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Debatte um KanzlerkandidaturSPD-Linke gegen Steinbrück

Die SPD-Debatte um eine mögliche Kandidatur von Peer Steinbrück reißt nicht ab - jetzt sprechen sich Parteilinke gegen den "Möchtegernkandidaten" aus.

Peer Steinbrück: Vertritt er das Gesamtprofil der SPD am besten? Bild: dpa

BERLIN taz/dapd | In der Debatte um die SPD-Kanzlerkandidatur haben sich Vertreter des linken Parteiflügels gegen Peer Steinbrück ausgesprochen. "Gegenüber einem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück gibt es in unseren Reihen überwiegend Skepsis", sagte die stellvertretende Sprecherin der Parteilinken, Angela Marquardt, der taz. "Die Teamfähigkeit von Steinbrück kann man in Zweifel ziehen."

Auch der schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Ralf Stegner äußerte sich skeptisch. "Es geht nicht nur darum, wer am meisten von sich reden macht oder wer am besten in der veröffentlichten Meinung ankommt", sagte Stegner, "am Ende geht es darum, wer das Gesamtprofil der Partei am besten vertritt." Erfolgreich könne die SPD nur sein, wenn sie geschlossen in den Wahlkampf ziehen kann.

Stegner und Marquardt kritisierten den Zeitpunkt der Debatte. Erst Ende 2012 solle die Kanzlerkandidatur entschieden werden, mahnte Stegner der taz. "Der Zeitpunkt gilt auch für Möchtegernkandidaten."

Dennoch betonte Stegner, dass es ein Erfolg sei, dass die Öffentlichkeit über die Frage diskutiere. "Alle rechnen mit einem sozialdemokratischen Kanzler."

In der vergangenen Woche hatte die seit Monaten geführte Debatte um Peer Steinbrück einen neuen Höhepunkt erreicht, weil Steinbrück von der Friedrich-Ebert-Stiftung für sein Finanzkrisen-Buch "Unterm Strich" ausgezeichnet wurde und CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble die Laudatio hielt. Steinbrück hatte sich ursprünglich nach der Bundestagswahl 2009 von allen Parteiämtern zurückgezogen, weil er mehr Zeit für sich haben und den Platz für jüngere Politiker freimachen wolle.

Medialer "Ersatz"

SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte den aktuellen Medienrummel um den früheren Finanzminister. Am Freitagabend sagte er in Berlin am Rande einer Kinovorführung, dass mit Steinbrück medialer "Ersatz" für den nach der Plagiatsaffäre zurückgetretenen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gesucht werde.

Befeuert wurde die Debatte auch durch zwei SPD-Bundestagsabgeordnete, die eine Präferenz für Steinbrück äußerten. In der Bild-Zeitung schwärmte der Wirtschaftsexperte Garrelt Duin: "Peer Steinbrück hat Ecken und Kanten, sagt, was Sache ist. Das Land braucht solche Typen." Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy sagte dem Blatt: "Würde es in den nächsten Wochen zu einer Neuwahl im Bund kommen, müsste Steinbrück ran."

In der Gunst der Bürger und SPD-Anhänger liegt allerdings SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier vorne. In einer Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin Focus sprachen sich 28 Prozent aller Befragten und 37 Prozent der SPD-Anhänger für den Fraktionschef als SPD-Kanzlerkandidaten aus. Steinbrück halten 24 Prozent aller Befragten und 32 Prozent der SPD-Anhänger für die erste Wahl.

Sollte es noch Zweifel gegeben haben, gegen wen der am Ende erwählte SPD-Kandidat antreten werde, sind diese seit dem Wochenende ausgeräumt. Im Sat.1-Interview sagte Merkel, dass sie 2013 wieder antreten werde. Nicht ohne der SPD einen mitzugeben: "Ich hoffe doch, dass ich einen Gegenkandidaten bekommen werde."

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19 Kommentare

 / 
  • SS
    SPD sPD .PD

    Bei welcher PR-Agentur ist Steinbrück eigentlich Kunde? Finde ich sehr merkwürdig, wie er gerade überall ganz offensichtlich herbeigeschrieben wird. Noch nie ne Wahl gewonnen, im Groko-Koalitionsvertrag den Finanzmarkt für "innovative Finanzprodukte" geöffnet, aus denen dann die Krise wurde, und ansonsten nur eine abgedrosche Helmut-Schmidt-Epigonen-Show mit hohlen Sprüchen, und halt rechte Seeheimer-SPD-Politik. Kein Zeichen der Reue, keine Absicht, irgendwas zu verändern, was nicht auch Merkel könnte.

     

    Ich hab auch paar Freunde, die mir öffentlich bestätigen würden, "kantig" zu sein, und "klare Kante zu zeigen", und "Kanzler zu können". Fremde Leute anbrüllen und vergrätzen kann ich auch. Wählt doch einfach mich!

  • MD
    maria daubenbuechel

    der typ war auf der letzten bilderberger konferenz,frau merkel ebenfalls.das sollte zu denken geben.

  • A
    Alex

    Bessere Kronzeugen als Marquardt und Stegner hat der Artikel nicht gegen Steinbrück aufzufahren?

    SH-Stegner, der diese Fähigkeiten erst in Landtagswahlen und dann in der innerparteilichen Mitgliederabstimmung gegen einen relativen Nobody bewies sowie die ehemalige PDS-Hoffnung Marquardt?

     

    Ich will ja nichts sagen, aber so funktioniert eine gute Schmierenkampagne nicht. Widersprüche von derartigen Adressen stärken die Zustimmung in der SPD für einen Kanzlerkandidaten Steinbrück nur.

     

    Davon abgesehen: Für eine Rot-Grüne Regierung muss Angies Schwarz-Geld-Club die Mehrheit abgenommen werden. Das geht mit einem Linksparteikuschler sicherlich schlechter als mit jemandem wie Steinbrück, der bis tief in die bürgerliche Mitte hinein Sympathien hat und Ex-Angie-Wähler überzeugt.

     

    Und der Linkspartei ist auch geholfen, steigen doch so die Chancen, von Steinrück-Hassern in den Bundestag gehoben zu werden, auch wenn dieser intrigante Haufen das absolut nicht mehr verdient hat.

  • HN
    HANS NIX

    Peer Steinbrück wäre ein Fehler für die SPD, aber die SPD-Linken sind auch so ein Haufen. Deren Kandidaten würden am Ende hinter FDP oder Linke landen. Und zwar nicht nur, weil sie momentan außer Andrea Nahles kaum eine(n) Kandidat(in) haben, sondern weil sie immer die gleiche Karriere machen: Von Links unten nach rechts Oben.

     

    Das war bei Gabriel, Scholz, Gerd Schröder so und eine Liste weniger weit gekommene liesse sich mühelos fortsetzen. Darum glauben viele Menschen gerade den SPD-Linken sehr wenig, zum Teil natürlich auch, weil sie gar nicht wissen, woher die SPD-Politiker insgesamt kommen.

     

    Ich kann nur sagen: Peer Steinbrück ist die Fortsetzung der AGenda 2010, Sozialabbau, ungerechte Steuer- und Abgabenpolitik, Ausgrenzung von armen und arbeitslosen Menschen.

     

    Das ist er und deshalb hoffen Banken, Versicherungen und Großunternehmen auch, dass Steinbrück das Ding wuppt und dann die Grünen zerlegt und das im Grunde genommen alles bleibt wie es ist, nämlich ziemlich ungerecht und schlecht.(Siehe UN-Bericht)

  • DN
    Dr. No

    Steinbrück ist ein Verlierer. Bei der letzten Bundestagswahl hat er selbst sein Direktmandat gegen Michaela Noll (????) haushoch verloren (wikipedia). Motto: "Ich kann nichts, außer markige Sprüche klopfen".

     

    Der einzige, der von der SPD eine echte Chance hätte, Kanzler zu werden, ist Kurt Beck. Grund: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die SPD mehr Stimmen bekommt als die CDU. Mehr als die Grünen bekommt sie nur mit jemand, der den Mann und die Frau auf der Straße versteht und nicht so geschwollen daher kommt. Kurt Beck ist der einzige, den der Facharbeiter am Band, der alte Sozi, der linke Gewerkschafter und der kleine Geschäfsmann wählen würden. Die SPD war völlig neben der Spur, dass sie den weggebissen hat, als er nach Berlin ging.

     

    Rheinland-Pfalz ist seit vielen vielen Jahren wirtschaftlich erfolgreicher als Hessen. Weil Beck es besser kann als Koch. Beck ist kein Traummann, aber in seiner bodenständigen Art wäre er viel erfolgreicher als Steinbrück

  • K
    karakoram

    @ Christian Kulkies: Guter Kommentar. Dass die Bilderberger in den Mainstream-Medien nicht zur Sprache kommen, liegt auf der Hand. In der taz würden sie aber viel öfter aufs Tapet gehören. Unerklärlich, dass das nicht so ist. Vielleicht aus Angst, als Verschwörungstheoretiker, Spinner und damit unseriös gebrandmarkt zu werden...? Oder auch an der kurzen Leine...?

  • B
    Baghira_GR

    Da Deutschland derzeit weder von Frau Merkel noch von Herrn Steinbrück regiert wird oder würde, sondern von den Spitzen des Großkapitals, mag es hinlänglich beliebig sein, wer den Kasper spielt!

     

    Zumindest solang´ das so bleibt!

  • N
    nihi.list

    Auf die SPD ist eben Verlass.

     

    Kaum ist der Abwärtstrend einigermassen gestoppt und ein Sieg bei der nächsten Wahl im Bereich des Möglichen, schon beginnen die einzelnen Flügel wieder sich gegenseitig zu zerfleischen.

     

    Der SPD könnte glatt das Kunststück gelingen, der Merkel zu weiteren vier Jahren Amtszeit zu verhelfen.

  • R
    RLS

    Wenn alle mit einem sozialen Politiker der SPD rechnen,

    bleibt nur noch Ottmar Schreiner.

    Er war der einzige Politiker der gegen den ganzen Schrott aus der Schröderzeit gestimmt hat. (siehe Abgeordnetenwatch).

    Kinderarmut,

    Renterarmut,

    Niedriglöhne,

    Leiharbeit,

    sind alles Produkte dieser Taugenichts.

    Sie sind auch noch Stolz darauf, weil die Wirtschaft wächst.

    Amerika hatte auch einen Wirtschaftsboom, als man Sklaven aus Afrika holte,

    aber ob man darauf Stolz sein kann.

    Ich wünsche der SPD dass sie von der Bildfläche verschwindet,

    denn sie hat ihren Wähler dass Messer in den Rücken gestossen.

    Und die ganze Verräterbrut sitzt immer noch an den Schalthebeln,

    weil ihre Wähler vermutlich zu alt sind und dieses nicht mehr schnallen.

  • EA
    Enzo Aduro

    Nur einer vom konservativen SPD Flügel kann Kanzler werden. Das ist so.

    Das eine Partei links von der Mitte Ihren Kanzler zu rechts findet ist genauso logisch wie das Verhältnis von der CDU zur Kanzlerin. Die ist denen auch zu "links" oder progressiv oder was weiß ich, eben zuwenig hinterm herd.

     

    Daher: Wenn die SPD einen SPD Kanzler will müssen Sie den beliebtesten Kandidaten unterstüzen, und das ist Steinbrück. Jeden anderen wird Merkel wahrscheinlich wegputzen. Auch wenn jetzt in Umfragen das anders aussähe.

     

    Ganz abgesehen davon will ich das einfach erleben wenn er seinen Antrittsbesuch in der Schweiz macht :-) Da fahr ich extra runter.

  • CK
    Christian Kulkies

    Vom 8.-12.Juni fand in St. Moritz das Bilderbergtreffen statt.

    Dort werden künftige Kanzlerkandidaten und Präsidenten von den einflussreichsten Machern aus Politik, Medien, Banken, Royals, und Kriegstreibern ins Kreuzverhör genommen (ca. 130 Gäste).

     

    Wenn man sich für Ihre Ideen einsetzt, wird man befördert.

    Wer war geladen? Natürlich Herr Steinbrück hab Ihn vor Ort mit dem Chef von Google und Facebook gesehen.

    Das Resultat, eine Woche später redet man über seine Kanzlerkandidatur. Olaf Scholz war übrigens 2010/2011 geladen, er wurde Ministerpräsident. Dasselbe geschah auch bei Clinton und Obama, beide flogen vor der Wahl auf das jährliche Treffen, eine Woche später, wurde Obama von den Medien in den Himmel gelobt.

     

    Also nicht wundern, wenn es dann doch Steinbrück wird.

     

    Schade, dass die TAZ nicht über das Treffen berichtet hat.

    Vor Ort waren nur die Schweizer Medien und Russia Today.

    Hoffe im nächsten Jahr halten sich weniger an die Pressesperre. Nur wer Mut hat kann was verändern.

  • FS
    Friedrich Schreyer

    Ein Mann wie SDteinbrück, der 1 Woche vor der letzten Bundestagswahl in Pfungstadt bei Darmstadt 1,5 h redete, ohne auch nur einmal das Wort "Wahl" in den Mund zu nehmen, der bisher nur 2 Plenarsitzungen der 17.Wahlperiode besuchte und während der restlichen sein Buch verkaufte, kann nicht Kandidat der SPD werden!!

    Und er hat der SPD NRW verloren.

  • P
    piccolomini

    die spd hat momentan andere baustellen als die kanzlerkandidatur. man muss die 2 verbleibenden jahre nutzen, um ein eigenes profil zu entwickeln, sich von den grünen abzugrenzen und diese dauerhaft hinter sich zu lassen. dann kann man sich über einen kanzlerkandidaten unterhalten.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Merkels Bestarbeiter ist ihr hoffnungfrohes Schoßhündchen.Der kanns nicht

  • D
    Der

    Wundert es jemanden, dass der Neu-Bilderberger Steinbrück jetzt durch alle Medien gezogen wird? Mich jedenfalls nicht.

  • D
    deviant

    Da tun die Medien seit Wochen alles, damit der rechte Parteiflügel der SPD ganz allein zur Wahl antritt, um Merkel in die nächsten paar Jahre Kanzlerschaft zu retten, und die SPD scheint schon fast überzeugt, sich selbst mit dem Kandidaten Steinbrück vollständig in die politische Bedeutungslosigkeit zu verabschieden, da kommen doch wieder ein paar Ewiggestrige, die noch immer glauben, die SPD sei eine ernstzunehmende politische Partei und stellen all das in Frage...Pfui!

  • JS
    Johan Schreuder

    War der typ nicht gerade auf der letzte bilderberg konferenz??

  • I
    Ingo

    Merkel wird sowieso wieder Kanzlerin. KOTZ

  • S
    Soda

    Volksentscheide etc. werden uns diese Medialen Unfälle ersparen .