Gegen Pressekodex: Schleichwerbung in Uni-Magazinen

Zwei Gratismagazine, die an Hochschulen ausliegen, kennzeichnen Anzeigen nicht sauber. Ihre Narrenfreiheit zeigt einen Mangel in der Presseselbstkontrolle.

"Das hat sich bei uns irgendwie eingebürgert": Unicum-Redakteur Uwe Heinrich zur unklaren Kennzeichnungspraxis von Werbung in seiner Zeitschrift. Bild: promo

Es ist nur ein Beispiel von vielen in den letzten Jahren: Unicum Beruf, eine Gratiszeitschrift, die alle zwei Monate an Hochschulen ausliegt, bildete im letzten Sommer vier junge Erwachsene in Blusen und Blazern auf ihrem Titelblatt ab. Darunter stand: "Branche mit Zukunft. Vier Berufseinsteiger sprechen über ihren Werdegang in der Kernenergie" . In einem doppelseitigen Interview in der Zeitschrift redeten die sogenannten "Young Professionals" über die Vorzüge ihrer Berufe bei den vier großen Atomstromkonzernen, inklusive Infokasten zur "Karriere in der Kerntechnik". Unter der letzten Antwort stand klein: "Das Interview entstand in Kooperation mit dem Deutschen Atomforum e.V."

Es ist ein undiskutierter Missstand in den Fluren deutscher Hochschulen. Die dort seit Jahrzehnten ausliegenden Gratis-Zeitschriften Unicum und Audimax nehmen es mit der "Trennung von Werbung und Redaktion", wie sie der Pressekodex des Deutschen Presserats verordnet, oft nicht so genau.

Auch in Audimax erschien etwa zeitgleich ein Interview mit zwei Beschäftigten eines Atomstromkonzerns, wobei der Konzern als verantwortlich für "Fragen und Foto" angegeben war. In der Redaktion heißt es dazu auf Anfrage, das sei ein Druckfehler.

Solche Vermischungen dem Presserat zu melden bringt aber nur die Antwort, er sei in diesem Fall nicht zuständig. Beschwerdeausschuss-Referent Arno Weyand bestätigt: "Da klafft zweifelsohne eine Lücke bei der Selbstkontrolle der Presse. Bei Anzeigenblättern und Gratismagazinen ist sie äußerst eingeschränkt." Bei ihnen werde akzeptiert, dass sie "anderen Anzeigenformaten zugänglich" seien.

Es sei zwar auch bei diesen Publikationen relevant, wenn "grobe Verstöße gegen presseethische Grundsätze" vorliegen, etwa Persönlichkeitsverletzungen. Doch "Trennung von Werbung und Redaktion" sei die einzige Ziffer des Pressekodex, die bei der Prüfung von Gratismagazinen durch den Presserat nicht zur Anwendung kommt. Auch haben Verlage von Gratismagazinen keine Verpflichtung zum Abdruck von Rügen des Presserats unterzeichnet.

Die angesprochenen Uni-Magazine sind jedoch ein Sonderfall, denn sie definieren sich selbst sehr wohl als journalistische Produkte. Sie sind keine klassischen Anzeigenblätter oder Periodika von Unternehmensverbänden, aber da sie gratis vertrieben werden, profitieren sie von einer Grauzone.

Ihren journalistischen Anspruch bezeugen Unicum und Audimax ganz klar. So sagt Uwe Heinrich von der Unicum-Redaktion: "Wir kennzeichnen Inhalte, die abseits der journalistischen Recherche erstellt wurden." Bei Unicum gebe es dafür vor allem die Kategorien "Special" und "Unternehmens-Special". Darunter fielen artikelähnlich aufgemachte Produkt- beziehungsweise Unternehmensvorstellungen. Laut Heinrich erhält das Magazin dafür "Druckkostenzuschüsse". Auf die Frage, warum solche Beiträge nicht mit "Anzeige" überschrieben werden, antwortet Heinrich: "Das hat sich bei uns irgendwie eingebürgert, das ist schon seit Jahren tradiert." Zu anderen ungekennzeichneten Werbebeiträgen wollten sich jedoch weder Heinrich, noch der Gesamtverkaufsleiter von Unicum äußern.

Beim Konkurrenten Audimax erklärt ein Mitarbeiter der Redaktion, der namentlich nicht genannt werden will: "Ein Advertorial ist, ganz normal, die redaktionelle Umsetzung einer Anzeige." Eine "Promotion" sei das Gleiche, nur kleinformatig. Diese Formate seien, im Gegensatz zu denen namens "Extra", bezahlt. "Wir wollen das trennen, deshalb schreiben wird das darüber", sagt das Redaktionsmitglied. Und warum nicht schlicht "Anzeige"? Das sei so von der Geschäftsführung vorgegeben. Die allerdings will sich wiederum nicht äußern.

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