Folter in Hollands Psychiatrie: Drei Jahre wie ein Tier gehalten

Ein Video löst in Holland Empörung aus. Es zeigt einen jungen Mann mit geistiger Behinderung, der in seiner Zelle mit einer Leine an die Wand gekettet ist.

Brandon van Ingen in einem Fernsehbeitrag des Magazins "Uitgesproken". Bild: screenshot youtube

ARNHEIM taz | Im niederländischen Fernsehen waren am Dienstagabend schockierende Bilder zu sehen, Videoaufnahmen, die für Empörung sorgen. Sie zeigen den 18-jährigen, geistig behinderten Brandon van Ingen, der in seiner kahlen Einzelzelle in der Einrichtung 's Heeren Loo in Ermelo an eine Wand festgekettet ist.

Er trägt ein Geschirr um den Oberkörper und ist über einen Gurt mit einem Wandhaken verbunden. Sein Bewegungsraum soll eineinhalb Meter betragen. Nach Aussagen seiner Mutter, Petra van Ingen, soll dieser Zustand seit drei Jahren bestehen. Ihr Sohn werde "wie ein Tier im Käfig gehalten", sagte sie in der TV-Reportage zu den Videoaufnahmen, die sie selbst in der Einzelzelle aufgenommen hat.

Eine Betreuerin des jungen Mannes, Iris Mourits, konnte die Lage des Patienten nicht mehr mitansehen und hat nun die Alarmglocken geläutet. Viele Niederländer reagierten empört. Parlamentarier der sozialdemokratischen PvdA haben eine Dringlichkeitsdebatte im Parlament gefordert über den Umgang mit Patienten in der Psychiatrie. Sie sollte noch am Mittwoch stattfinden.

Ihr Sohn Brandon sei tagaus, tagein angekettet, erklärt van Ingens Mutter in dem TV-Beitrag der Sendung "Uitgesproken". Er sei bereits drei Jahre nicht mehr an der frischen Luft gewesen. Der Direktor der Einrichtung 's Heeren Loo, Frank van der Linden, bestreitet dies in dem Beitrag.

Brandon van Ingen ist leicht geistig behindert und leidet an einer "seltenen Kombination psychiatrischer Störungen". Wegen des "außerordentlich komplexen" Zustandes des Patienten sei die Einschränkung seiner Freiheit notwendig, so die Einrichtung.

Brandon sei aggressiv, hyperaktiv und eine Gefahr für sich selbst und seine Umgebung. Sein Verhalten sei unvorhersehbar. Frank van der Linden sagte, dass Gefahr von Brandon van Ingen ausgehe und ein Richter deshalb angeordnet habe, dass der Patient isoliert werden müsse. Zum Schlafen werde er immer losgebunden und er sei in der Regel nur angekettet, wenn andere Personen in seiner Nähe sind, hieß es in dem Beitrag.

Die Betreuerin Iris Mourits erzählt in der Sendung, dass Personal habe Angst vor dem Patienten. Sie fordert, dass eine Lösung gefunden werden müsse, und schlägt vor, dass sich Pfleger um Brandon van Ingen kümmern, die körperlich stärker sind als der Patient. Der geistig Behinderte soll nicht der einzige sein, dessen Bewegungsfreiheit täglich stundenlang eingeschränkt ist. Etwa 40 solcher Fälle soll es landesweit geben, meldete die Tageszeitung NRC Handelsblad. Der Sachverständige Bert Lendemeijer sagt, das geschehe aus purer Verzweiflung, und er verweist auf die mangelnden Kapazitäten der Einrichtungen im Umgang mit solchen Patienten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.