Geplante Steuersenkungen: Zahlenmagierin FDP

Die Freidemokraten beharren trotz der Steuerschätzung auf hohen Entlastungen ab 2012. Generalsekretär Lindner hält das für möglich – falls nur der politische Wille da sei.

FDP-Generalsekretär verkauft auch umstrittene Steuersenkungen als folgerichtig und sinnvoll. Parteichef Westerwelle steht hinter ihm. Bild: dpa

BERLIN taz | Christian Lindner ist ein exzellenter Generalsekretär. Dieser muss die Politik seiner Partei stets als folgerichtig und sinnvoll verkaufen, egal wie widersprüchlich sie sein mag. Wie gut der 31-Jährige dies kann, bewies er erneut, als er Stellung nahm zur Steuerschätzung für die öffentlichen Haushalte. Fein lächelnd, trat Lindner vor die Kameras und verkündete: "Es zeigt sich: Der Staat wird deutlich mehr Einnahmen haben als heute. Sie steigen nur nicht so schnell" wie erhofft. Wirtschafts- und Griechenland-Krise, sollte das heißen, können den Steuersenkungsplänen der FDP nichts anhaben.

Diese überraschende Schlussfolgerung aus dem Ergebnis der Steuerschätzung illustrierte der FDP-Generalsekretär mit einer einfachen Balkengrafik. Sie sollte zeigen: Im Jahr 2013 werden die Einnahmen der öffentlichen Haushalte "um fast ein Viertel" höher sein als 2005. Und es sei doch viel klüger, ein wirtschaftlich normal verlaufenes Jahr wie 2005 zum Vergleich heranzuziehen als das Boomjahr 2008, argumentierte Lindner. 2013 und 2014 seien sogar "neue Rekordeinnahmen" zu erwarten. Seit dem Zweiten Weltkrieg habe es noch nie solch hohe Steuereinnahmen gegeben.

Lindners Botschaft war eindeutig: Die FDP lässt sich nicht davon schrecken, dass Bund, Länder und Gemeinden bis 2013 insgesamt fast 39 Milliarden Euro weniger einnehmen werden als noch vor einem Jahr erwartet. Und das, obwohl bereits in die damalige Steuerschätzung Befürchtungen einflossen, die Wirtschafts- und Finanzkrise werde zu massiven Steuerausfällen führen. Unerwähnt ließ der Generalsekretär ebenso, dass die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse dazu zwingt, bis 2016 pro Jahr rund 10 Milliarden Euro zusätzlich einzusparen. Nur so lässt sich nach heutigem Stand die Vorgabe erfüllen, die Neuverschuldung auf höchstens 0,35 Prozent des Bundeshaushalts zu drücken.

Mit Blick auf den immensen Sparzwang kritisierten SPD und Grüne die Haltung der FDP. Nicht nur die Schuldenbremse, sondern auch die bis 2013 um mehr als 20 Milliarden Euro sinkenden Steuereinnahmen verschärften die Lage der öffentlichen Haushalte. "Mit den vorliegenden Daten wird klar, dass Bund, Länder und Kommunen vor historisch hohen strukturellen Defiziten stehen, deren Abbau außerordentliche Reformanstrengungen erfordert", erklärten die Haushaltsexperten von SPD- und Grünen-Fraktion, Carsten Schneider und Alexander Bonde. "Die FDP muss ihre Steuersenkungsversprechen endlich kassieren."

Doch Lindner und die FDP bleiben dabei: Entgegen allen Sparzwängen wollen sie zum Jahr 2012 Steuern im Umfang von 16 Milliarden Euro senken. Das sei weiterhin möglich, so Lindner, "wenn der politische Wille zu Steuersenkungen da ist".

Ebendieser Wille allerdings schwindet. Als Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Ergebnisse der Steuerschätzung verkündete, wies er darauf hin: CDU, CSU und FDP hätten zwar gemeinsam Steuersenkungen vereinbart. Aber von einem Koalitionsvertrag lasse sich mit Einverständnis aller Vertragspartner abrücken. Damit erneuerte Schäuble indirekt seine Aufforderung an FDP und CSU, von ihren Steuersenkungsplänen abzulassen. Dazu sagte Lindner nichts mehr. Er zog sich zurück in die FDP-Zentrale. Und lächelte.

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