Google durchsucht Nutzerarchiv: Mail-Werbung wird unheimlicher

Schon jetzt lesen die Algorithmen des Konzerns Google jede neue Webmail-Nachricht, um passende Werbung einzublenden. Nun nutzt Google auch Teile des Archivs.

Konzern liest mit: Google schnüffelt automatisiert in den Mails seiner Nutzer. Bild: dpa

Die Überschrift klingt Google-typisch harmlos: "Bessere Anzeigen bei Google Mail" lautet sie übersetzt. In dem Blog-Posting erläutert ein Mitarbeiter des Internet-Konzerns, dass künftig nicht nur die jeweils angezeigte Nachricht bei dem kostenlosen Webmail-Dienst automatisch durchsucht wird, um passende Reklame einzublenden, sondern auch alle anderen aktuell im Postkasten sichtbaren. "Auf diese Art wollen wir relevantere Werbung darstellen", lautet die Begründung. Wer beispielsweise aktuell eine Nachricht mit einem Geburtstagsgruß liest, zu dem Google gerade keine passende Reklame findet, könnte dann Werbung für Hotels in einer Stadt angezeigt bekommen, von der eine frühere E-Mail handelte.

Dass Google bei seinem Webmail-Dienst alle Nachrichten durchforstet, um relevante Reklame anzuzeigen, ist an sich nichts Neues. Das tut der Konzern schon seit dem Start von Google Mail - mit der Begründung, das Gratis-Angebot ja irgendwie finanzieren zu müssen. So lange sehen auch Datenschützer die Werbeform kritisch: Es sei unklar, was Google wie lange vorhalte. Mit Beginn der Durchsuchung von Teilen des persönlichen Mail-Archivs dürfte Nutzern, die auf ihre Privatsphäre bedacht sind, noch etwas mulmiger werden.

Google betont, dass nach wie vor "kein Mensch bei der Auswahl der Reklame involviert" sei; die Funktion arbeite ähnlich automatisiert "wie ein Spam-Filter oder eine Rechtschreibprüfung". Persönliche Informationen oder Mails würden nicht mit Werbetreibenden geteilt. Mit Behörden allerdings schon: So gab es im vergangenen Jahr vor einem US-Gericht ein Verfahren gegen einen Banker, dessen eigentlich bereits gelöschte Google Mail-Botschaften, die der Internet-Konzern auf Anordnung per CD bereitstellte, beinahe zum Beweismittel geworden wären.

Alternativen zu Google Mail gibt es reichlich. So ist der Internet-Konzern längst nicht mehr der einzige Anbieter, der Speicherplatz im Gigabyte-Bereich verschenkt - so kann man auch bei Yahoo Mail inzwischen nahezu unbeschränkt und kostenlos seine Botschaften abladen. In Sachen Bedienkomfort gilt das Produkt des Internet-Riesen Experten allerdings nach wie vor als alternativlos: Es gibt zahllose Zusatzfunktionen, eine leicht zu bedienende Tastatursteuerung und ein gut funktionierendes Archiv, das Googles bekannt starke Suchtechnik nutzt. Dafür zahlt der Google-Nutzer allerdings - wie immer - indirekt mit seinen Daten.

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