Star Club vor 50 Jahre eröffnet: Wo die Beatles durchstarteten

Vor 50 Jahren eröffnete in Hamburg-St. Pauli der "Star-Club". Er existiert zwar auch schon seit Jahrzehnten nicht mehr, aber für viele Menschen bleibt seine Faszination davon unberührt. Menschen wie den Zeichner Klaus-Dieter Schweitz.

Szenen der Jugend: Was er als Teenager im Star-Club erlebte, macht Klaus-Dieter Schweitz zu Zeichnungen. Bild: Thomas Joerdens

LAMMERSHAGEN taz | Ein schwarzer Granitstein mit dem Stern-Logo, einer stilisierten E-Gitarre und etliche klingende Rockstar-Namen: Mehr erinnert nicht an den Hamburger „Star-Club“, der vor einem halben Jahrhundert in der Großen Freiheit 39 eröffnet wurde und nicht nur die Beatles berühmt machte.

Unweit der Reeperbahn lösten britische Beatbands, US-amerikanische Rock’n’Roller, aber auch deutsche Nachwuchsgruppen eine weltweite Pop-Revolution aus. Sie rockten das umfunktionierte „Stern-Kino“ von 1962 bis 1969 wie keinen anderen Klub auf dem Hamburger Kiez, in Deutschland, überall. Nach dem Star-Club-Aus dann machte in den Räumen ein Sex-Theater weiter, bis das Gebäude abbrannte und Ende der 1980er Jahre abgerissen wurde. Ein besseres Rock-Klub-Finale hätte sich niemand ausdenken können.

Zum 50-jährigen Jubiläum am 13. April und an den darauf folgenden Tagen werden an der ursprünglichen Star-Club-Adresse sentimentale Konzert-Erinnerungen ausgetauscht, alte Kneipengeschichten erzählt und andere Anekdoten zum Besten gegeben. Und es gibt selbstverständlich auch reihenweise Konzerte. Diverse Helden von damals spielen gleich gegenüber des alten Star-Club, in der Großen Freiheit 36 sowie in den Fliegenden Bauten.

Eröffnet wird am 14. April die Ausstellung „Menschen im Star-Club“ im „Beatlemania“-Museum. Die gut 40 Zeichnungen mit Bleistift und Pastellfarben stammen aus dem Dachatelier des Malers und Zeichners Klaus-Dieter Schweitz. Der 64-Jährige lebt mit seiner Familie im Dörfchen Lammershagen zwischen Kiel und Lütjenburg.

Die Star-Club-Szenen hängen eng mit der Jugend des freischaffenden Künstlers zusammen: Als Vorlagen trieb Klaus-Dieter Schweitz Fotografien auf, die bislang nicht in den einschlägigen Büchern veröffentlicht wurden. Er zeichnete fotorealistisch tanzende Hipster-Pärchen, Musikerporträts oder Bands auf der Bühne, Originale wie die kräftige Barfrau Betty oder einen namenlosen weiß bekittelten Kellner, der dem Betrachter auffordernd eine Flasche Bier hinhält.

„Bier oder raus!“ – Klaus-Dieter Schweitz erinnert sich noch genau an den Spruch, mit dem die Star-Club-Bedienungen durch den Laden zogen. Einer der Kellner trug eine Kiste mit Bier und Cola auf den kräftigen Schultern, der andere kassierte und kontrollierte, dass die Gäste während der Konzerte das Trinken nicht vergaßen. Schweitz selbst, Jahrgang 1947 und gebürtiger Lübecker, besuchte erstmals 1963 den Star-Club – und war hin und weg. Der Teenager sah Bands aus der Beat-Metropole Liverpool, von denen er vorher nie gehört hatte. „Die hatten bereits einen unglaublichen Sound und konnten auf ihren Gitarren Sachen spielen – da staunten wir nur“, erzählt er. „Das war Gänsehaut pur.“

Der Lübecker Jung-Rock’n’Roller, ebenfalls Gitarrist und Sänger, besuchte fortan mindestens einmal monatlich den Star-Club. Das Programm studierten Klaus und seine Freunde in der Bild-Zeitung. Gegen 19 Uhr starteten die Shows, um 22 Uhr mussten Minderjährige den Laden verlassen. „Mit etwas Glück schafften wir es eine Stunde länger und hatten dann drei Bands für ein bis zwei Mark Eintritt gesehen.“

Bis heute kleidet Schweitz sich in schmal geschnittenes Existenzialistenschwarz, trägt die langsam ergrauenden Haare seit vier Jahrzehnten als Mop. So ähnlich wie der, den die Hamburger Fotografin und Künstlerin Astrid Kirchherr einst den Beatles verpasste. Die Fab Four habe er während ihrer drei Gastspiele im Star-Club leider verpasst, sagt Schweitz. Dafür erinnert er sich an Konzerte der Searchers und von Johnny Kidd & The Pirates. Die Berliner The Lords hat er gesehen und natürlich die Hamburger Lokalmatadoren: The Rattles.

In den langen Star-Club-Nächten traten bis zu acht Bands auf, die häufig Verträge für einen Monat hatten. Nicht nur die Beatles nutzten Hamburg als Sprungbrett für eine internationale Karriere, Gerry & The Pacemakers, The Swinging Blue Jeans und andere Liverpooler Bands taten es ihnen gleich.

Zum Star-Club gab es für Schweitz und viele andere lange Zeit keine Alternative. Andere Schuppen auf dem benachbarten Kiez – das „Indra“, der „Kaiser-Keller“ oder der „Top Ten Club“ – interessierten den Lübecker nicht. „Das Musikprogramm war im Star-Club einfach am besten und die Atmosphäre einzigartig“, schwärmt er 50 Jahre später.

Zusammen mit drei musikalischen Freunden hörte sich der Hobbygitarrist und Schaufensterdekorateur-Lehrling damals von Singles die Akkorde und Texte angesagter Rock’n’Roll- und Beat-Knaller heraus. Man paukte ein Programm mit Coverversionen von The Hollies über The Kinks und The Beatles bis Chuck Berry. Unter dem Nanem „The Original Shouts“ spielte das Quartett ab 1963 in Lübecker Kneipen, auf sogenannten Cola-Bällen des Jugendamtes und, am 2. Januar 1965, sogar auf den Bühnenbohlen des Star-Clubs selbst.

Dessen Gründer, Manfred Weissleder und Horst Fascher, seinerzeit gewiefte Kiezfiguren und Geschäftemacher in der Sex- und Rockszene, holten nicht nur die erfolgreichsten Solisten und Bands an die Elbe, mit denen sie ab 1964 auch Platten unter dem Star-Club-Label veröffentlichten. Die Musik- und Rotlichtmanager veranstalteten auch Wettstreits, um die deutschen Beatles zu entdecken. An zwei Tagen spielten jeweils mehr als 20 Nachwuchsgruppen, die Gewinner engagierte man für weitere Auftritte.

Klaus-Dieter Schweitz und The Original Shouts landeten 1965 unter ferner liefen. Doch zum Star-Club-Jubiläum kehren sie nun zurück – zumindest als Schweitz-Zeichnung.

Ab 1967 verlor der Rock’n’Roll-Magnet auf der Großen Freiheit für Schweitz, der bis Mitte der 1970er Jahre mit anderen Partybands durch Norddeutschland tingelte, seine Anziehungskraft: Damals eröffnete in Lübeck die erste Diskothek. Etwa zur selben Zeit wurden auch die Konzerthallen immer größer, in denen die populären Pop- und Rockbands nun auftraten. Diese Entwicklungen nahmen kleineren Live-Läden wie dem Star-Club das Publikum weg.

Diesen Trend kehrten auch die Rattles-Frontmänner Achim Reichel und Frank Dostal nicht um, die den Star-Club Anfang 1969 gepachtet hatten und den heruntergewirtschafteten Laden wieder in eine Attraktion verwandeln wollten. Am 31. Dezember desselben Jahres ging im legendären „Treffpunkt der Jugend“ endgültig die letzte Zugabe über die Bühne.

Das Jubiläum im Internet:
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