Tod im Parkhaus: Zu wenig Mordmerkmale

Im Prozess um den so genannten Parkhaus-Mord plädieren Anklage und Verteidigung auf Totschlag. Suat G. habe im "Gefühl der Verzweiflung" getötet

Tatort Parkhaus: Kein entspannter und guter Ort ein versöhnliches Beziehungsgespräch zu führen. Bild: dpa

Erstaunliche Wende um den sogenannten Parkhaus-Mord. Im Prozess gegen Suat G. plädierten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung nach Ende der Beweisaufnahme nur auf Totschlag. Sie forderten Haftstrafen von neun beziehungsweise acht Jahren. Ursprünglich war die Anklage gegen den 41-Jährigen, der am 25. März dieses Jahres seiner ehemalige Lebensgefährtin Nicole B. im Parkhaus der Fitness-Anlage "Aquafit" in Ottmarschen aufgelauert und mit 36 Messerstichen getötet hat, von kaltblütigen Mord aus "Wut, Rache und Eifersucht" ausgegangen.

Suat G. hatte gleich zu Prozessbeginn die Tat eingeräumt. Zuvor hatten Mordfahnder einige Mühe gehabt, Suat G. der Tat durch Indizien zu überführen, sie mussten ihn sogar einmal wieder auf freien Fuß setzten.

G. räumte vor dem Landgericht ein, am Tatabend auf Nicole B. im Parkhaus gewartet zu haben. Er habe sie zur Rede stellen wollen, da sie sich zuvor zum x-ten Mal von ihm getrennt hatte.

Da er ihr nachgestellt hatte, hatte B. sogar eine gerichtliche Kontaktsperre erwirkt. Der Versuch von G.s Schwester, Nicole B. zur Rücknahme der Einstweiligen Verfügung zu bewegen, sei fehlgeschlagen. Als Nicole B. im Parkhaus erschienen sei, habe sie jegliches Gespräch ablehnt, sagte G. Er solle sich "verpissen", habe sie gerufen und sei in ihren Toyota gestiegen. "Plötzlich war alles verschwommen", sagte G. "Ich habe nur noch ein böses Gesicht gesehen, aber es war nicht ihres." Er habe das Seitenfenster des Autos eingeschlagen, die Tür aufgerissen und auf B. eingestochen. Sie habe noch gerufen. "Suat, was machst du da." Die 41-Jährige verblutete auf dem Fahrersitz.

Eines der Motive des Angeklagten habe sicher in dessen "extremer Eifersucht" gelegen, sagte der Staatsanwalt in einem um eine differenzierte Wertung der Vorgänge bemühten Plädoyer. Er beschrieb den 41-Jährigen als aggressiven, aufbrausenden Menschen, der während der dreijährigen Beziehung teils auch versucht habe, das Leben seiner Ex-Freundin zu kontrollieren. Auch sei die Tat seiner Meinung nach eventuell nicht frei von einer gewissen "Vergeltungstendenz", so der Ankläger. Solche niederen Mordmotive seien in der Summe aber anscheinend nicht ausschlaggebend, betonte er unter Berufung auf die Ergebnisse der psychiatrischen Untersuchung des Angeklagten.

Laut dem Gutachten habe Suat G. große ungelöste psychische Probleme gehabt und sei "emotional zutiefst" von Nicole B. abhängig gewesen. Das Paar habe eine sehr "ambivalente Beziehung" mit vielen Phasen der Trennung und Versöhnung gehabt. Am Ende der Beweisaufnahme müsse es für plausibel gehalten werden, dass Suat G. nicht aus Mordabsichten im Parkhaus wartete, sondern tatsächlich nur das Gespräch gesucht habe, sagte der Staatsanwalt.

Die Angst vor der endgültigen Trennung habe entscheidend mit dazu geführt, dass G. im Zustand stark verminderter Schuldfähigkeit ungeplant aus einem "Gefühl der Verzweiflung und Ausweglosigkeit" getötet habe, womit eine Mordanklage hinfällig werde. Das Urteil wird für Freitag erwartet.

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