Weihnachtsserie Digitale Spiele (4): Wo Klickbots Manager werden

Fußballmanager-Browsergames gibt es wie Grashalme auf dem Rasen. Mit Kickerstar.de ist nun eines der überflüssigsten Spiele der Welt hinzugekommen.

Wahre Schönheit gibt es eben nur auf dem Platz. Bild: kickerstar.de

Das Netz hat eine großzügige Auswahl an Fußballmanager-Browsergames zu bieten: Man wird stolzer Besitzer eines Vereins, baut Kioskbuden am Stadion an, kauft Spieler ein und lässt sie dann auf die Mannschaften der anderen genialen Manager los. Am Bildschirm wird man per Liveticker - oder in sehr seltenen Fällen sogar per 2D- oder 3D-Livespiel - in Kenntnis gesetzt, ob es dieses Mal zum Sieg reicht.

Man darf von sich behaupten, alle Fußballmanager-Browsergames schon durchprobiert zu haben, und immer hat etwas gefehlt: Das Livespiel per Zeilenausgabe war zu weit weg vom Fußballerlebnis, oder spielbekannte Cheater übernahmen den Game-Support und machten den Spielspaß zunichte, oder oder oder. Nie kam bislang ein Online-Manager an das Spielvergnügen teurer Offlinespiele heran, nie war die Spielwelt so verlockend, dass die Sucht einem treu bleiben wollte.

Daher schlägt die Browsergame-Industrie jetzt mit einem neuen Konzept zu, und es erwischt uns an der Stelle, wo wir es am wenigstens erwartet hätten: Das neue Werk der "Shakes & Fidget"-Macher Playa Games, kickerstar.de, ist das mit Abstand idiotischste Spiel, das mich je in seinen Bann schlagen konnte: Hier sind all die taktischen und strategischen Finessen, die man üblicherweise benötigt, ersetzt durch ein Spielprinzip auf geistigem Ausputzerniveau.

Alle 15 Minuten oder so muss man mal auf einen Button klicken. Dann kommt wieder Geld rein. Und wenn genug Geld drin ist, kann man auf einen anderen Button klicken, und dann wird das Stadion ausgebaut, der Trainer gepimpt, oder man besorgt sich ein neues, glücksbringendes Unterhemd. Der einzige Clou am Ganzen: Man ist nicht allein im Verein. Statt des Gesamtklubs kontrolliert nämlich jeder Spieler - einen Spieler.

Und die paar Klubchefs müssen also vor allem ihr Team aus echten Leuten aufbauen und zusammenhalten, müssen rüffeln, wenn einer zu wenig Vereinsabgaben zahlt, müssen umschmeicheln, wenn der Stammkeeper von einem anderen Verein gelockt wird, müssen Talente aus anderen Klubs abwerben, wenn mal wieder einer der Mitspieler aufgrund übermäßiger Spielredundanz sanft entschlafen ist. Binnen weniger Tage nach Einstieg habe ich sogar echte Vertrauensbrüche, skandalöse Zerwürfnisse und eine Abspaltung vom Verein erleben dürfen! Also, toll.

Ansonsten ist zu sagen: Das Livespiel ist jenseits von grenzdebil, sieht aber irgendwie ulkig aus, Spielplan und Ligeneinteilung lieblos hingeklatscht, die taktischen Möglichkeiten pendeln um Null. Was aber aufkommt wie nie zuvor: Mannschaftsgeist, der himmlische Kabinengeruch nach Schweiß und Bier und dem Blut der Gegner. Endlich kann ein Fußball-Managerspiel als Team erfahren werden.

Wir hoffen auf weitere Spiele in der Richtung, bei denen man dann vielleicht auch mehr gefordert wird als ein Klickbot, und bei denen man sich nicht von einer siebenjährigen Mitspielerin nach drei Tagen sagen lassen muss: Das Spiel sei zu öde. Recht hat sie ja. Daher: Nur noch das Stadion ausbauen, und nur noch in die Top 20 in Deutschland vorstoßen! Dann sag ich den Jungs, jetzt ist Schluss!

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