Referendum im Kirgisien: Kirgisen billigen Verfassung

Die Wähler votieren für die Beschneidung der Machtbefugnisse des Präsidenten, sagt die Übergangsregierung. Auch im Süden geben viele Usbeken ihre Stimme ab.

Der Tag der Abstimmung blieb ruhig: Mann in Osch gibt seinen Stimme ab. Bild: ap

BISCHKEK taz | Kirgisien hat am Sonntag eine neue Verfassung angenommen, auf deren Grundlage das zentralasiatische Land eine parlamentarische Staatsform erhalten soll. Dies teilte am Sonntag die Übergangspräsidentschaft nach einem Referendum mit. "Das Ergebnis des Referendums wird zeigen, dass das Land und Volk vereint sind", hatte die geschäftsführende Präsidentin Rosa Otunbajewa bei der Stimmabgabe in Osch gesagt. Sie war aus Bischkek in den Süden des Landes gefahren, der vor zwei Wochen von heftigen ethnischen Unruhen zwischen Kirgisien und Usbeken erschüttert worden war. Dabei kamen bis zu 2.000 Menschen ums Leben, ganze usbekische Stadtviertel wurden verwüstet, und Hunderttausende flüchteten zweitweise in das benachbarte Usbekistan.

Der Abstimmungstag blieb in Kirgisien ruhig, gegen 15 Uhr meldete die zentrale Wahlkommission in Bischkek bereits eine Wahlbeteiligung von über 40 Prozent. Auch in den zwei südlichen Provinzen Osch und Dschalalabad nahmen viele Usbeken an der Abstimmung teil. "Wir brauchen ein Mindestmaß an Staatlichkeit, sonst versinkt alles im Chaos", sagte ein Usbeke aus Dschalalabad der taz. Aufrufe zum Boykott der Abstimmung hatte es von usbekischer Seite nicht gegeben. Für die Gültigkeit des Volksentscheids bedarf es keiner Mindestwahlbeteiligung. Dennoch wurde auch Kritik an dem Referendum laut. "Ich habe gegen die Verfassung gestimmt", sagt Alexander Schiplitzin. Der 24-Jährige hält das parlamentarische System in Kirgisien für gefährlich. Ohne einen starken Präsidenten werde das Land zwischen Partikularinteressen zerrieben, glaubt er.

Unterstützt wird er von dem kirgisischen Politiker Felix Kulow, der seinen Anhängern zwar empfohlen hatte, aus Stabilitätsgründen für die Verfassung zu stimmen, diese danach aber wieder ändern will. Für die provisorische Regierung ist das Referendum ein Allheilmittel zur Lösung der Staatskrise. Sie verspricht sich davon eine rechtliche Grundlage, um die im April nach dem Sturz des kirgisischen Präsidenten Kurmanbek Bakijews gewonnene Macht zu legitimieren.

Vize-Regierungschef Omurbek Tekebajew, der maßgeblich an der neuen Verfassung mitgearbeitet hat, ist von der Demokratiefähigkeit Kirgisiens überzeugt. "Es ist eine Herabwürdigung, dem Land keine parlamentarische Demokratie zuzutrauen", sagte er.

Tekebajew werden Ambitionen als Parlamentsvorsitzender in der zu wählenden Kammer nachgesagt. Die Parlamentswahlen sind für den 10. Oktober angesetzt. Während des Wahlkampfes will Tekebajew die Regierungsämter niederlegen.

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