Parteispendenpraxis in der SPD: Sarrazin sponsort Buschkowsky

Der Neuköllner SPD-Vorstand akzeptiert mit großer Mehrheit eine 5.000-Euro-Spende des wegen seiner Thesen zur Migration höchst umstrittenen Exsenators.

Gern gesehen ist er nicht, gern genommen wird indes sein Geld: Thilo Sarrazin. Bild: dapd

Die Neuköllner SPD hat eine Wahlkampfspende von 5.000 Euro vom umstrittenen Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) erhalten und angenommen. "Dem ist so", bestätigte die stellvertretende Kreisvorsitzende Kirsten Flesch der taz, "wir sind nicht so ideologisch verbohrt, dass wir im Wahlkampf eine solche Spende ablehnen." Sarrazin sagte der taz, er habe den Wahlkampf des Neuköllner Spitzenkandidaten, Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky, unterstützen wollen.

Der über 30-köpfige Vorstand der Neuköllner SPD hat die Spende nach eigenen Angaben bei eienr Sitzung am Montagabend behandelt und darüber abgestimmt, ob sie anzunehmen oder abzulehnen sei. Laut Flesch gab es dazu keine Diskussion und nur zwei Gegenstimmen sowie eine Enthaltung. Über Sarrazin sagte sie: "Er ist Parteimitglied. Das ist kein Schmuddelkind." Man müsse seine Thesen mit kühlem Kopf diskutieren.

Für den SPD-Kreisvorsitzenden Fritz Felgentreu, wie Flesch Mitglied des Abgeordnetenhauses, stand es außer Frage, die 5.000 Euro zurückzuweisen. "Wo kommen wir denn da hin, wenn wir als Gliederung der SPD eine Spende von einem Sozialdemokraten ablehnen würden?", fragte er. Die Frage sei gewesen: Versucht da jemand, durch eine Spende politische Befangenheit zu erzeugen? Das könne man angesichts der bekannten ablehnenden Haltung zu Sarrazins Thesen klar von sich weisen.

Laut Felgentreu ist Neuköllns SPD mit Buschkowsky der Auffassung, dass Sarrazins Problemdarstellung in dem Buch "Deutschland schafft sich ab" zwar größtenteils richtig sei, er aber insbesondere mit seinen genetischen Ansätzen klar falsch liege. Buschkowsky hatte Sarrazins Parteiausschluss abgelehnt: Eine Volkspartei müsse unbequeme, ärgerliche und störende Diskussionen aushalten.

Mit heftiger Kritik reagierte der SPD-Vorsitzende und Spitzenkandidat im benachbarten Friedrichshain-Kreuzberg, Jan Stöß: "Ich kann mir das fast gar nicht vorstellen", sagte er, als ihn die taz über die Zuwendung informierte. "Ich würde eine solche Spende nicht annehmen und kann mir auch nicht vorstellen, dass mein Kreisverband so eine Spende annehmen würde." Ähnlich ablehnend äußerte sich die Landesparlamentarierin Ülker Radziwill von der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf, wo Sarrazin Mitglied ist: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass andere Kreisverbände etwas von ihm nehmen würden."

Das mussten sie offenbar auch nicht. Sarrazin hat nach eigener Aussage gezielt an die Neuköllner SPD und deren Bürgermeister und Spitzenkandidat gespendet. "Heinz Buschkowsky hat sich mit seinen Thesen zu Zuwanderung und Integration über viele Jahre hinweg in der SPD unbeliebt gemacht und hat die von ihm als richtig erachteten Themen und Thesen weiter vertreten", sagte der langjährige ehemalige Finanzsenator und kurzeitige Bundesbänker am Dienstag der taz. Dass Buschkowsky jetzt erneut bei der Bezirksverordnetenwahl antritt, "das fand ich unterstützenswert."

Sarrazin ist nach dem im Frühjahr gescheiterten Parteiausschlussverfahren gegen ihn weiter Mitglied im SPD-Kreisverband Charlottenburg-Wilmersorf, Abteilung Westend. Der dortige Parteichef Christian Gaebler gab sich gelassen: Mit seiner Spende würde Sarrazin ja mal etwas Produktives zur SPD beitragen. Als befleckt sah er die 5.000 Euro nicht an: "Wenn wir bei jedem einzelnen Mitglied nachforschen würden, woher die Spende kommt, hätten wir viel zu tun."

Die Landesspitze der Berliner SPD zog sich auf Formalia zurück. "Wir wissen nicht, ob der Kreisverband die Spende von Sarrazin erhalten hat", so Landesgeschäftsführer und Wahlkampfchef Rüdiger Scholz am Dienstagnachmittag auf taz-Anfrage, "über Spenden, die an Kreise gehen, wird der Landesverband nur formal informiert."

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