Kommentar Griechenland-Hilfe: Immer neue Geschenke

Die verhasste Transferunion gibt es längst. Griechenland wird mit Milliarden "gerettet", die es nie mehr zurückzahlen kann. Dabei rückt der Staatsbankrott wird immer näher.

Es ist das große Tabuwort: Transferunion. Es ist so unappetitlich wie ein Hühnerauge am Fuß. Bloß keine Transferunion! Täglich gibt es mindestens ein Dementi, das versichert, dass Griechenland oder Irland nicht dauerhaft mit EU-Geldern rechnen könnten.

Nur: Diese verhasste Transferunion gibt es längst. Nächste Woche werden die Euroländer weitere Kredite beschließen, um die Griechen vor dem Staatsbankrott zu bewahren. Bis zu 170 Milliarden Euro könnten es dann sein, die die Griechen insgesamt erhalten haben. Niemand rechnet damit, dass diese Summe jemals zurückgezahlt wird. Es ist ein Geschenk, dem weitere Geschenke folgen werden - an die Iren, an die Portugiesen und dann wieder an die Griechen.

Europa ist eine gelebte Transferunion, weil sie von den Fakten erzwungen wird. Jeder neue EU-Gipfel fördert die immer gleiche Erkenntnis zu Tage: Ein langes Leiden in Griechenland oder Irland würde eben nicht nur die dortigen Einwohner treffen. Die Schäden in Deutschland und Frankreich könnten ebenfalls enorm sein, wenn man Griechen und Iren in den Staatsbankrott zwingt. Dabei ist es übrigens fast egal, wie dieser Staatsbankrott technisch organisiert wird: ob umgeschuldet wird, Drachme und Pfund wieder eingeführt werden oder die Länder sich in die Rezession sparen müssen.

Allerdings ist diese Erkenntnis so abstrakt, dass sie jenseits der EU-Diplomatie kaum zu vermitteln ist. Unter den Wählern bilden sich seltsame Allianzen: Viele Griechen hätten nichts dagegen, den Euro zu verlassen - und viele Deutsche würden sie gern ziehen lassen. Je länger also der Staatsbankrott vermieden wird, desto wahrscheinlicher wird er. Weil die Bürger es so wollen und nicht besser verstehen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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