Kommentar Banker und die Krise: Der Wahnwitz der Millionenboni

Staatlichen Hilfsgeldern fließen als Boni an Investmentbanker und als Dividenden an Aktionäre. Um gegenzusteuern sollte der Staat schleunigst den Spitzensteuersatz anheben.

Es kann sich lohnen, ein Versager zu sein: Investmentbanker kassieren Millionenboni, obwohl sie im vergangenen Jahr Milliardenverluste erwirtschaftet haben. Häufig werden diese Boni sogar dann noch ausgeschüttet, wenn die Bank vom Staat gerettet werden musste. Die Finanzkrise ist reich an absurden Details - aber noch wahnwitziger kann es kaum noch kommen, als dass normale Steuerzahler für Millionäre sorgen sollen.

Die moralische Empörung hat inzwischen jeden erfasst, der nicht Investmentbanker ist. Selbst die große Koalition ist so geeint wie selten, wenn sie nun in den Kampf gegen die Millionenboni zieht. Dennoch ist die Gefahr groß, dass es bei reiner Symbolpolitik bleibt. Denn die Details sind wie so oft kompliziert. Das fängt schon damit an, dass nicht jeder Investmentbanker Verluste eingefahren hat. Devisengeschäfte zum Beispiel waren sehr einträglich im vergangenen Jahr. Ist also jeder Bonus individuell zu betrachten? Darüber hinaus wäre zu klären, wofür die Boni eigentlich gezahlt wurden - manche Investmentbanker, so scheints, hatten eine Art vertragliche Bleibeprämie. Sie konnten schon eine Belohnung beanspruchen, wenn sie nicht die Bank wechselten. Wie schwierig es werden kann, Boni nicht zu zahlen, zeigt die Pleitebank IKB: Der neue Bankvorstand ist gerichtlich in der ersten Instanz damit gescheitert, Erfolgsvergütungen vom einstigen Desastermanagement zurückzufordern.

Zudem kassieren ja nicht nur Investmentbanker indirekt Staatsgelder - das gleiche Problem tritt auch bei Industrieunternehmen auf, die Kurzarbeit beantragen und dennoch Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten. Für den Staat dürfte es recht mühsam werden, für immer neue Einzelfälle Gesetze zu schaffen, um Mitnahmeeffekte zu verhindern.

Daher sind flankierende Maßnahmen gefragt: Der Staat sollte sich nicht nur auf Boni und Dividenden konzentrieren - sondern ganz generell den Spitzensatz bei der Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer erhöhen. Dann wäre sichergestellt, dass sich die Profiteure zumindest teilweise an der Finanzierung der Krise beteiligen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.