zwingen. Das Hamas-Politbüromitglied im Exil, Mohammed Nassal, sagte am Donnerstag dem Nachrichtensender Al-Arabija, seine Organisation werde keinesfalls auf die israelische Forderung nach einer zeitlich unbegrenzten Waffenruhe eingehen.

Das israelische Militär rief unterdessen ein Spezialteam für den Wiederaufbau im Gazastreifen nach einer eventuellen Waffenruhe ins Leben. Der Kommandeur der Süd-Streitkräfte, General Joav Galant, habe einen entsprechenden Befehl erteilt, teilte das Militär am Donnerstag mit. Die Gruppe werde "humanitäre und Infrastruktur-Bemühungen unterstützen, die der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen dabei helfen, ihre Infrastruktur wieder aufzubauen, um ein normales Leben führen zu können", hieß es in der Mitteilung.

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10 Kommentare

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  • W
    wanja

    @llgemein: Ich finde zwar, dass der erste Kommentar von "Emil" recht polemisch ist, aber was andere da nun alles hineinlesen, bzw. darauf projezieren, halte ich für ziemlich daneben, z.B. ihm einfach zu unterstellen, dass er das "leider" nicht wirklich ernst meint, vielleicht sogar ironisch oder zynisch. Das ist emotional angesichts der Lage verständlich, aber ansonsten schlicht unfair und sogar beleidigend, finde ich.

     

    speziell @ Zahra wiesmann: Danke für die Aufklärung (die ja allen nutzt). Andererseits hat doch jeder das Recht, aufgrund von nicht ausreichend aktuell informiert zu sein, auch aktuelle Fehleinschätzungen zu einem aktuellen Ereignis abzugeben, zumal sicher nicht jeder Zeit hat, immer und überall alle aktuellen Medien aus aller Welt zu hören/lesen u.s.w. Das gestehe ich daher auch diesem Emil zu und lese sein Statement z.B. nicht so, als behaupte er, das sei schon das Letztgültige Urteil zu dieser Sache. Neue relevante Infos ergeben - natürlich - auch neue Einschätzungen. Das wird auch Emil sicher nicht bestreiten (vermute ich).

     

    p.s. Ich habe keinerlei Hoffnung, dass mit oder ohne UNO Mandat, die gegenseitigen Vorurteile und Hassgefühle in dieser Region in den nächsten 50 Jahre überwunden werden - freue mich aber natürlich, darin einst vielleicht doch widerlegt zu werden.

  • M
    marcus

    ...dieser Typ Emil wuerde gut daran tun sich mal ein wenig mit den Tatsachen der juengeren Geschichte Palaestinas zu befassen. Die israelische Regierung hat nach Tagen zugegeben dass keine Hamaskaempfer in der Naehe waren. AlDjazeera zeigt auch Bilder von erschossenen Kleinkinder, ja richtig gehoert , erschossen.An der Grenze zu Gaza stehen hunderte von Israelis und groellen bei jedem Bombeneinschlag. Damit weiss auch der verbohrteste Israelanhaenger mit wem er es zu tun hat, mit wenigen Ausnshmen. Ich habe Jahre dort verbingen muessen, ich weiss von was ich spreche.

  • F
    Felidea

    Ich verfolge seid einiger Zeit die Kommentare zum Gaza-Krieg. Und ich muss mit Schrecken erkennen, dass doch sher viele Kommentare sich ganz deutlich für die Kriegsführung Israels aussprechen. Wir, die wir so weit weg von allem sind und kaum wirklich wissen können was dort unten wirklich geschieht erlauben uns darüber urteilen zu können.

    Was mich aber am meisten erschreckt ist folgendes: Es gab eine Zeit, da sagte man, so etwas wie damals kann es nie wieder geben. Und nun sehe ich, wie schnell ein Volk zum Sündenbock deklariert werden kann. Man läßt sich durch die Medien beeinflussen und beginnt ein Urteil über ein GANZES Volk zu sprechen. Ausdrücke wie: die haben doch slebst Schuld. Die haben angefangen. Nun müssen sie eben ernten, was sie gesaet haben.

     

    An alle Kommentatoren: Wenn die Amerikaner und Russen damals ebenso verfahren wären, und es hat eine ganze Menge Nazis gegeben, dann würde es heute keinen mehr von uns geben.

     

    Eines zeigt die ganze Sache auf jeden Fall. Ein Völkermord in aller Öffentlichkeit kann auch heute noch erfolgen. Ein wenig Probaganda und schon empfindet man es als gerecht.

     

    Das die meisten Menschen nicht freiwillig im Gazastreifen leben, und unter ihnen viele Kinder sind, die von Natur aus immer unschuldig sind, interessiert niemandem mehr (:'(

     

    Ich freue mich, dass ich an dieser Stelle auch kritische Kommentare lesen konnte.

  • T
    Tilki

    Der Sieger schreibt Geschichte; seit tausenden von Jahren und wird noch weitere Tausend Jahre so sein.

    Alles andere ist Gewissensberuhigung und pille palle.

  • ZW
    zahra wiesmann

    Ihren Kommentar hier eingeben

    @emit: irgendwie sind Sie nicht ganz auf dem laufenden: die israelische armee hat vor dem un-kommissar zwei tage spaeter zugegeben, dass NICHT aus der schule geschossen wurde und das dass photo, welches sie vorgelegt haben ein jahr alt ist und es befand sich auch kein einziger hamas-kaempfer in den gebaueden. Vielleicht sollten sie ein wenig hebraeisch lernen und die israelischen nachrichten genauer verfolgen, anstatt so herz- und gewissenlos die hetzpolitik der israelischen rechtsregierung -die auch bereitwillig von den westl. medien uebernommen wird- nachzuplappern, und stimmen der vernunft als heuchelei und scheinheilligkeit zu diffamieren, wie es hier in den berichten und kommentaren leider sehr oft geschieht.

  • B
    Bürger

    """aha. hab nix gegen n robustes mandat im westjordanland. Dann ballern die Blauhelme die Besatzer und die ganzen Fundi-Siedler weg und die Hamas-Fanatier gleich mit.

    Damit kann ich leben."""

     

    Ich auch. Gleichbehandlung ist das Zauberwort für den Isra-Pal-Konflikt. Nur wenn beiden Seiten gleichermassen in den Arsch getreten wird, kann es dort Frieden geben. Eine einseitige Unterstüzung Israels wird niemals Frieden bringen. Ist das so schwer zu verstehen?

  • K
    Kommentator

    @emil:

     

    Sowas ignorantes hab ich selten gelesen.

    Während UNO-Mitarbeiter dementieren, dass irgendwer von den Hamas in der Schule war biegst du dir selbt kritischere IDF-Propaganda zurecht.

     

    Das Lager hier war ein Komplex.

    Nix was man mal so zufällig trifft. Und der Zeitpunkt selbst ist auch nicht schlecht gewählt

     

    "So ist Krieg leider. Wer ihn nicht haben will, sollte ihn besser verhindern (nicht nur mit einseitigen und scheinheiligen Resolutionen)."

     

    aha. hab nix gegen n robustes mandat im westjordanland. Dann ballern die Blauhelme die Besatzer und die ganzen Fundi-Siedler weg und die Hamas-Fanatier gleich mit.

    Damit kann ich leben.

  • L
    layne

    @ emil

     

    mir erscheint eher ihr kommentar propaganda zu sein... um eine rakete abzuschießen brauche ich ein freies flugfeld... zwischen häusergassen ist das recht schwierig möglich...

     

    und es erscheint mir merkwürdig, dass jedwelche kritik an der kriegführung israels von kommentatoren als propaganda gebrandmarkt wird...

    ich beschäftige mich von berufswegen mit dem thema und es ist sehr auffällig, dass es seit den neuerlichen kriegshandlungen zu massiven medialen beeinflussungen gekommen ist... sei es nun was die berichterstattung der nachrichten angeht, oder eine anne will sendung mit interessanten gästen zu dem thema, welche einfach gecancellt wurde...

     

    kritischer journalismus ist wichtig um ein thema in seiner ganzheit erfassen zu und von mehreren seiten beleuchten zu können!

  • E
    Erebus

    @emil

     

    Richtig. Wo gehobelt wird fällt nun einmal Spähne. Die vielen toten Kinder, Frauen und anderen Zivilisten die ums Leben gekommen sind, sind zwar ein Schaden aber nur Kollateral, gel? Das bringt ein gerechter Krieg eben so mit sich.

     

    Es ist so einfach im Leben, wenn man weiß, wer der Böse ist. Damit hat der Tag Struktur. Der Westen weiß schon was gut für den REst der Welt ist. Und der Westen weiß auch ganz alleine was Gut und was Böse ist.

     

    Ich kann diese Schuldzuweisungen nicht mehr hören! Mensch, fasst euch selbst man an eurer Nase und nehmt euch die Zeit herauszufinden wieviele Menschen auf dieser Welt euretwegen bereits gestorben, gefoltert oder ausgebeutet wurden sind.

     

    Emil, wenn dein Nachbar dich beschimpft, dann meinst du ist es in Ordnung eine Bombe auf sein Haus zu werfen. Auch wenn dabei alle anderen um ihn herum ebenfalls sterben. Man hat dich eben provoziert. Da muss man doch zurück ballern. Bete darum, dass du nicht das Pech hast einmal selbst zum Kollateralschaden deklariert zu werden!

  • E
    emil

    Nun kann sich auch die aus vielen sehr Scheinheiligen (aber auch ein paar einigermaßen Ehrlichen) bestehende Organisation mit dem Namen "UNO" bei der Hamas und ihren Unterstützern bedanken, dass in diesem von den beiden Letztgenannten provozierten Krieg auch eines ihrer Vertretungen getroffen wurde.

     

    Es grenzt allerdings schon fast an Propaganda, dies so darzustellen, als habe die israelische Armee ganz absichtlich dieses Ziel zerstören wollen. Das ist so ähnlich wie bei der neulich zerstören Schule, in der sich Hamaskämpfende verschanzt hatten. Das Feuer wurde von der israelischen Armee in die Richtung erwidert, aus der Granaten etc. kamen. Auch in diesem Fall dürfte es ähnlich sein. So ist Krieg leider. Wer ihn nicht haben will, sollte ihn besser verhindern (nicht nur mit einseitigen und scheinheiligen Resolutionen).