Kommentar Kolumbien: Führerkult auf lateinamerikanisch

Kolumbiens Präsident klebt an der Macht - eine Gefahr für die Demokratie. Die Verlängerung der Amtszeit ist in Südamerika keine Seltenheit - vor allem bei linken Staatschefs.

Kolumbiens Präsident Uribe hat Gefallen an der Macht gefunden. Der rechte Hardliner strebt eine dritte Amtszeit an und will dafür zum zweiten Mal die Verfassung ändern lassen. Kritiker sehen darin eine Gefahr für die Demokratie - zu Recht. Das gilt jedoch nicht nur für Kolumbien.

In den modernen Verfassungen Lateinamerikas war die Wiederwahl des Präsidenten nicht vorgesehen. Nach der Ära der Militärdiktaturen, die in den Achtzigerjahren endete, wollten die gewählten Volksvertreter Autoritarismus und Vetternwirtschaft einen Riegel vorschieben. Doch die guten Vorsätze hielten nicht lange. Den Reigen der Verfassungsänderungen eröffneten der Argentinier Menem 1994 und der Brasilianer Fernando Henrique Cardoso 1997. Ein Aufschrei blieb aus - denn beide setzten zielstrebig die neoliberale Agenda um, Menem zehn, Cardoso acht Jahre lang.

In den letzten Jahren sind es vor allem linke Staatschefs, bei denen die angestrebte "Neugründung" des politischen und wirtschaftlichen Systems mit der Verlängerung ihrer Amtszeit einhergeht: Hugo Chávez in Venezuela, Evo Morales in Bolivien und Rafael Correa in Ecuador. Damit befördern sie den unseligen Caudillismo, die lateinamerikanische Variante des Führerkults. Indem sie die Reformprozesse eng mit ihrem eigenen Schicksal verknüpfen, machen sie diese verwundbar, anstatt ihre eigene Basis und damit die Partizipation von unten zu stärken.

Allerdings misst der mediale Mainstream in den USA und Europa mit zweierlei Maß: Während man die Wiederwahlbestrebungen Uribes bagatellisiert, werden die linken Präsidenten als populistisch und autoritär denunziert. Und allzu oft haftet den oberlehrerhaften Tönen in Richtung Süden etwas Pharisäerhaftes an - man denke nur an 16 Jahre Kohl, die Bush-Dynastie oder das New-Labour-Gespann Blair/Brown.

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