Plagiatsvorwürfe gegen FDP-Politikerin: Koch-Mehrin schwer unter Druck
Internetaktivisten haben ihren ersten Bericht zur Dissertation der FDP-Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin veröffentlicht. Jede vierte Seite soll Plagiate enthalten.
BERLIN taz | Der Balken füllt sich. Auf jeder vierten Seite der Doktorarbeit der FDP-Spitzenpolitikern Silvana Koch-Mehrin haben die Internetjäger von vroniPlag inzwischen kürzere oder längere Plagiate gefunden. Auf 56 von 201 Textseiten wurden Stellen nachträglich als Plagiat gekennzeichnet, wie aus dem ersten Zwischenbericht der Netz-Community hervorgeht. Diesen stellten sie am Dienstagabend ins Internet.
Koch-Mehrins Pressesprecher, Georg Streiter, erklärte, weder er noch die FDP-Politikerin würden zu den Vorgängen eine Stellungnahme abgeben.
Die Internetjäger kommen zu dem Ergebnis, dass in der untersuchten Dissertation in erheblichem Ausmaß fremde Quellen verwendet worden seien, die nicht oder nicht hinreichend als Zitat gekennzeichnet wurden. "Dies stellt eine eklatante Verletzung wissenschaftlicher Standards dar", heißt es. Das, so ihre Schlussfolgerung, könne kein Versehen sein. Koch-Mehrin müsse bewusst gehandelt haben.
Die 40-jährige Koch-Mehrin ist Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und gehört seit 2004 dem Präsidium der FDP an. Vor ihrer Politkarriere studierte sie Volkswirtschaftslehre und Geschichte in Hamburg und promovierte über die "Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik".
Dokumentiert seien Textübernahmen aus insgesamt 15 verschiedenen Quellen, schreiben die anonymen Prüfer. Bei den plagiierten Quellen handele es sich auffallend häufig um Artikel aus Handbüchern der Wirtschaftswissenschaft und der Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Ob die FDP-Europaabgeordnete ihre Arbeit zusammenkopiert hat, muss die Universität Heidelberg, bei der sie die Dissertation im Jahre 2000 an der Philosophischen Fakultät einreichte, offiziell feststellen. Der Promotionsausschuss tagte in der vergangenen Woche zu ersten Mal.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott