Sozialer Neubau: Müller ärgert Junge-Reyer
Mit neuen Ideen ist Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) bislang nicht aufgefallen, wenn es um das Thema Neubau geht. Nun hilft ihr ihr ihr SPD-Vorsitzender auf die Sprünge.
Es gibt ja Politiker, die glauben, mit der A 100 die Wahlen gewinnen zu können oder mit dem Thema innere Sicherheit. Es gibt aber auch jene, die sind mit einer Art Frühwarnsystem ausgestattet, um den emotionalen Haushalt der Wählerin und des Wählers zu erfassen, der nicht immer deckungsgleich sein muss mit dem politischen Repertoire eines Senators und einer Senatorin.
Michael Müller, der Landes- und Fraktionschef der SPD, ist so ein Politiker mit Feingespür. Dass er es ausgerechnet gegen seine Parteikollegin, Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer, einsetzt, macht das Ganze zu einer bemerkenswerten Angelegenheit im endlich heißen Wahlkampf.
Worum geht es? In einem Gespräch mit der Berliner Morgenpost hat sich Müller unter anderem zum Thema Mieten geäußert. Um auch beim Wohnungsneubau nicht nur die Mitte im Geldbeutel zu bedienen, schlug Müller vor, 10 Millionen Euro aus dem Verkauf der GSW für ein Förderprogramm zur Verfügung zu stellen. Vor allem Genossenschaften und Baugruppen sollten mit dem Geld dann preisgebundene Wohnungen innerhalb ihres Bauvorhabens zur Verfügung stellen. Das ist nicht alter sozialer Wohnungsbau, das ist nicht die altbekannte SPD-Fixiertheit auf die städtischen Gesellschaften, das ist schlicht innovativ.
Und genau darin liegt das Problem für Junge-Reyer. Nicht abgestimmt sei der Vorschlag mit ihrem Hause, hört man. Natürlich werde man eine gute Idee sorgsam prüfen. Es sei ja nicht so, dass man dem skeptisch gegenüberstehe.
Offenbar ist man also im Hause der Senatorin auf eigenem Felde überrascht worden. Und die Überraschung wurde nicht etwa von einem der üblichen Verdächtigen gesetzt, sondern vom zweiten starken Mann der SPD hinter Klaus Wowereit.
Der taz hat Ingeborg Junge-Reyer einmal verraten, dass sie nach dem 18. September gern noch eine Legislatur dranhängen würde. Nach dem Ratschlag Michael Müllers dürften ihre Chancen jetzt allerdings deutlich gesunken sein. Foto: SPD
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