Demonstrationen in Spanien: Protestcamps in fast jeder Stadt

Trotz des Verbots der Wahlaufsicht gehen wieder zehntausende Spanier gegen die Regierung auf die Straße. Medien lancieren Verschwörungstheorien.

Demonstranten auf dem Platz "Puerta del Sol" in Madrid. Bild: reuters

MADRID taz | Kein noch so großes Polizeiaufgebot, keine noch so regnerische Gewitternacht und kein Urteil der Wahlkommission können die Proteste in Spanien für "Echte Demokratie-jetzt!" stoppen. In fast allen Städten wurden Protestcamps errichtet.

Auf der Puerta de Sol in Madrid kamen am Mittwoch abend erneut über zehntausend Menschen zusammen. Längst sind es nicht nur Jugendliche. Familien, Rentner und auch immer mehr Immigranten demonstrieren gegen die Auswirkung der Krise und die politische Klasse.

"Die Bitte nach einer verantwortungsbewussten Stimmabgabe, auf die sich der Antrag bezieht, kann die Wahlkampagne und Freiheit der Bürger bei der Ausübung des Rechtes auf Stimmabgabe beeinträchtigen", heißt es in dem Bescheid, mit dem die Madrider Wahlaufsicht eine Genehmigung der Proteste verweigert. Am Sonntag wählt Spanien kommunale und regionale Vertreter.

Die Demonstranten fordern unter anderem, keine Parteien zu unterstützen, auf deren Listen sich Politiker befinden, gegen die wegen Korruption ermittelt wird, oder die schon in erster Instanz verurteilt sind. Bei über 260 Kandidaten der sozialistischen PSOE, der konservativen Partido Popular (PP) und mehrerer kleinerer Parteien ist dies der Fall.

Bei den Menschen auf dem Platz und den meisten Teilnehmern an Radio- und Fernsehdebatten stößt das Urteil auf Unverständnis. "Endlich wird im Wahlkampf über Politik geredet", verteidigt ein Kommentator des öffentlichen spanischen Rundfunks RNE die Protestaktion.

Sozialisten versuchen sich der Bewegung anzunähern

Die regierenden Sozialisten versuchen sich der Bewegung anzunähern. Mehrere Stunden stand das Kommuniqué von "Echte Demokratie - jetzt!" auf der Homepage der PSOE. Bis es wieder heruntergenommen wurde. "Ein Fehler", hieß die knappe Begründung. Er wolle die Protestierenden "anhören" und "verstehen" versprach der sozialistische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero, der für den Sozialabbau im Rahmen der Krise verantwortlich ist.

"Warum sind sie an der Puerta de Sol und nicht vor der Moncloa?" fragt die konservative Madrider Landesmutter Esperanza Aguirre, die am hauptstädtischen Platz ihren Amtssitz hat, während Zapatero außerhalb im Regierungspalast Moncloa residiert. "Die Linke versucht die Bewegung zu manipulieren", schimpft Aguirre, die bei den Jugendlichen wegen ihrer Privatisierungspolitik besonders unbeliebt ist: "Ich befürchte, sie machen das gegen die PP."

Konservative Medien sehen hinter den Protesten den langen Arm des Innenministeriums und der Geheimdienste. "Das Phänomen liegt auf der Linie der arabischen Revolten. Dort wollen sie wählen, hier sagen sie, das bringt nichts", trifft der sozialistische Ex-Premier Felipe González den Geist der Bewegung.

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