Kommentar zu Merkels Klischeebildern: Die Mär von den faulen Südländern

Angela Merkel setzt auf populistische Rhetorik anstatt Wählern klarzumachen, dass Finanzhilfen kein generöses Geschenk an faule Versager sind. Das ist gefährlich.

Gehen die Portugiesen zu früh in Rente? Dauern die Ferien der Spanier zu lange? Und versaufen die Griechen unserer Oma ihr klein Häuschen? Nein, das sind alles haltlose Klischees. Warum aber wärmt die deutsche Kanzlerin, die es besser wissen muss, sie dann auf? Und warum jetzt?

Wer will, kann darin ein bewährtes Muster erkennen. Erst erklärte Merkel auf dem Höhepunkt der Sarrazin-Hysterie "Multikulti" für gescheitert. Dann, als zu Guttenbergs Plagiate aufflogen, stellte sie sich demonstrativ hinter ihren populärsten Minister. Und jetzt greift sie eben das Vorurteil auf, Griechen, Spanier und Portugiesen würden sich auf deutsche Kosten ein schönes Leben machen.

Der Applaus der Bild-Zeitung kann ihr dabei sicher sein - "ihr Griechen, ihr griecht nix", titelte die schließlich einmal. Die Iren erwähnte Merkel vorsorglich nicht, weil die ja nicht ins Klischeebild vom "faulen Südländer" passen.

Man kann Merkel zugutehalten, dass sie letztlich trotzdem Kurs hält. Auch wenn sie im vergangenen Jahr ihre Zustimmung zum EU-Rettungsschirm bis zu den Wahlen in Nordrhein-Westfalen hinauszögerte (was ihr bekanntlich nichts genützt hat), so hat sie ihm letztlich zugestimmt. Und Merkel weiß auch, dass womöglich bald schon wieder ein neues Rettungspaket für Griechenland geschnürt werden muss.

Deutsches Eigeninteresse

Doch statt ihren Wählern und Steuerzahlern endlich reinen Wein darüber einzuschenken, dass solche Finanzhilfen kein generöses Geschenk an faule Versager, sondern im wohlverstandenen deutschen Eigeninteresse sind, setzt sie lieber auf populistische Rhetorik.

Kollateralschäden am europäischen Projekt nimmt sie dabei in Kauf. Denn solche Sprüche sind gefährlich. Schon jetzt ist das Sparprogramm, das etwa die griechische Regierung ihren Bürgern aufbürdet, brutal. Merkels Bemerkungen eignen sich da nur zu gut, um von Griechenland bis Portugal antideutsche Gefühle anzufachen.

Auf der anderen Seite zeigt die Erfahrung, dass es nur Rechtspopulisten nützt, wenn man ihre Parolen aufgreift. Bislang ist es Merkels Union gelungen, keinen Raum für eine Partei rechts von ihr zu lassen. Und man darf vermuten, dass ihre platten Sprüche über angebliche südländische Arbeitsscheu vor allem dazu dienen sollen, rechte und euroskeptische Wähler an die Union zu binden. Die nächsten Wahlen in Bremen und in Berlin werden zeigen, ob dieses Kalkül aufgeht - oder ob nicht vielmehr rechtspopulistische Splitterparteien davon profitieren.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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