Was ist dran am "New Kids Turbo"-Hype?: "Versaut euch doch nicht den Abend!"

Deutschland im Frühling 2011. Ganz Deutschland ist im Neunziger-Proll-Fieber und guckt New Kids Turbo. Ganz Deutschland? Nein, im Kino sitzen nur elf Leute.

Zwischen holländischen "Flodders" und "Manta Manta": "New Kids Turbo". Bild: Constantin

"Och nö, ihr wollt euch doch nicht den Abend versauen! Ick hab dit neulich schon zu den nett aussehenden Mädels jesacht die da rein wollten - nee, ey, macht dit ma nich..." Die freundliche Dame an der Kinokasse meint das ganz ernst und möchte uns partout keine Eintrittskarten zu den "New Kids Turbo" verkaufen.

Wie jetzt? Angeblich rennen doch seit Ostern massenweise Zuschauer mit Vokuhila, Adiletten und rucksackweise Dosenbier in die Kinos und johlen dort fünf niederländischen Prolls zu. "Nö, das war nur am Anfang. Dit war schlimm - ich glaub die haben sich übers Internet verabredet."

Da könnte was dran sein. Schließlich haben die "New Kids Turbo" in der ersten Woche nach ihrem Start erstmal die Charts mit über 200.000 Zuschauern erobert. Kinobetreiber sollen sich teilweise genötigt gesehen haben, keine Zuschauer mehr mit Rucksäcken in den Film zu lassen, weil die randvoll mit Bierdosen gefüllt gewesen seien. Voller Begeisterung wurden dort die Geschmack- und Hirnlosigkeiten, Vulgarität und political incorrectness der fünf Obertrottel aus dem holländischen Kaff Maaskantje bejubelt, deren Vokabular sich im wesentlichen auf "Scheiße, Mongo, Homo, ficken und Junge" beschränkt.

Warum nur? Weil es zum einen immer Spaß macht, über jemanden zu lachen der offenbar noch blöder ist als man selbst. Aber das alleine reicht nicht zum kommerziellen Erfolg, denn der zeitgleich gestartete Film "4 Lions" über vier nicht allzu helle Dschihadisten landet im Vergleich zu Platz sechs für die holländischen Oberprolls weitab auf Platz 17 der Media-Control-Kinocharts. Also so platt wie möglich und mit Spiegelmöglichkeit für den Dorfproll sollte es dann schon sein.

Ich zahle auch für nichts mehr und nehme mir was ich will

Zum anderen gibt es da natürlich die ironische Metaebene, die das Actionkino und das Unterschichten-Doku-Fernsehen zitiert und gleichzeitig vermeintliche Sozialkritik übt. A là: Ich verliere meinen Job und kriege keine Stütze, also zahle ich auch für nichts mehr und nehme mir was ich will. Yiiiiehaa.

Bis zum 8. Mai hat sich die Zuschauerzahl zwar verdoppelt - aber der Hype ebbt eher ab als das er zunimmt - zumindest lässt darauf die geringe Zuschauerzahl im Berliner Kino schließen. Gerade elf Leute sitzen drinnen. Darüber kann man nun erleichtert sein, denn der Niedergang der Zivilsation und überhaupt des Abendlandes ist womöglich doch zumindest noch aufschiebbar.

Aber ein Gutes verheißt der vermeintliche "New Kids Turbo"-Hype - der schon seit geraumer Zeit auch auf YouTube und sogar auf Comedy Central durch Clips mit den fünf Halbaffen befeuert wird: Das Ende des 80er-Jahre-Revivals, das seit mindestens fünf Jahren überfällig ist.

Gut, die Neunziger könnten einen besseren ersten zweiten Auftritt haben als mit den schrecklichsten geschmacklichen Entgleisungen bis hin zum Eurotrash-Sound - aber es ist zumindest mal eine neue Zumutung, die uns heimsucht. Und das Neue ist mitnichten der Freund der klingelnden Kinokasse: "Fast and Furious 5" lässt mit 1,5 Millionen Zuschauern in der zweiten Woche die New Kids weit hinter sich. Und, wie die Jungs sagen: "Das geht erst richtig los, Junge!"

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.