Neues Programm "Messages": Facebook wagt die Über-Email

Mark Zuckerberg ist die gute, alte elektronische Post zu langsam. Deshalb führt der Facebook-Chef beim weltgrößten sozialen Netzwerk eine Turbo-Variante ein.

Klare Botschaft: Mark Zuckerberg präsentiert "Messages". Bild: reuters

Facebook-Chef Mark Zuckerberg kommt einem vor, als habe er es eilig. Mittlerweile vergeht kaum eine Woche, in der das weltgrößte soziale Netzwerk keine Neuigkeit ankündigt. Am Montagabend handelte es sich um etwas, das dem 26-jährigen Firmenchef augenscheinlich besonders am Herzen liegt: die Zukunft der elektronischen Kommunikation, die er eindeutig bei Facebook sieht.

Zuckerberg eröffnete die Presseveranstaltung in San Francisco damit, all die Nachteile aufzuzeigen, die die gute alte E-Mail habe. Da müsse man sich einen Betreff ausdenken, eine Anrede hinschreiben und auch noch abschließend grüßen: "All dies zusätzliche Zeug." Das sei geradezu eine kognitive Belastung. Besser sollen "moderne" Dienste sein, etwa die SMS, weil sie all diesen "Overhead" nicht bräuchten. Auch die Facebook-Nachricht und der Facebook-Chat seien den Nutzern angenehmer. "Email ist zu langsam", lautet Zuckerbergs finales Urteil.

Problem erkannt, Problem gebannt: Facebooks Ingenieure haben eine Lösung parat. Sie hört auf den Namen Messages (Botschaften) und soll künftig SMS, Chat und E-Mail in einem Dienst zusammenführen - direkt unter der Facebook-Oberfläche (der SMS-Dienst wird zunächst nur in den USA zur Verfügung stehen). Ein Google-Mail-Killer, wie in so manchem Vorabbericht spekuliert wurde, ist "Messages" nicht. Da das Programm auch Facebook-Botschaften, Chats und SMS integriert, muss niemand die Email-Funktion nutzen.

Neben der Bündelung von Mail-, Chat und SMS-Funktionen ist neu, dass Facebook bald so genannte @facebook.com-E-Mail-Adressen verteilen wird, über die man direkt Botschaften in den "Messages"-Postkasten schicken kann. Diese @facebook.com-Adresse kann, muss aber nicht genutzt werden.

Für den neuen Dienst hat Facebook kaum Kosten und Mühen gescheut. Das Entwicklerteam habe aus 15 Ingenieuren bestanden und sei damit das bislang größte in der Firmengeschichte gewesen, das man je für ein neues Produkt abgestellt habe, sagte der zuständige Manager Andrew Bosworth. Ein Rechenzentrum, das Facebook gerade in North Carolina, USA, für 450 Millionen Dollar baut, dürfte auch der Unterstützung von "Messages" dienen.

Der Dienst selbst ist schnell erklärt. Er reiht alle Kommunikationsvorgänge, die man mit einer Person hatte, in einer Zeitlinie auf. Viele Extras drumherum gibt es nicht. Sortiert wird nicht nach Themen, sondern nach Wichtigkeit. Dabei bedient sich Facebook der Freundesliste aus dem Netzwerk. Schickt jemand, den man nicht kennt, eine Nachricht, dann landet sie zunächst im "Andere"-Postkasten. Im Hauptpostfach sind dagegen nur Freunde und solche Nutzer versammelt, die man zuvor als wichtig gekennzeichnet hat. Eine ähnliche Neuerung hat Google jüngst mit seinem "sortierten Posteingang" präsentiert.

Auf den ersten Blick übersichtlich ist das alles nicht. Wie auch, Facebook übt ja noch. So bekommen anfangs nur wenige Nutzer einen Zugriff auf "Messages", alle anderen müssen darauf warten, dass sie eine der Einladungen ergattern, die nach und nach verteilt werden sollen. Man tue dies, um zu lernen und "Messages" am Nutzer auszurichten, sagten Bosworth und Zuckerberg. Es werde mehrere Monate dauern, bis der neue Dienst bei allen Nutzern von Facebook ankomme. "Wir wollen Euer Feedback."

Facebook wäre nicht Facebook, wenn ein neues Angebot nicht gleich Datenschutzbedenken hervorrufen würde. Zu Recht: "Messages" ist ein gefräßiges Tier. Das Nachrichtensystem sammelt die Botschaften allert Freunde auf immer und ewig. Eine Archivierungsfunktion verbannt einzelne Nachrichten nur in den Hintergrund, Löschen muss man von Hand.

In San Francisco gefragt, ob Facebook auf diese Weise auch Nachrichten von Nichtmitgliedern sammele und sie in seiner Datenbank verwerte, stotterte Zuckerberg ein wenig. Ja, man speichere, weil Leute Nachrichten an Facebook-Nutzer sendeten. "Ist das die Frage, die sie hatten?" Facebook steht im Ruf, mit Daten von Nichtmitgliedern nicht gerade vorsichtig umzugehen. Das Netzwerk füttert aus den Adressbüchern von iPhone-Nutzern seine Datenbanken, um so auch Nichtmitglieder einzuladen. Mails an die brandneuen "@facebook.com"-Adressen sind also mit Vorsicht zu genießen.

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