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Streit der Woche"Er muss sich beherrschen"

Sein Trainerkollege Hans Meyer sieht den Jubel um Jürgen Klopp skeptisch. Als Idol, kritisiert die "Benimmgräfin" von Montgelas, müsse er sich besser kontrollieren.

Prost! Am Samstag gibt es für Klopp einen guten Grund, anzustoßen. Bild: dapd

Es ist sein größter Tag: An diesem Samstag spielt Jürgen Klopps Team Borussia Dortmund noch einmal zu Hause gegen Eintracht Frankfurt. Egal, wie das Spiel ausgeht. Am Ende wird das ganze schwarz-gelbe Stadion Klopp zujubeln – dem Erfolgstrainer. Zum Idol tauge Jürgen Klopp trotzdem nicht, schreibt der langjährige Trainer und Fußballweise Hans Meyer im Streit der Woche der aktuellen sonntaz.

"Ich weiß nicht, warum man einen Jürgen Klopp derart aufs Schild heben soll", schreibt Meyer, der zuletzt den 1. FC Nürnberg und Borussia Mönchengladbach trainierte. Sportlicher Erfolg und ein starkes Auftreten in der Öffentlichkeit mache einen Menschen nicht zum Idol. "Wir kennen nur einen bestimmten Ausschnitt." Niemand könne wissen, ob sich eine gefeierte Persönlichkeit auch im Privatleben vorbildlich verhalte. Klopp sei ein erfolgreicher Trainer - mehr nicht.

Ganz anders sieht das der junge Dichter und Poetry-Slammer Nils Straatmann. Nicht nur als Trainer, auch als Kommentator im Fernsehen habe Klopp neue Maßstäbe gesetzt, schreibt das Mitglied der Autoren-Nationalmannschaft des DFB. Das "Vorzeigemodell des modernen Fußballlehrers" breche mit dem üblichen Stammtischpalaver im Fernsehen und habe eine „adäquate taktische Analyse der Weltmeister- und Europameisterschaft“ etabliert.

Klopp habe den Fußball verändert und in Dortmund eine "junge, frische und vor allem sympathische" Mannschaft geformt. "Wer Fußball schaut, konnte und kann von Jürgen Klopp etwas lernen", schreibt Straatmann.

Amélie Gräfin von Montgelas, eine Lehrerin für gutes Benehmen, sieht in Jürgen Klopp hingegen kein Idol. Zwar sei er ein "großer Trainer" und habe sogar "gute Ansätze", ein Idol für die Jugend zu werden. Dazu müsse Klopp aber über eine "große Selbstbeherrschung" verfügen. Doch allzu oft lasse der Trainer seiner Wut freien Lauf.

taz

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Die "Benimmgräfin" erinnert daran, dass Klopp nach einer umstrittenen Entscheidung einen Schiedsrichter anbrüllte und einen Fernsehreporter nach einem schwachen Spiel beleidigte. "Das geht überhaupt nicht", resümiert sie. "Solange er sich nicht beherrscht, kann er aber kein Idol sein."

Im Streit der Woche in der aktuellen sonntaz diskutieren außerdem der Fußballprofi Gerald Asamoah, der Fernsehproduzent Friedrich Küppersbusch, Roland Kochs ehemaliger Medienberater Dirk Metz und der taz-Leser Nils Julian Meiß.

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9 Kommentare

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  • U
    Uwe

    Die Frage müsste doch lauten: Warum der Klopp so beliebt ist und sich zum Vorbild eignet?

    Der Mann verbindet einfach "echte Leidenschaft und Liebe" mit dem was er tut. Dabei gehören Emotionen; manchmal auch überschwengliche absolut dazu! Wer Emotionen zulässt, lässt auch Schwächen zu und macht sich angreifbar- und der Mann ist sich dessen ja auch bewusst - also eine selbstbewusste Persönlichkeit und nicht so ein abgetroschner Profi! Solche Männer braucht nicht nur der Fussball!

    Hans M. ist hingegen ja immer wieder mit zynischen und überkritischen Bemerkungen aufgefallen. (Und an der Seitenlinie war der auch nicht gerade ruhig!)

  • U
    Uwe

    Die Frage müsste doch lauten: Warum der Klopp so beliebt ist und sich zum Vorbild eignet?

    Der Mann verbindet einfach "echte Leidenschaft und Liebe" mit dem was er tut. Dabei gehören Emotionen; manchmal auch überschwengliche absolut dazu! Wer Emotionen zulässt, lässt auch Schwächen zu und macht sich angreifbar- und der Mann ist sich dessen ja auch bewusst - also eine selbstbewusste Persönlichkeit und nicht so ein abgetroschner Profi! Solche Männer braucht nicht nur der Fussball!

    Hans M. ist hingegen ja immer wieder mit zynischen und überkritischen Bemerkungen aufgefallen. (Und an der Seitenlinie war der auch nicht gerade ruhig!)

  • G
    gewe

    geht es noch dümmer?????????

  • R
    reblek

    Da hat Herr Meyer kluge Worte gelassen aufgeschrieben. Dieser Hype mit "Stars" an jedem Eck und Ende ist nicht nur völlig überzogen und ohne Maßstäbe, sondern zeigt vor allem, dass den "einfachen" Menschen nicht viel anderes bleibt als eine absurde "Identifikation" mit "Idolen". Zu einem Idol wird jemand in diesem Land leider schon, wenn er irgendwann zu einem passenden Zeitpunkt ein Fußballtor getroffen hat. Dann jubelt jeder Tor (ohne Anführungsstriche und in des Wortes schöner Auch-Bedeutung).

  • K
    Knut

    Das erinnert langsam an die BILD. Versucht Ihr hier ein Thema zu "machen"?

     

    Ich habe, außer hier in der taz (die ich sonst sehr gerne lese), noch nichts von einem "Idol Klopp" gehört oder gelesen...

     

    Peinlich, das.

  • S
    Ski

    Ich halte es für falsch von einer öffentlichen Person zu erwarten, dass sie in sämtlichen Bereichen des Lebens und allen emotionalen Situationen vorbildlich und hochgradig moralisch agiert. Ein Idol muss kein Übermensch sein. Es reicht schon, wenn man in seiner Tätigkeit herausragend und als Person sympathisch ist, um bewundert zu werden. Ein Trainer ist schließlich kein Gandhi.

  • CF
    Cornelius Funke

    Wer nennt Herrn Klopp denn "Idol"?

  • J
    Jürgen

    meine Idole waren immer Benimm-Gräfinnen, möglichst noch mit der fetten Kohle ausgestattet. Aber sei´s drum, in unserer Zeit ist die sicher genauso ein Idol wie Klopp, mehr haben wir ja nicht mehr zu bieten in diesen hyper-super-kapitalistischen Geier-Zeiten.

  • HW
    Heidi Weh

    Lustig, über was alles man sich "kloppen" kann.

    Ob Idol oder nicht, Vorbild oder nicht - das wird sich ganz von selber regeln.