ZDF-Doku zur Treuhandanstalt: Unter Pleitegeiern

Die ZDF-Doku "Beutezug Ost" (Dienstag, 21 Uhr) bilanziert die Arbeit der Treuhandanstalt, die das Vermögen der DDR versilbern sollte – aber nur Schulden hinterließ.

Anstehen für die Insolvenz: Geschäftsleute in der Treuhand-Zentrale in Berlin 1993. Bild: dpa

Die Liquidatoren kamen aus dem Westen - und wussten, was sie taten. Am Ende der Treuhandanstalt 1994 waren vom ganzen volkseigenen Vermögen der DDR 250 Milliarden deutsche Schuldenmark übrig, von denen heute noch zwei Drittel im "Erblastentilgungsfonds" auf ihr Verschwinden warten.

Respekt, diese Doku aus der "Frontal 21"-Redaktion lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, da kann Theo Waigel als damals zuständiger Wirtschaftsminister der Kohl-Regierung noch so oft sagen, die DDR hätte ohnehin "vor der Insolvenz" gestanden. Zumal man Anfang der 90er diesen Zustand noch weniger euphemistisch schlicht als Pleite bezeichnet hätte.

Dass Vieles mehr als marode war, daraus machen auch die "Beutezug Ost"-Autoren Herbert Klar und Ulrich Stoll keinen Hehl. Aber sie zeigen daneben schlaglichtartig auf, wer sich bis heute was in die Tasche lügt - und vor allem, wer von der Privatisierung der volkseigenen Betriebe und Kombinate nachhaltig profitierte.

"Der ganze Salat ist rund 600 Milliarden Mark wert", hatte der erste Treuhand-Chef Detlef Rohwedder bei Arbeitsbeginn der Treuhand 1990 optimistisch nach vorn geschaut. 1991 wurde er ermordet, wirklich aufgeklärt ist die Tat bis heute nicht. Unter seiner Nachfolgerin Birgit Breuel wurde bei der Treuhand das Tempo nochmal angezogen - nach bis heute höchst umstrittenem Konzept: Denn die Treuhand legte bei der Bewertung des "ganzen Salats" immer den so genannten Ertragswert zu Grunde - letztlich also die voraussichtlichen Überschüsse des Unternehmens.

Der Substanzwert, wie zum Beispiel die Immobilien und Maschinen, zählten nicht. Gerade nach der raschen Währungsunion zum Kurs 1:1 war den DDR-Betrieben aber der Umsatz quasi über Nacht flöten gegangen: Selbst der Industrielobbyist Ludolf von Wartenberg vom BDI nennt das im Film beim Namen und spricht von einer "400-prozentigen Aufwertung" der plötzlich mit der DM-West gleichgesetzten DDR-Währung, die "nicht nachvollziehbar" sei.

Denn so brachen sogar die wettbewerbsfähigen Branchen ein, Folgen, so die Doku-Autoren, die man hätte absehen können. Doch unter dem Kanzler der Einheit waren zwar blühende Landschaften versprochen worden, aber die DDR galt ihm und seiner Regierung von vornherein als Pleitestaat. "Man war nicht daran interessiert, dass es in der Ex-DDR auch noch einen Autohersteller dient", bilanziert der Grüne Bürgerrechtler Werner Schulz. Und was die Arbeit der Teuhand angeht: Birgit Breuel, die 1994 den Laden wieder zumachte und "Auftrag ausgeführt" nach Bonn und Berlin meldete, zeigte den ZDF-Rechercheuren die kalte Schulter.

Die Doku bezieht engagiert Stellung, wobei natürlich auch die zu Wort kommen, die sagen, es sei nicht anders gegangen. Fakten werden grafisch gekonnt in schönster DDR-Optik runtergebrochen. Wie sehr "Beutezug Ost" damit den Nerv trifft, beweist die freundliche Aufnahme der Sendung in der FAZ: "Das ZDF weiß, was in Ostdeutschland schief gegangen ist", greint das wirtschaftfreundliche Blatt unter der Überschrift "Ihr seid alle ausgebeutet!". Das ist natürlich Quatsch - bzw. ein großes Kompliment.

"Beutezug Ost", Dienstag, 21.00 Uhr, ZDF

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