Aufruhr in der Landwirtschaft: Neue Proteste gegen Gentechnik

Aktivisten blockieren Acker des deutschen Konzerns KWS Saat AG bei Northeim. Denn der sät gentechnisch manipulierte Zuckerrüben auf dem Nachbarfeld.

Die KWS Saat AG sät Gen-Zuckerrüben, doch Öko-Landbaustudenten protestieren. Bild: dpa

BERLIN taz | Gentechnikgegner haben am Freitag die diesjährige Feldbesetzungs-Saison eröffnet. Etwa 20 Öko-Landbaustudenten schafften in den frühen Morgenstunden schwere Betonfässer auf ein rund 50 Hektar großes Versuchsfeld der KWS Saat AG nahe der niedersächsischen Stadt Northeim. "Der Konzern säte dann aber auf dem 6.000 Quadratmeter großen Teilstück neben uns gentechnisch manipulierte Zuckerrüben", sagte ein Sprecher der Gruppe, Phillip Brändle, der taz. Eine Sitzblockade einer Saatmaschine hätten sie nach der dritten Aufforderung durch die Polizei beendet.

Die Aktion ist der Auftakt für eine ganze Reihe von Protestaktionen gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft. Der nächste prominente Anlass dürfte am Montag sein: Ab dann darf der Chemiekonzern BASF in Mecklenburg-Vorpommern seine Genkartoffel Amflora anbauen. "Das wird ein heißes Jahr, besonders weil die EU ja Amflora gerade zugelassen hat. Der Widerstand wird stärker", meint Brändle. Wenn die Pflanzen etwas größer sind, erwarten Kenner der Szene auch wieder Zerstörungen von Gentech-Feldern. Wegen solcher Aktionen haben manche Wissenschaftler nach eigenen Angaben auf Freilandversuche verzichtet.

Die Besetzung nahe Northeim richtete sich gegen die Zuckerrübe H7-1. Die niedersächsische KWS hat Rüben mit Hilfe der Gentechnik so verändern lassen, dass sie - im Gegensatz zu fast allen anderen Pflanzen - den Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat überleben. Anders als in den USA darf die H7-1 in der EU bisher nicht zu wirtschaftlichen Zwecken angebaut werden. "In den Versuchen wollen wir sehen, wie sich die Rüben im Freiland unter europäischen Bedingungen entwickeln", sagte KWS-Sprecherin Sabine Michalek der taz. H7-1 sei ökologisch und ökonomisch sinnvoll, weil die Bauern mit ihr nur wenige Male Glyphosat spritzen müssten. Das spare Chemie und Treibstoff für Traktoren und damit Treibhausgase.

Die Aktivisten bezweifeln das. "Nur im ersten Jahr muss weniger gespritzt werden, dann aber mehr", argumentiert Sprecher Brändle. Weil Gentech-Bauern immer das gleiche Spritzmittel benützten, würden Unkräuter schneller widerstandsfähig gegen die Chemikalie. Diese Unkräuter müssten dann mit anderen Mitteln bekämpft werden. Laut KWS lässt sich das Problem in den Griff kriegen, indem die Frucht auf den Feldern häufig gewechselt wird.

Die Studenten an der Witzenhausener Bio-Landwirtschaftsfakultät der Universität Kassel fürchten zudem, dass Genpflanzen sich mit Ökoware vermischen. Dann dürfte die Ware nach geltendem Recht nicht als "Bio" verkauft werden. KWS hält das bei der Zuckerrübe für kein Problem, weil diese im ersten Jahr geerntet werde und erst im zweiten Jahr blühen könne - doch von dieser Regel gibt es den Studenten zufolge in der Praxis viele Ausnahmen.

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