Anbaustopp für Amflora gefordert: Genkartoffel nicht ausreichend geprüft
Greenpeace wirft der EU-Kommission und dem Chemiekonzern BASF Schlamperei bei der Zulassung der genmanipulierten Stärkekartoffel Amflora vor.
BERLIN taz | Bei der Zulassung der gentechnisch veränderten Kartoffelsorte Amflora wurden mögliche Gefahren für Mensch und Umwelt Rechtsexperten zufolge nicht ausreichend untersucht. Das geht aus einem Gutachten hervor, das im Auftrag von Greenpeace Deutschland erstellt wurde. Die Umweltschützer fordern nun von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU), den kommerziellen Anbau zu verbieten und die EU-Kommission zu verklagen.
"Die Zulassung der Genkartoffel war rechtswidrig", sagt Barbara Kamradt, Gentechnik-Expertin bei Greenpeace. Die Richtlinien der EU zum Anbau von Genpflanzen schreiben vor, dass sämtliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Umwelt vorher geprüft werden müssen. Daran hat sich die EU-Kommission dem jetzt vorliegenden Rechtsgutachten zufolge nicht gehalten. Im Fall der vom Chemiekonzern BASF hergestellten Amflora-Kartoffel wurden zwar Feldstudien und Fütterungsversuche an Ratten durchgeführt, ein Einfluss auf Wildtiere wie Rehe oder Hasen dagegen wurde nicht untersucht. Wie BASF im Zulassungsantrag sogar selbst ausführte, fressen diese Tiere jedoch immer wieder Pflanzen und Knollen von Kartoffeläckern.
Auch Ulrike Höfken von den Grünen fordert die Bundesregierung auf, den Anbau in Deutschland zu stoppen; am Donnerstag brachte ihre Fraktion einen entsprechenden Antrag im Bundestag ein. Medizinische und ökologische Bedenken seien bei der Zulassung der Genkartoffel zu Gunsten wirtschaftlicher Interessen weggewischt worden, kritisiert Höfken: "Das Ganze ist ein einziger Kniefall vor BASF."
Die Genehmigung des kommerziellen Amflora-Anbaus wird mittlerweile europaweit kritisiert. Bereits kurz nach der Zulassung Anfang März bemängelte die französische Regierung, dass die Auswirkungen auf die Umwelt bei dem Verfahren nicht in Betracht gezogen wurden. In Österreich beschloss das Parlament diese Woche einstimmig, dass der Gesundheitsminister den Anbau stoppen soll.
Ungeachtet der heftigen Kritik will BASF noch in diesem oder dem kommenden Jahr den EU-weiten Anbau zweier weiterer genmanipulierter Kartoffelsorten genehmigen lassen. Bei einer davon soll es sich um eine Weiterentwicklung der für die industrielle Stärkegewinnung gedachten Amflora handeln. Die andere Sorte soll Fortuna heißen und für den menschlichen Verzehr bestimmt sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“