Vorwürfe gegen Fitness-Studio: Rassismus am Einlass

Die Fitness-Gym-Studios in NRW nehmen nicht jeden als Kunden auf. Weil es sonst zu voll wird, sagt der Inhaber. Wegen der Nationalität der Interessenten, sagen die Abgelehnten.

Im Fitness Gym darf angeblich nicht jeder schwitzen. Bild: dpa

Ein ehemaliger Mitarbeiter wirft den Fitness-Gym-Studios in NRW vor, Hobbysportler wegen ihrer Nationalität nicht als Kunden anzunehmen. Das sehen auch viele der Abgelehnten so: Das Ehepaar Pellechia aus Dortmund etwa fühlt sich von dem Fitnesstudio diskriminiert. Genauso wie der Hagener Taxifahrer Masoud Ebrahimzadeh, der unbedingt im Fitness Gym trainieren wollte. Durfte er aber nicht, auch nicht nach einem Gerichtsurteil, das die Muckibude zur Zwangsaufnahme von Ebrahimzadeh verpflichtete.

Im vergangenen Jahr erstritt Ebrahimzadeh vor dem Hagener Amtsgericht das erste zivilrechtliche Urteil auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Das Fitness-Studio hatte ihn abgelehnt, weil er ein Mann ist. Die Richterin beurteilte das als Diskriminierung. Ebrahimzadeh glaubt jedoch, dass er abgelehnt wurde, weil er kein Deutscher ist. Damit sei er kein Einzelfall, sagt der Ex-Mitarbeiter von Fitness-Gym, Martin Hartmann*: "Die wollen keine Ausländer haben und das ist Konzernpolitik."

Bereits vor einigen Jahren hat Martin Hartmann aufgehört, in einem Fitness-Gym-Studio in Nordrhein-Westfalen als Trainer zu arbeiten. "Wenn sich jemand anmelden will, zeigt ihm ein Mitarbeiter das Studio", sagt Hartmann: "Wenn der angehende Kunde kein Deutscher ist, soll der Trainer einen Vermerk auf dem Vertragsformular machen." Diese Verträge wandern dann angeblich in ein anderes Fach an der Theke und werden aussortiert. "Eine Frau mit Kopftuch wandert sofort dahin", berichtet Hartmann.

Dabei gibt es in den Fitness-Gym-Studios durchaus "nicht-deutsche" Kunden – auf den ersten Blick scheinen das jedoch meist Frauen zu sein. Das Fitness-Gym wirbt auch offiziell mit seiner hohen Frauenquote. Um diese zu erhalten, lehnten sie bereits vor zwei Jahre Masoud Ebrahimzadeh aus Hagen ab. Das war die offizielle Begründung in dem Schreiben, das Ebrahimzadeh von der Firma bekam, die laut Absender in einem kleinen Dorf in der spanischen Provinz Alicante residiert.

Der Taxifahrer gab sich mit der Begründung nicht zufrieden und ging vor Gericht. Die Richterin entschied, dass man Ebrahimzadeh nicht aufgrund seine Geschlechts abweisen dürfte und verpflichtete das Fitness Gym zur Zwangsaufnahme. Auch 50 Euro Schmerzensgeld sprach das Gericht ihm zu. Doch Ebrahimzadeh wurde noch immer nicht zum Trainieren ins Fitness-Studio seiner Wahl gelassen.

"Danach war ich im Studio, aber sie hatten immer Ausreden und haben mich bis heute dort nicht trainieren lassen", sagt Ebrahimzadeh. Mittlerweile hat er ein anderes Fitness-Studio gefunden und seinen Kampf gegen das Fitness-Gym aufgegeben. Er glaubt aber nach wie vor, dass es dem Fitness-Studio nicht um sein Geschlecht ging: "Die wollen keine Ausländer haben. Auch viele meiner Kollegen sind abgelehnt worden. Das hat mich einfach sehr geärgert."

Das Ehepaar Pellechia aus Dortmund bekam ebenfalls eine Absage vom Fitness-Gym in ihrer Stadt. Die Begründung im Brief aus Spanien war diesmal, das Studio sei bereits ausgebucht und hätte keine Kapazitäten mehr. Obwohl es noch gar nicht eröffnet hatte. Marco Pellechia ist Deutsch-Italiener, seine Frau kommt aus Brasilien. Als das Studio dann öffnete, wurden jedoch weiter neue Mitglieder aufgenommen.

Beim Vertragsabschluss wollte man den Pellechias keinen Durchschlag geben. "Ich habe mehrmals einen verlangt und sie haben argumentiert, dass sie den Durchschlag bräuchten aber keinen Kopierer hätten", erzählt Pellechia. Rechtlich sei das absolut zulässig, sagt die Juristin der Verbraucherzentrale NRW, Carolin Uhrig. "Aber das spricht nicht gerade für eine seriöse Geschäftspraktik dieses Studios." Durchschläge vom unterzeichneten Vertrag werden im Fitness Gym auch den deutschen Interessenten erst ausgehändigt, wenn der Kunde angenommen wurde.

Pellechia wundert sich aber auch, warum das Fitness Gym auch nach ihrer Ablehnung noch in lokalen Zeitungen um neue Mitglieder warb. "Das ist alles sehr dubios, auf diesem Brief aus Spanien stand ja auch keine Nummer, um sich zu beschweren", erzählt Pellechia.

Sowohl das Verweigern von Durchschlägen als auch die Ablehnungsbriefe des Fitness Gym, hält Ex-Mitarbeiter Hartmann für System: "Andere Länder, andere Gesetze. Das ist eine Briefkastenfirma und durch die Adresse in Spanien beschweren sich auch viel weniger Leute." Abgelehnt würden von Fitness Gym aber tatsächlich auch Deutsche, sagt Martin: "Wer in einem Stadtteil wohnt, der für den hohen Ausländeranteil bekannt ist, fliegt raus. Genauso wie homosexuelle Männer und Bodybuilder."

Christian Schmidt*, Inhaber der meisten Studios, zum Beispiel in Dortmund, Hagen, Bielefeld und Bochum, möchte lieber anonym bleiben. Frühere Medienberichte hätten immer zu Drohanrufen geführt. Für ihn sind die Vorwürfe gegenüber Fitness-Gym unbegründet. "Wir haben keine Aufnahmekriterien und wir weisen schon gar keine Ausländer ab. Ich bin selbst mit einer Frau verheiratet, die nicht aus Deutschland kommt." Außerdem wäre es als Geschäftsmann doch nicht sehr schlau, potenzielle Kunden abzuweisen.

Fitness Gym sei laut Schmidt jedoch "bewusst keine Kette". In jeder Stadt existiere das Studio als eingetragene GmbH. Martin Hartmann widerspricht dem. Seines Wissens nach sei Schmidt einer der ganz großen Chefs von Fitness Gym in Deutschland, das auch nicht als Franchise-System funktioniere. Trotzdem lasse sich nicht sagen, ob wirklich alle Studios mit gleichem Namen und Logo auch die gleiche rassistische oder männerfeindliche Türpolitik betreiben.

Trotzdem finden sich in der Lokalpresse und in Internetforen immer wieder Hinweise auf angebliche Diskriminierung im Fitness Gym. So berichtete die Regionalzeitung Westfälische Rundschau in Hagen über den Fall eines Pärchens. Sie war Deutsche, er Marokkaner. Er wurde abgelehnt, sie nicht.

Schmidt hat dafür schnell eine Antwort parat: "Uns wird immer sehr viel Böses nachgesagt, aber wir haben auch Deutsche abgelehnt. Das beruht auf einem Losverfahren, damit es auch gerecht zugeht." In Dortmund sei das Studio nach der Eröffnung so sehr überrannt worden, dass die Betreiber vor Ort gleich zu Beginn mit dem Losverfahren hätten auswählen müssen. Dass gleichzeitig immer noch Werbung geschaltet wurde, lasse sich jedoch mit sogenannten Anzeigenpaketen erklären. "Wir hatten schon vor der Eröffnung Anzeigenpakete in den lokalen Medien gekauft", erklärt Schmidt.

Zumindest mit einer Ausgrenzung wirbt das Fitness Gym offensiv und öffentlich: Keine Bodybuilder. "Wir sind nicht auf Bodybuilding ausgerichtet und gehen damit auch ganz offen um", so Schmidt. "Wer fragt, wo der Freihantel-Bereich ist, kommt ebenfalls in die Schublade", sagt Ex-Mitarbeiter Martin Hartmann.

Und wieso bekommt derjenige, der in der Schublade gelandet ist – Losverfahren hin oder her – seinen Brief aus dem europäischen Ausland? Schmidt möchte dazu nichts sagen. Der Sitz des Konzerns sei schließlich in Spanien. Dort könne man ja nach einer Erklärung fragen. Dumm nur, dass in den Ablehnungsbriefen nie eine Telefonnummer angegeben wird.

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