Empörung in der Dominikanischen Republik: Verklärung im "Mahagonihaus"
Streit im Urlaubsparadies: Ein Musuem soll an den vor 50 Jahren getöteten Diktator Rafael Trujillo erinnnern. Für frühere Opfer stellt das einen Skandal dar.
SANTO DOMINGO taz | Bisher machen die Reisebusse mit Urlaubern in der Dominikanischen Republik um San Cristóbal eher einen Bogen. Nicht mal die unter Kolonialzeiten erbaute Zentralkirche in der Kleinstadt in der näheren Umgebung der dominikanischen Hauptstadt Santo Domingo stellt eine besonders Sehenswürdigkeit dar.
Allein der Tatsache, dass der Diktator Rafael Leónides Trujillo Molina, von 1930 bis 1961 Herrscher der Inselrepublik, dort das Licht der Welt erblickte, verdankt das heute ein paar zehntausend Einwohner zählende San Cristóbal, in die historischen Annalen Eingang gefunden zu haben. In seinem dortigen "Mahagonihaus" pflegte er junge Bauernmädchen, aber auch die Gattinnen seiner Mitarbeiter zum diskreten Liebes-Tete-à-Tete zu empfangen.
Genau in den Ruinen dieser "Casa de Caoba" soll nach dem Willen Leivin Guerreros bald das Trujillo-Museum Geld in den Stadtsäckel spülen. Der Abgeordnete von San Cristóbal möchte dieses bis auf die Grundmauern geplünderte Gebäude dem Leben des Mannes widmen, der zu Lebzeiten als "Wohltäter des Vaterlandes" gehuldigt werden musste. "Das könnte für unseren Ort eine Attraktion werden", glaubt der sozialdemokratische Parlamentsabgeordnete, schließlich habe auch Hitlers Residenz auf dem Obersalzberg den Tourismus rund um Berchtesgaden belebt.
Für Ripley Lamarche ist der Vorschlag ein Skandal. Der juristische Berater des Senats hat in der Trujillo-Ära in den berüchtigten Geheimdienstgefängnissen gesessen und ist dort schwer gefoltert worden. Es gehe Guerrero nicht um historisch Aufarbeitung oder Erinnerung, sondern um die Verklärung des Trujillo-Diktatur. Auch andere ehemalige Widerständler vermuten andere Ziele als die Belebung des Tourismus.
Denn inzwischen ist bekannt geworden, dass ein Enkel des Diktators plant, den Leichnam des im Mai 1961 erschossenen Potentaten wieder in "dominikanischer Erde" zu bestatten, in einem Mausoleum im "Mahagoni-Haus". Trujillos Gebeine hatte die Familie noch im November 1961 kurz vor ihrer Flucht in einem Sarg ebenso wie die Staatskasse außer Landes brachte. Zuerst war Trujillo auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise beigesetzt worden. Später überführte ihn die Familie ins Madrid von Diktator Franco, wo er bis heute liegt.
Sein Großvater werde historisch nicht richtig eingeordnet und verkannt, findet Ranfis Domínguez Trujillo schon lange. Schließlich habe der Diktator auch viel Gutes getan, wird der Enkel nicht müde Zeitungsreportern des Landes in den Block zu diktieren.
Jetzt befasst sich der Kulturausschusses mit der "Causa Trujillo". Bei der ersten Sitzung schlugen die Wellen hoch. Der linke Politbarde Manuel Jiménez, Kommissionsmitglied für die regierende Partei der dominikanischen Befreiung (PLD), forderte den Trujillo-Enkel bei der öffentlichen Anhörung auf, den Saal zu verlassen, "um zu verhindern, dass Blut fließt."
Aber auch ein im Bau befindliches "Museum des Widerstands" hat 60 Jahre nach dem Ende der Trujillo-Diktatur noch immer nicht seine Pforten geöffnet. Ein kleines Museum in der Altstadt musste wieder schließen, weil die Betreiber unter der Hand finanzielle Unterstützung der US-Regierung akzeptierten und so die inhaltliche Unterstützung der unterschiedlichen Widerstandsorganisationen verloren, die sich noch gut daran erinnerten, dass die Trujillo-Diktatur maßgeblich von den USA alimentiert und gestützt wurde. Erst als die US-Regierung Trujillo nicht mehr tragbar fand, wurde er bei einem von der CIA geduldeten Attentat getötet.
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