Schuld am Einsturz des Stadtarchivs: Verstöße beim U-Bahn-Bau in Köln
Warum ist das Kölner Stadtarchiv eingestürzt? Erstmals wurde bestätigt, dass beim nahegelegenen U-Bahn-Bau gepfuscht worden war - die Stadt will das aber erst nach dem Einsturz erfahren haben.
KÖLN dpa Knapp zwei Wochen nach dem Einsturz des Stadtarchivs in Köln waren erstmals Verstöße beim nahe gelegenen U-Bahn-Bau bestätigt worden. Einige Bauunternehmen hätten sich nicht an Auflagen zum Umgang mit Grundwasser gehalten, sagte Umweltdezernentin Marlies Bredehorst.
Statt der genehmigten vier Brunnen seien in unmittelbarer Nähe des Archivs seit September vergangenen Jahres 15 Brunnen errichtet worden. Außerdem sei mehr Grundwasser abgepumpt worden als gestattet. Das gehe aus ausgewerteten Unterlagen hervor, sagte Bredehorst. Ob diese Verstöße für die Katastrophe verantwortlich sind, konnte Bredehorst am Sonntag nicht sagen.
Der von der Stadt eingerichtete "Koordinierungsstab Unglücksstelle Waidmarkt" soll sich außer um ein neues Archivgebäude auch um die "lückenlose Aufklärung der Unglücksursache" und um die Betreuung der obdachlos gewordenen Anwohner kümmern. Er ersetze den inzwischen aufgelösten Krisenstab und sei direkt Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) zugeordnet, teilte die Stadt mit.
Kurz vor dem Einsturz des Stadtarchivs am 3. März war es zu einem überraschenden Wassereinbruch gekommen. Unter den Schuttbergen fanden die Helfer erst nach Tagen zwei tote Männer. Die Leiche des 24- jährigen Studenten Khalil G. wurde am vergangenen Mittwoch neun Meter unter dem Erdniveau geborgen.
Bauunternehmen und die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) hatten Verstöße gegen Auflagen beim U-Bahn-Bau bisher bestritten. Mit der Schuldfrage sind angesichts der Dimension der Katastrophe mögliche Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe verbunden. Das Stadtarchiv gehörte zu den bedeutendsten kommunalen Archiven in Deutschland.
Die Fördermenge des Grundwassers habe teilweise über dem erlaubten Wert von 450 Kubikmeter pro Stunde gelegen, erläuterte Bredehorst. Zum Teil seien bis zu 750 Kubikmeter pro Stunde gefördert worden. Der ehemalige Kölner Baudezernent Bela Dören sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Verfahren und Techniken beim Bau der Nord-Süd-Bahn im Grundwasserbereich seien "eindeutig risikobehaftet".
Die Stadt teilte mit, sie habe von den Verstößen erst erfahren, als sie am Dienstag vor einer Woche die sogenannten Brunnentagebücher von den Bauunternehmen angefordert habe, in denen die geförderten Wassermengen protokolliert werden. "Überschreitungen der erlaubten Werte haben die Firmen in eigener Initiative der Unteren Wasserbehörde zur Prüfung vorzulegen, was jedoch nicht geschehen ist", hieß es.
Auch die Kölner Verkehrsbetriebe bestritten am Sonntag, Kenntnis über Fehler bei den Bauarbeiten vor dem Unglück gehabt zu haben. Für eine Klärung des Unfallhergangs fehlten bisher Unterlagen der ausführenden Baufirmen. Die Bauarbeitsgemeinschaft für den U-Bahn-Bau sei eine Auskunft bislang schuldig geblieben, sagte KVB-Vorstand Walter Reinarz. Zwar gebe es erste Hinweise auf die Unfallursache, jedoch wolle man "Spekulationen" nicht nachgehen.
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