Regierung will Datenbank für Bio-Tricksereien: Betrug? Bitte öffentlich machen!
Eine Datenbank muss her: Das ist die Antwort der Bundesregierung auf den jüngsten Betrugsskandal um Bio-Fleisch. Unterdessen gibt es Hinweise auf noch mehr Täuschungen.
BERLIN taz | Im Kampf gegen den Betrug mit Biosiegeln will Deutschland der EU-Kommission eine europaweite Datenbank mit den Zertifikaten für Öko-Lebensmittelbetriebe vorschlagen. "Dort müssten alle Öko-Kontrollstellen sofort einen Hinweis einstellen, wenn sie Zertifikate entziehen", sagte Wolfgang Reimer, für Biolandbau zuständiger Unterabteilungsleiter im Bundesagrarministerium, am Wochenende der taz. Anders als bei den bereits existierenden Datenbanken wäre die Teilnahme für die Kontrollstellen "verpflichtend". Denn bisher speisen nicht alle Kontrolleure ihre Daten ein.
In dem System könnten zum Beispiel Supermarktketten überprüfen, ob ihr Lieferant noch als "bio" zertifiziert ist. Die privaten Kontrolleure überprüfen im Auftrag des Staates, ob sich Biobetriebe an die EU-Ökoverordnung halten.
Danach dürfen Bauern etwa keine umweltschädlichen Pestizide und Mineraldünger verwenden. Bestehen die Landwirte die Prüfung, bekommen sie ein Zertifikat. Nur damit dürfen sie ihre Ware als "bio" verkaufen. Da die Dokumente auf Papier ausgestellt werden, lassen sie sich leicht fälschen und missbrauchen.
Zuletzt benutzte der italienische Schweinemäster Paolo Zaccardi Kopien seines Zertifikats weiter, nachdem ihm die Zertifizierung entzogen worden war. So konnte er für mindestens 1 Million Euro billiges konventionelles Fleisch als teure Ökoware nach Deutschland liefern, ohne dass seine Kunden etwas bemerkten.
Unterdessen tauchten Hinweise auf, dass Schweinmäster Zaccardi noch mehr "falsches" Biofleisch verkauft hat. Die italienischen Behörden hätten dahin gehende Informationen allerdings nicht bestätigt, erklärte Reimer.
"Wir haben veranlasst, dass die Europäische Kommission in Italien interveniert", ergänzte er. Das solle den Druck auf die Behörden dort erhöhen, den Fall aufzuklären. "Wir haben ja schon lange ein Problem mit Italien", sagt der Ministerialbeamte und verwies darauf, dass mehrfach Pestizidrückstände in Ökoware aus dem Land gefunden worden seien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Resolution gegen Antisemitismus
Nicht komplex genug
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Strategien gegen Fake-News
Das Dilemma der freien Rede