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Kommentar Banker und die KriseDer Wahnwitz der Millionenboni

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Staatlichen Hilfsgeldern fließen als Boni an Investmentbanker und als Dividenden an Aktionäre. Um gegenzusteuern sollte der Staat schleunigst den Spitzensteuersatz anheben.

Bild: taz

Ulrike Herrmann ist Redakteurin für Wirtschaftspolitik der taz.

Es kann sich lohnen, ein Versager zu sein: Investmentbanker kassieren Millionenboni, obwohl sie im vergangenen Jahr Milliardenverluste erwirtschaftet haben. Häufig werden diese Boni sogar dann noch ausgeschüttet, wenn die Bank vom Staat gerettet werden musste. Die Finanzkrise ist reich an absurden Details - aber noch wahnwitziger kann es kaum noch kommen, als dass normale Steuerzahler für Millionäre sorgen sollen.

Die moralische Empörung hat inzwischen jeden erfasst, der nicht Investmentbanker ist. Selbst die große Koalition ist so geeint wie selten, wenn sie nun in den Kampf gegen die Millionenboni zieht. Dennoch ist die Gefahr groß, dass es bei reiner Symbolpolitik bleibt. Denn die Details sind wie so oft kompliziert. Das fängt schon damit an, dass nicht jeder Investmentbanker Verluste eingefahren hat. Devisengeschäfte zum Beispiel waren sehr einträglich im vergangenen Jahr. Ist also jeder Bonus individuell zu betrachten? Darüber hinaus wäre zu klären, wofür die Boni eigentlich gezahlt wurden - manche Investmentbanker, so scheints, hatten eine Art vertragliche Bleibeprämie. Sie konnten schon eine Belohnung beanspruchen, wenn sie nicht die Bank wechselten. Wie schwierig es werden kann, Boni nicht zu zahlen, zeigt die Pleitebank IKB: Der neue Bankvorstand ist gerichtlich in der ersten Instanz damit gescheitert, Erfolgsvergütungen vom einstigen Desastermanagement zurückzufordern.

Zudem kassieren ja nicht nur Investmentbanker indirekt Staatsgelder - das gleiche Problem tritt auch bei Industrieunternehmen auf, die Kurzarbeit beantragen und dennoch Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten. Für den Staat dürfte es recht mühsam werden, für immer neue Einzelfälle Gesetze zu schaffen, um Mitnahmeeffekte zu verhindern.

Daher sind flankierende Maßnahmen gefragt: Der Staat sollte sich nicht nur auf Boni und Dividenden konzentrieren - sondern ganz generell den Spitzensatz bei der Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer erhöhen. Dann wäre sichergestellt, dass sich die Profiteure zumindest teilweise an der Finanzierung der Krise beteiligen.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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2 Kommentare

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  • BW
    b. w.

    Würde es nicht mit Sicherheit eine Welle von Bestechungen und Erpressungen von Seiten so mancher Mulimillionäre und Milliardäre und ihrer bezahlten oder unbezahlten Anhänger/innen auslösen, würde ich vorschlagen:

     

    Alle Steuern abschaffen, außer:

    - Ökosteuer (zu erhöhen und auszuweiten)

    - Tobin-Steuer (international neu einzuführen)

    - Konsumsteuer (vgl. Konzepte zum Grundeinkommen)

    - Steuer auf Anteile jedes Einkommens, die 5.000 € nach bisherigen Regeln zu versteuerndes Bruttoeinkommen übersteigen, progressiv ansteigend zu versteuern bis zu einer Grenze von ca. 10.000 €, ab da zu 100%, so dass ca. 10.000 das maximale Monatseinkommen einer Person wäre (wohlgemerkt nicht nur Lohn oder Gehalt, sondern jeder Art von Einkommen).

     

    Wie sagt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UNO doch so schön:

    Von Geburt an sind alle Menschen

    (a) frei und

    (b) gleich hinsichtlich ihrer Würde und ihrer Rechte.

     

    Dass eine hart arbeitende Putzfrau oder ein hart arbeitender Müllmann nicht einmal annähernd ein Zehntel von dem erhält, was ein keinesfalls 9x härter arbeitender Manager oder Großaktionär erhält, Monate und Jahre lang, dies ist doch ein wenig inkonsistent zur Postulierung gleicher Würde, oder etwa nicht?

    (vorausgesetzt, der Manager oder Großaktionär hat nicht zufällig 10x so kostspieligere Grundbedürfnisse, Krankheiten etc. - wobei man extreme Luxus- und Prestige-Sucht oder Sozialchauvinismus natürlich auch als Krankheit betrachten kann).

     

    Global für Arbeitszeitverkürzungen, für Einhaltung von ILO Normen und gegen Lohndumping (auch im informellen Sektor und bei Scheinselbstständigkeit) zu kämpfen, ist dadurch natürlich nicht ausgeschlossen, müsste sogar dadurch ergänzt werden, um nachhaltig zu sein.

  • HC
    Henri Chevallier

    Verhielten sich die Regierenden in diesem Falle wie eine Bank, die natürlich bei derartig wackeligen Krediten Rahmen der Gehälter und Bonifikationen des Aufsichtsrates und der GF im Kreditvertrag festlegt, gäbe es keine Probleme. Die Bedingungen für Boni wären schlicht an nachhaltigen Geschäftserfolg zu koppeln. Bilanz und Bewertung, endgültige Festsetzung nach 3 Jahren (z.B) zu koppeln, und eben nicht wie bisher ...