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Portrait Andreas VoßkuhleJüngstes Gesicht des Rechtsstaats

Die Entscheidung zur Vorratdatenspeicherung markierte auch den Abschied von Hans-Jürgen Papier. Der Neue, Andreas Voßkuhle, ist so jung wie kein anderer Präsident vor ihm.

Andreas Voßkuhle eröffnet am 17.09.2008 eine mündliche Verhandlung. Bild: dpa

Der 46-jährige Andreas Voßkuhle wird am Freitag im Wahlausschuss des Bundestags zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts gewählt. Das vielleicht mächtigste Staatsorgan Deutschlands bekommt damit ein neues Gesicht. Voßkuhle ist der jüngste Präsident des Verfassungsgerichts, den es je gab.

Nach innen ist der Präsident nicht mächtiger als die anderen Richter. An seinem Zweiten Senat hat er nur eine von acht Richterstimmen. Zur Aufgabe des Präsidenten gehört aber vor allem die Repräsentation nach außen, und da wird Voßkuhle die öffentliche Präsenz des Verfassungsgerichts wohl weiter intensivieren.

Voßkuhle ist fernsehgerechter als sein Vorgänger, der liebenswürdige, aber etwas umständliche Hans-Jürgen Papier. Der neue Präsident beantwortet jede Frage druckreif und schnörkellos. Als Mittvierziger hat er zwar nicht die Ausstrahlung eines weisen Lordrichters, aber seine unprätentiöse Souveränität dürfte das Vertrauen in das Gericht auch unterstützen.

Der gebürtige Detmolder war ursprünglich Rechtsprofessor. Er ist mit einer Richterin verheiratet und hat keine Kinder. Seit 1999 lehrte er Verwaltungsrecht an der Universität Freiburg. Vor zwei Jahren wurde er dort Rektor und übernahm das Amt mit viel Elan. Doch schon nach zwei Wochen bekam er einen Anruf von Justizministerin Brigitte Zypries: Ob er nicht auf Vorschlag der SPD Verfassungsrichter werden wolle? Nach kurzer Bedenkzeit sagte der parteilose Jurist zu. Die Freiburger Uni musste sich einen neuen Rektor suchen. Seitdem war Voßkuhle Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Dass er alsbald zum Präsidenten aufrücken würde, war abzusehen. Eine zehnjährige Amtszeit liegt nun vor ihm.

Sein Meisterstück als Vorsitzender des Zweiten Senats war wohl das Urteil zum Lissabon-Vertrag, den das Gericht mit allerlei europaskeptischen Untertönen billigte. Als guter Moderator führte er die linken und rechten Richter zu einem einstimmigen Urteil zusammen. Voßkuhle gilt als guter Teamplayer und muss dies wohl auch sein, wenn er als besonders junger Präsident im Verfassungsgericht etwas bewirken will.

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2 Kommentare

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  • P
    Pulitzer

    Ein schwarzer Tag für Deutschland. Denn bekanntlich kommt Vosskuhle von der Uni Freiburg. Und das ist eine Kriminellen-Hochburg erster Güte. Ich sag nur Mertelsmann, Friedl und Doping, um nur mal die bundesweit bekannt gewordenen Fälle zu nennen. Hauptsache, die Pharmazie zahlt immer schön, die Patienten landen auf dem Müll. Dafür sorgt dann schon immer die Justizbehörden von Freiburg bis Karlsruhe. Und mit Vosskuhle am höchsten dt. Gericht wurde sichergestellt, dass das auch so bleibt. Aktuell ist ein Strafantrag einer geschädigten Patientin gegen Vosskuhle wg. Rechtsbeugung bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe anhängig. Die mit Sicherheit vom Tisch gewischt werden wird.

     

    Anno 2007 zählte Barroso zu den Ehrengästen der Uni Freiburg anlässlich der 500-Jahres-Feier. Kein Wunder also, dass Vosskuhle 2008 ans BVerfG berufen wurde. Schliesslich konnten SPD und CDU sicher sein, dass Vosskuhle den Vertrag von Lissabon durchwinkt.

  • D
    don

    Ich hoffe nur, dass er Papierst Linie treu bleibt, sonst sehe ich schwarz (wie die CDU) für Deutschlands Zukunft.