SPD und Grüne in Bayern: Süddeutscher Wunderglaube

Grüne und SPD werben auf ihren Landesparteitagen für einen Machtwechsel in Bayern. Doch dafür müssen sie ihren Streit über die neue Startbahn in München beilegen.

Passt noch nicht ganz zusammen: Das Rot und das Grün. Bild: dapd

BAD WINDSHEIM taz | Baden Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist das große Vorbild. Was den Grünen im südlichen Nachbarland gelang, soll auch bei der Landtagswahl 2013 in Bayern möglich sein. "Jetzt ist die Zeit, selbst das Ruder zu übernehmen im Freistaat", sagte der Landesvorsitzende Dieter Janecek am Samstag beim Landesparteitag der bayerischen Grünen im fränkischen Bad Windsheim. "Die Zeit der testosterongesteuerten Basta-Männer ist vorbei." Das war ein Seitenhieb gegen Bayerns amtierenden Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer.

Erstmals seit Jahrzehnten scheint in Bayern ein Regierungswechsel in Sicht. Entsprechend euphorisch wurde Winfried Kretschmann von den rund 330 Delegierten in Bad Windsheim gefeiert. "Du bist heute die Rolling Stones", scherzte Janecek an Kretschmann gewandt.

Der Baden-Württembergische Ministerpräsident gab den Grünen indes einen ungewöhnlichen Rat: Sie sollten "an Wunder in der Politik" glauben, so Kretschmann. Sowohl Bayern als auch Baden-Württemberg seien starke Industrieregionen. Gerade in diesen Bundesländern komme den Grünen bei der praktischen Umsetzung der Energiewende eine Führungsrolle zu. "Hier können wir zeigen, dass es geht", so Kretschmann.

Zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl haben SPD und Grüne in Bayern aktuellen Umfragen zufolge eine realistische Chance, die CSU dort erstmals von der Macht zu verdrängen. Auf Landesparteitagen machten sich die beiden größten Oppositionsparteien am Wochenende dafür Mut. Ein Regierungswechsel scheint bislang allerdings nur mit den Freien Wählern möglich. Diese wollen sich aber vorab nicht auf Rot-Grün festlegen - sie halten sich auch ein Bündnis mit der CSU offen.

Auch die bayerische SPD war schon lange nicht mehr so guter Dinge wie jetzt. Bei ihrem kleinen Parteitag im mittelfränkischen Treuchtlingen rief Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Bayern 2013, seine Partei zum Kampf für einen Machtwechsel im Freistaat auf. "Ich verspreche, dass ich alles tun werde, was in meiner Kraft steht", sagte er am Samstag. Von den rund 100 Delegierten wurde er dafür gefeiert. Inhaltlich ging es auf dem Parteitag um das Thema "Gleichstellung". Einstimmig beschloss die SPD in einem Leitantrag, sich künftig für eine Frauenquote von 40 Prozent in Vorständen und Aufsichtsräten einzusetzen.

Streit um Startbahn

Doch um gemeinsam die CSU zu stürzen, müssen Bayerns SPD und Grüne erstmal ihre Differenzen ausräumen. Ebenso wie in Berlin könnte eine Koalition auch in Bayern an einem umstrittenen Infrastrukturprojekt scheitern. Denn während der Spitzenkandidat der SPD, Christian Ude, für den Bau einer umstrittenen dritten Startbahn am Münchner Flughafen eintritt, sind die Grünen bislang strikt gegen das Projekt.

Bereits am Donnerstag beschloss die Stadtratsfraktion der Münchner Grünen einstimmig, in der Landeshauptstadt ein Bürgerbegehren gegen die geplante Startbahn anzustrengen. Per Bürgerentscheid könnten die MüncherInnen die Stadtspitze dazu verpflichten, in der Gesellschafterversammlung der Flughafen München GmbH ein Veto einzulegen. Weil das Gremium einen einstimmigen Beschluss fassen muss und die Landeshauptstadt 23 Prozent an der Flughafengesellschaft hält, wäre der Bau damit vom Tisch.

Dieses Votum soll jedoch nur für den Münchner Stadtrat bindend sein. "München kann nicht für den Rest des Landes entscheiden", betonte die Münchner Grünen-Chefin Katharina Schulze. Auf dem Parteitag der Grünen in Bad Windsheim verabschiedeten die Delegierten einen Antrag, der die Parteispitze verpflichtet, nach der Landtagswahl 2013 keine Koalition einzugehen, die den Bau einer dritten Startbahn beschließt. Der Trick liegt dabei im Detail: Sollte die Flughafen München GmbH bis zur Landtagswahl bereits mit dem Bau der Startbahn begonnen haben - und das gilt derzeit als wahrscheinlich -, wäre diese Aussage hinfällig. Der Bau wäre dann längst beschlossene Sache - und kein Koalitionshindernis mehr.

Vorher aber wollen die Grünen alle Mittel ausschöpfen, um den Bau des Projekts zu verhindern. Zusätzlich zum geplanten Bürgerbegehren in München wollen sie kommende Woche eine bayernweite Massenpetition initiieren, die auch die betroffenen Anwohnergemeinden in den Protest miteinbezieht, sagte die grüne Landesvorsitzende Theresa Schopper der taz.

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