piwik no script img

Rot-Rot in Brandenburg und BerlinWir halten, was wir versprechen (I.)

Wie geht es weiter mit Rot-Rot? In Berlin greift die Linke den schwächelnden Sozis bei sozialen Themen unter die Arme.

SED-Logo reloaded Bild: Archiv [M]

Die Linke setzt sich im Berliner Senat inzwischen häufiger gegen die SPD durch. Für den Linken-Landesvorsitzenden Klaus Lederer ist das einer der Grüne, warum seine Partei gerade so gut abschneidet. Auf dem Landesparteitag am Samstag in Lichtenberg nannte er eine Reihe von Erfolgen der Koalition und fügte hinzu: "Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich daran erinnere, dass viele dieser Forderungen von uns bereits in den Koalitionsverhandlungen 2006 aufgerufen wurden, aber damals nicht durchgesetzt werden konnten." Inzwischen aber habe sich das geändert.

"Versprochen und nicht gebrochen, das ist doch auch unser Erfolg", sagte Lederer. Dies sei "einer der Gründe dafür, warum wir augenblicklich so schlecht nicht dastehen". Als Beispiele nannte er die Sicherung des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors, die stärkere Unterstützung für die Freie Kulturszene, die individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte, die Öffnung von Tempelhof und die Debatte um die Verlängerung der A 100.

Mehr Zusammenarbeit

"Gemeinsam sind wir stark" lautet der Gedanke eines Antrags auf dem Berliner Linke-Parteitag, in dem eine Vertiefung der Zusammenarbeit der beiden rot-rot geführten Länder gefordert wird.

Die wichtigsten Konflikte aber sind ausgeklammert. In der Europapolitik stehen beide Länder zwar hinter der Oderpartnerschaft mit Polen. Während Berlin die Zusammenarbeit mit Stettin, Posen und Breslau ausbauen will, ist Brandenburg vor allem an der Kooperation mit der benachbarten Woiwodschaft Lubuskie gelegen.

Und das Thema Energiepolitik? Der Streit um die Braunkohle wird nicht einmal erwähnt. (wera)

Bei der Bundestagswahl hatte die Linke in Berlin einen knappen Vorsprung vor der SPD und war damit die zweitstärkste Kraft nach der CDU. In den nächsten Jahren will die Linke unter anderem damit punkten, dass sie sich für mehr staatlichen Einfluss auf strategisch wichtige Wirtschaftszweige einsetzt. Wirtschaftssenator Harald Wolf sagte, die Privatisierung der Wasserbetriebe sei ein "abschreckendes Beispiel". Es könne nicht sein, dass die Berliner über die gestiegenen Wasserpreise dafür zahlen, "dass in den Konzernzentralen von Veolia und RWE Champagner geschlürft werden kann". Die Konzerne hatten vor zehn Jahren knapp die Hälfte der Anteile an den Wasserbetrieben übernommen. Obwohl das Land also noch die Mehrheit hat, sei sein Einfluss wegen nachteiliger Klauseln in den Verträgen aber begrenzt, sagte Wolf.

Auch bei der Gasag denkt Wolf an einen Rückkauf: Man müsste ein Interesse daran haben, dass das Gasnetz in Berlin nicht irgendwann an eine Heuschrecke verkauft wird "und dann nicht mehr in das Netz investiert wird". Mit einem landeseigenen Energieversorger könne das Land Ökoenergien fördern - gern auch gemeinsam mit Brandenburg. Auch über den Kauf der S-Bahn, die seit Monaten nicht mehr ihren Fahrplan einhält und von einer Krise in die nächste fährt, sollte man diskutieren, so Wolf.

Die Delegierten stimmten diesem Kurs zu. Auch bei strittigen Punkten hatte der Vorstand stets eine große Mehrheit hinter sich. So scheiterte etwa der Antrag aus dem Bezirksverband Neukölln, der sich gegen die Diätenerhöhung für die Abgeordneten um etwa zehn Prozent aussprach. Landesgeschäftsführer Carsten Schatz hielt dagegen: Es sei ein grundlegendes Recht von Abgeordneten, eine Entschädigung zu erhalten, die ihre Unabhängigkeit sichere. Dies sei historisch von der Arbeiterklasse erkämpft worden gegen den Widerstand jener, die es sich leisten konnten, unbezahlt im Parlament zu sitzen. Die Delegierten lehnten den Antrag dann auch mit großer Mehrheit ab.

Sorgen macht die Linke sich allerdings um den Koalitionspartner. "Uns kann nicht daran gelegen sein, dass die SPD in solch einer Verfassung ist", sagte der Fraktionsvorsitzende Udo Wolf. Die rot-rote Koalition habe in den Umfragen derzeit keine eigene Mehrheit. Um die SPD zu stabilisieren, will Wolf ein wichtiges Projekt gemeinsam mit den Sozialdemokraten vorantreiben: "Ich schlage vor, die Wohnungspolitik zu diesem Thema zu machen."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • H
    hainer

    Interessant das die LINKE, die es in ihrer SPD-Koalition solange zuließ die Aufwertung und massenhafte Verdrängung (MediaSpree, Anschutz-Halle, Investorenlockangebote) aus den Berliner Bezirken mit anzufachen, nun nach der Reaktion der Menschen und der linken Szene(n) (autobrandstiftungen, attacken auf Lofts) die Wohnungspolitik für sich entdeckt.

    Das es mittlerweile in dieser "Demokratie" zu so Ausgleisungen wie massenhaften brandstiftungen und Widerstand in kiezen kommen muss, das auf der Frankfurter Allee mehr [aggressive!] PolizistInnen sind als PassantInnen, das man das Wort mit "G" solange liest bis es jedem/r wehtut bevor iwelche Themen ernst genommen werden verwundert den kritischen Menschen wohl kaum, aber das auch eine "linke" solange blind und taub schien und sich nun ihrem "klientel" nicht mehr verdrüssen kann ist auch bezeichnend. Und solange keine massiven Schritte unternommen werden, die so prekäre Lage nicht nur in den Szenebezirken rückgängig zu machen (Streichung der weiteren MediaSpree-Projekte, Sicherung der [staatlichen] Jugendeinrichtungen und Freiräume, Respektierung der Stadtteilinteressen) solange hinkt die LINKE immer nur einer autonomen oder außerparlamentarischen Linken hinterher, die es trotz der massiven Kontroversen die Handlungen aus ihr verursachen, schafft, Impulse in die Viertel zu setzen. Manchmal vielleicht gar nicht so schlecht..

  • RW
    ralf wünsche

    die sog." linke " zeigt doch in berlin ihr wahres gesicht.

    vordergründig " sozial " hintergründig wird in berlin sozialabbau betrieben , zugunsten des klientels in ehemaligen west ,- und ostberlin - einem überdimonisieren öffentlichen dienst.

     

    für die vermeintl. schwachen , ausgegrenzten in berlin bleibt dann nicht mehr viel übrig - ausser almosen !

  • C
    Christian

    Die Linke zeigt in Berlin in bärenstarker Verfassung ! Ein deutliches Zeichen dafür, dass sie nicht nur regierungsfähig ist, sondern sogar in elemanteren Situationen einen kühlen Kopf bewahren kann.

     

    2013 - rot rot grün ! mit Wowi als Kanzler, Gysi als Wirtschaftsminister, Trittin als Umweltminister und mit unserem Land geht es endlich wieder bergauf !

  • PS
    Peter Schneider

    Geehrte taz-Redaktion,

    Ich hoffe dieser Kommentar kommt nicht in euren Zensurschredder.

    Ich finde den Umgang der taz mit Rot-Rot (bzw rot-rot-grün) mehr als taktlos. Als ich das Bild zu diesem Artikel gesehen habe, ist mir fast das Essen wieder hochgekommen. So einen ungerechten Umgang erwarte ich aus dem Hause Springer, aber nicht von der taz.

    Die CDU hat sich doch nach dem 2. Weltkrieg auch aus ehemaligen NSDAP-Mitgliedern, DNVP-Mitgliedern(rechtsextreme) und ehemaligen Mitgliedern des Zentrums (stimmten dem Ermächtigungsgesetz zu) gebildet, und dennoch macht ihr auch kein Hakenkreuz neben Berichten über die CDU hin.

    Eigentlich ist es doch in der Vergangenheit immer das schwarz-gelbe Lager gewesen, das bei jeder möglichen Zusammenarbeit von SPD, Linken und Grünen gleich das Schreckgespenst Sozialismus an die Wand gemalt hat, warum schließt die taz sich da so nahtlos an?

    Statt diesen Kommentar einfach nur "abzudrucken", wäre mal ne Klarstellung von Seiten der taz-Redaktion angemessen.