Maritime Tourismus-Branche: Dumpinglöhne auf dem Traumschiff

Trendurlaub Kreuzfahrt: Die maritime Tourismusbranche boomt und qualmt aus allen Schornsteinen. Doch auf vielen Kreuzfahrtschiffen werden nur Dumpinglöhne gezahlt.

Passagiere verlassen die "Carnival Splendor". Bild: dpa

Mit der "Black Watch" verließ in dieser Woche der letzte Luxusliner den Hamburger Hafen. In Kiel und Rostock war die Kreuzfahrersaison bereits im Oktober ausgelaufen. Die milliardenschwere maritime Tourismusbranche blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Schließlich boomt die Branche, auf hoher See und auch an Land. Zu den "Cruise Days" werden auch 2011 wieder Millionen Zuschauer an die Kais strömen.

Die Weltmeere befahren mittlerweile 300 Kreuzfahrtschiffe. Der Branchendienst Cruise Market Watch schätzt, dass in diesem Jahr die Branche weltweit einen Umsatz von 26,8 Milliarden Dollar einfahren wird, ein Plus von mehr als sieben Prozent. Rund 18 Millionen Menschen werden dann ihre Pauschalreise an Deck eines Traumschiffs verbracht haben.

Und die Trendkurve zeigt weiter nach oben, ist die Branche überzeugt. Auch in Deutschland. Hochseekreuzfahrten machen hierzulande erst ein Prozent des gesamten Reisemarktes aus - in den USA sind es fünf Prozent. In nur zehn Jahren hat sich die Zahl der deutschen Hochseegäste verdreifacht. Trotzdem schäumt die Branche zwischen Greifswald und München nicht über, gilt ihnen der Bundesbürger doch eher als Geizkragen.

Auf eine Schattenseite verweisen Ver.di und die Internationale Transportarbeitergewerkschaft ITF. Sie beklagen Dumpinglöhne an Bord vieler Traumschiffe. Zudem hissen die meisten Reedereien eine Billigflagge, um die Kosten für Gebühren und Personal zu drücken. Nur noch ein "deutsches" Traumschiff fährt unter Schwarz-Rot-Gold - die aus dem Fernsehen bekannte "MS Deutschland" der Reederei Deilmann.

Schatten werfen obendrein die Schornsteine auf die Luxusliner. Paradoxerweise wird es schmuddelig, wenn die Kreuzfahrtschiffe still am Kai liegen: Dann laufen ihre Aggregate auf Hochtouren, um genügend Strom für die Elektrik und die Versorgung von mehreren tausend Passagieren zu liefern. Vor allem Feinstaub und Ruß werden durch die Schornsteine in die Atemluft geblasen.

Das bedauert auch die imageanfällige Tourismusindustrie, sie sieht jedoch vor allem die Häfen im Zugzwang. Auch Umweltorganisationen fordern den schnellen Aufbau einer Landstromversorgung für Kreuzfahrer. Erste Planungen für E-Anschlüsse laufen in Politik und Wirtschaft. Doch gibt es bislang keine Normen für die Schnittstellen, und es müssten also neue, teure Kraftwerke gebaut werden.

In allen EU-Häfen gilt seit Januar die Regelung, dass ausschließlich Brennstoffe mit einem maximalen Schwefelgehalt von 0,1 Prozent verwendet werden dürfen. Viele Reedereien erfüllen diese Vorgaben schön länger freiwillig, indem sie hochwertigere und damit kostspieligere Kraftstoffe einsetzen als in der Frachtschifffahrt üblich. Aber der neue Grenzwert erlaubt immer noch das Hundertfache dessen, was im Straßenverkehr vom Gesetzgeber toleriert wird.

Und dort, wo der Kreuzfahrtboom zusammenläuft, in den Häfen, ist die Luftverschmutzung trotz sinkender Einzelwerte zu spüren. In Rostock-Warnemünde verdoppelte sich nämlich die Zahl der Anläufe in einer Dekade auf 114 Schiffe, und in Hamburg liefen 2010 erstmals über hundert Luxusliner mit 200.000 einkaufslustigen Passagieren an.

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