piwik no script img

Treffen zur EurokriseFDP spaltet Merkozy

Merkel widersetzt sich dem Werben des französischen Freundes: Sie begrüßt Sarkozys Vorstoß zur Finanztransaktionssteuer – macht aber zunächst nicht mit.

Er wirbt, sie bremst – "Merkzoy" in Berlin nicht ganz so harmonisch. Bild: reuters

BERLIN taz | Für Nicolas Sarkozy sollte es ein echter Coup werden: Mit seinem Vorstoß, in Frankreich noch im Januar mit der Einführung der Finanztransaktionssteuer zu beginnen, hatte er den in den Umfragen führenden Sozialisten ein Wahlkampfthema geklaut. Und mit Angela Merkel wollte er seine wichtigste Partnerin in der Eurokrise mit ins Boot holen, um so Fortschritte zu demonstrieren und die anderen Regierungen unter Zugzwang zu setzen.

"Wenn wir nicht mit gutem Beispiel vorangehen, wird nichts passieren", sagte er am Montag beim Staatsbesuch in Berlin. Und: "Es gibt keine Zukunft für Europa, wenn Deutschland und Frankreich sich nicht einig sind."

Doch die deutsche Kanzlerin widersetzte sich dem Werben ihres französischen Freundes - mit Verweis auf ihren heimischen Partner, die FDP. Zwar lobte Merkel Sarkozys eigenen Vorstoß ausdrücklich, nannte es "eine gute Initiative, dass Frankreich sagt, wir machen jetzt Nägel mit Köpfen". Zugleich machte sie klar, dass die Bundesrepublik sich dem nicht anschließt.

Sie wolle zunächst die für März erwartete Stellungnahme der EU-Finanzminister abwarten, ob eine Einführung der Steuer in der ganzen EU möglich sei. Doch dieses Ziel, das die schwarz-gelbe Koalition teilt, gilt als ausgeschlossen, weil Großbritanniens Premier David Cameron bereits ein Veto eingelegt hat. Das realistischere Ziel einer Einführung innerhalb der Eurostaaten, lehnt die FDP bisher ab. "Darüber haben wir in der Regierung noch keine Einigung", räumte Merkel ein. "Persönlich" werde sie aber "weiter dafür kämpfen".

Steuer im Alleingang

Die FDP bekräftigte am Montag ihre Ablehnung der Finanztransaktionssteuer ohne London - von einer nationalen Einführung ganz zu schweigen. "Wir sind nicht bereit, die Steuer im Alleingang mit Frankreich einzuführen", sagte der liberale Fraktionsvize Volker Wissing.

Daran übte die Opposition scharfe Kritik. Merkel dürfe nicht aus Rücksicht auf die FDP bremsen, sagte etwa SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Michael Schlecht von der Linksfraktion sagte, bei der Finanzsteuer "hätte die deutsch-französische Achse endlich mal einen Sinn".

Auch Peter Wahl, der für die NGO Weed im Bündnis "Steuer gegen Armut" mitarbeitet, kritisierte die deutsche Zurückhaltung als "unerfreuliche Entwicklung". Das Bündnis werde Druck machen, dass Deutschland seine früheren Zusagen einhalte.

Mehr Einigkeit als bei der Finanztransaktionssteuer erzielten Merkel und Sarkozy bei anderen Themen rund um die Eurokrise, die beim nächsten EU-Gipfel am 30. Januar besprochen werden sollen. Gemeinsam begrüßten sie, dass die Verhandlungen über den sogenannten Fiskalpakt, mit dem sich die Mitgliedstaaten zu mehr Haushaltsdisziplin und Schuldenbremsen verpflichten, gut vorankommen.

Dieser könne voraussichtlich am 1. März unterzeichnet werden, sagte Sarkozy. Bekräftigt wurde zudem, dass der dauerhafte Stabilitätsmechanismus ESM auf Juli vorgezogen wird und die Staaten früher mehr Geld einzahlen. Beim EU-Rat wollen Merkel und Sarkozy zudem Vorschläge für mehr Wachstum und Beschäftigung machen.

Zur angespannten Lage in Griechenland, wo es neue Zweifel an der Haushaltskonsolidierung und der geplanten Umschuldung gibt, sagte Merkel, aus deutscher und französischer Sicht müsse das zweite Griechenlandprogramm schnell realisiert werden. Athen müsse seine Verpflichtungen schnell umsetzen. Ziel sei es, dass kein Land aus dem Euro ausscheiden müsse.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • H
    henningshausen

    Na, wenn so die deutsch-französische Führungsrolle

    aussehen soll, prosit.

    Frau Merkel, die sonst immer als große Stabilitätskraft in Europa mit auftreten will,

    scheut sich davor anzuecken.

    Die FDP braucht andere Profilierungsmöglichkeiten.

    Es kann nicht sein, dass eine winzige

    Partei mit massiven Mitgliederschwund die Macht

    zur Unterdrückung von Marktgerechtigkeit

    bewerkstelligen kann!

    Die Finanzmarkttransaktionssteuer zwingt

    zumindest auf den nationalstaatlichen Märkten,

    wo sie etabliert werden zur Abschaffung von

    Luftbuchungen und Etablierung seriöserer Finanzproduktgestaltung,

    weil unseriöse und abgelehnte Produkte dann auch

    höhere Negativkosten verursachen.

    Diese Steuer ist ein wenig praktizierter Anlegerschutz für deutsche Bürger.

    Es kann nicht sein, dass Frau Merkel Herrn Sarkozy

    zur Einführung der Finanzmarkttransaktionssteuer

    anspornt, Zustimmung signalisiert und Bereitschaft

    zur gemeinsamen politischen Inititative und

    dann ihn in Stich lässt! Sie untergräbt damit

    die Zuverlässigkeit deutscher, europäischer Politik

    und das schlimmer als der Druck der FDP.

    Da machte Schäuble so einen Druck und am

    Ende wird er von der eigenen Parteichefin sabottiert.

    Unglaublich.

    Die FDP sollte im Interesse der Kleinanleger

    lieber die Ausgestaltung der Finanztransaktionssteuer

    mit beeinflussen, anstatt nur Fortschrittsbremse zu

    sein.

    Höhere risikodeckende Finanztransaktionsteuersätze für Hedgefonds(sofern nicht verboten),

    Leerverkäufe(sofern nicht verboten), Hebel-schuldverschreibungen(sofern nicht verboten),

    Derivate(mit über 3 facher "Neuverpackung").

    Sehr niedrige Finanztransaktionssteuern

    für Aktien, keine Finanztransaktionssteuern

    für Hausbankkredite und Daueraufträge.

    Ein gestaffeltes Finanztransaktionssteuermodell

    wird der unterschiedlichen volkwirtschaftlichen

    Risiko-/Nutzenanalyse für die einzelnen

    Finanzierungsarten gerecht.

    Wenn Herr Sarkozy lediglich ein uniformes

    Minimalsfinanztransaktionssteuermodell vorsieht,

    ist das auch in Ordnung.

    Es ist wichtig, das gehandelt und Glaubwürdigkeit

    wiederhergestellt wird.

  • P
    PeterWolf

    Da sieht man es mal wieder:

    Ihr seid gar nicht in der Lage, eure Artikel so schnell zu ändern, wie unsere Kanzlerin ihre Meinung.

    Die einzige Entschuldigung ist, dass ihr eigener Pressesprecher das auch nicht schafft.

  • V
    vic

    Schön für Merkel.

    Sie kann gefahrlos ein wenig für die Finanztransaktionssteuer sein. Wohl wissend, dass sie, auch "nur" in den Euroländern, niemals realisierbar ist.

  • F
    Frank

    FDP ?

    Jeder, wirklich jeder weiss, dass diese Partei ausgedient hat.

    Faktisch sind diese Typen mit am Regieren.

     

    Als Berufinstanz ist das lächerlich. Oder ?

  • B
    Bitbändiger

    Immer wieder spannend, das Rumgedruckse mit der Finanztransaktionssteuer. Macht es endlich! Und wenn das Spekulantengesindel dann nach London abwandert - was soll's? Die sind eh zu nichts nütze...

     

    Soll die Zwei-Prozent-FDP es etwa entscheiden? Frau Merkel täte gut daran, ähnlichen Charakter wie Frau Kramp-Karrenbauer zu zeigen und die Rumpeltruppe davonzujagen.

  • Y
    yepp

    Das ist der endgueltige Sargnagel fuer die FDP.

     

    Eine Finanztransaktionssteuer und deren Bedeutung wird seit 20 Jahren unter Oekonomen diskutiert und haette spaetestens nach der ersten Finanzkrise kommen muessen.

     

    In der SZ war letzte Woche ein hervorragender Artikel ueber die einstige Groesse der FDP, ihrer damaligen Verortung in der Mitte der Gesellschaft und ihrem originaeren Verstaendnis von "Liberaler Politik". Ich kann jedem FDP Anhaenger nur raten sich diesen Artikel zu Herzen zu nehmen.

     

    Weniger Regeln gleich automatisch liberale Politik kann auf jeden Fall keine Loesung sein, das ist vielmehr ein sehr sehr schlechter Scherz.