Kommentar Haftentlassung Kachelmann: Keine Vorentscheidung

Für Kachelmann ist seine Haftentlassung natürlich eine gute Nachricht. Ein Freispruch zeichnet sich aber noch längst nicht ab.

Jörg Kachelmann ist frei. Der Wettermoderator, dem die Vergewaltigung einer ehemaligen Geliebten vorgeworfen wird, muss aus der Untersuchungshaft entlassen werden, denn das Oberlandesgericht Karlsruhe hat den dringenden Tatverdacht verneint.

Für Kachelmann ist das natürlich eine gute Nachricht. Als Schweizer, also Ausländer, ohne festen Wohnsitz in Deutschland, wurde bei ihm - wie bei anderen Ausländern auch - fast automatisch Fluchtgefahr angenommen. Ohne dringenden Tatverdacht kann er den Prozess, der am 6. September beginnt, nun in Freiheit abwarten.

Für die Frau, die ihn angezeigt hat, ist das OLG-Votum ein neuer Nackenschlag. Ihre Aussage wird nicht als genügend glaubwürdig angesehen, um den dringenden Tatverdacht aufrechtzuerhalten. Das OLG hält eine Falschanzeige für möglich und schließt nicht einmal aus, dass sie sich ihre Verletzungen selbst beigebracht hat. Wenn sie wirklich von Kachelmann vergewaltigt wurde, dann wird sie durch diese Entscheidung ein zweites Mal zum Opfer gemacht. Allerdings kann kein Außenstehender wirklich beurteilen, ob die OLG-Entscheidung richtig war. Nur die Richter kennen alle Akten, Aussagen, Gutachten und Gegengutachten. Die Öffentlichkeit kennt nur Schnipsel, die vom Verteidiger und von der Staatsanwaltschaft gezielt lanciert wurden. Der Fall steht auf der Kippe. Das Landgericht Mannheim hat Anfang Juli - bei gleicher Sachlage - noch "dringenden Tatverdacht" angenommen.

Ein Freispruch für Kachelmann zeichnet sich jedenfalls noch nicht ab. Die Anklage bleibt ja bestehen, der Prozess wird stattfinden. Entscheiden wird zunächst das Landgericht Mannheim, das bisher eher der Frau glaubte. Und sollte Kachelmann nach einer Verurteilung Revision einlegen, wäre auch nicht das jetzt aktive OLG Karlsruhe zuständig, sondern der Bundesgerichtshof. Die U-Haft-Entscheidung ist also nur ein punktueller Erfolg für Kachelmann, keine Vorentscheidung.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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