Plagiatsvorwürfe gegen Bildungsministerin: Wenn Schavan von Schavan abschreibt
Neue Vorwürfe gegen Bildungsministerin Schavan: Die CDU-Politikerin soll auf einem Drittel der Seiten ihrer Dissertation abgeschrieben haben. Sogar von ihren eigenen Hausarbeiten.
BERLIN dpa/afp/taz | Bundesbildungsministerin Annette Schavan muss sich gegen neue Plagiatsvorwürfe bei ihrer Doktorarbeit verteidigen. Der Gründer der Internet-Plattform VroniPlag, Martin Heidingsfelder, wirft der CDU-Politikerin vor, an deutlich mehr Stellen abgeschrieben zu haben als bislang bekannt. „Auf über 33 Prozent der Seiten finden sich Plagiate bei Frau Schavan“, sagte der Erlanger Plagiatsexperte der Augsburger Allgemeinen nach einer Überprüfung der 32 Jahre alten Doktorarbeit.
Heidingsfelder wirft Schavan vor, sie habe nicht nur auf 65 Seiten von anderen Autoren abgeschrieben und nicht korrekt zitiert, sondern unerlaubterweise auch alte eigene bereits veröffentlichte Texte übernommen, ohne dies kenntlich zu machen. Heidingsfelder kritisiert dies als „Eigenplagiate auf 55 Seiten der Dissertation“. Insgesamt seien damit auf 110 Seiten der Arbeit Plagiate enthalten.
Der VroniPlag-Gründer stellt sich damit ausdrücklich hinter den bislang anonymen Betreiber der Internetseite schavanplag.wordpress. „Mein Vorwurf ist nicht anonym“, betonte Heidingsfelder und forderte die CDU-Politikerin zum Rücktritt auf: „Wer nicht weiß, wie man richtig zitiert, kann nicht Bundesforschungsministerin und Professorin sein.“
Heidingsfelder stellte seine Ergebnisse über Schavans Doktorarbeit inzwischen als eigene offene Plattform SchavanPlag Wikihttp://de.schavanplag.wikia.com/wiki/Schavanplag_Wiki%29 ins Internet. Schavan hatte 1980 mit der 351 Seiten umfassenden Arbeit „Person und Gewissen – Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung“ an der Universität Düsseldorf den Doktortitel erlangt.
Warten auf die Uni
Schavan nahm am Mittwoch auf Anfrage keine Stellung zu den neuerlichen Vorwürfen. Sie wolle, aus Respekt vor der Wissenschaft, abwarten bis die Universtität Düsseldorf die Prüfung der Arbeit abgeschlossen habe. „Dann können wir sprechen“, sagte die Politikerin bei einer Pressekonferenz zur Änderung des Kooperationsverbots im Hochschulbereich.
Der zuständige Promotionsausschuss der Universität Düsseldorf prüft weiterhin die Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit der Doktorarbeit. Das Gremium der Philosophischen Fakultät aus Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern beschaffe sich dafür die Dissertation Schavans und weitere notwendige Literatur im Original, sagte ein Sprecher der Heinrich-Heine-Universität am Mittwoch.
Wann ein Ergebnis vorliege, sei noch „völlig offen“. Zugleich betonte er: „Der Ausschuss führt seine Arbeit unabhängig von dem, was aktuell in den Medien diskutiert wird, weiter“. Schavan selbst sagte, sie sei bisher vom Ausschuss noch nicht um eine Stellungnahme gebeten worden.
Leser*innenkommentare
Werner Münnich
Gast
Herr Heidingsfelder scheint wegen seiner eigenen gescheiterten "Karriere" nun darauf aus zu sein, andere zu Fall zu bringen die es zu etwas gebracht haben. Oder ist es etwa nicht bekannt, dass er aus der Nürnberger Software-Firma vor Jahren rausgeschmissen wurde? Warum recherchiert da nicht mal jemand. Das würde nun umgekehrt sicher auch einige Menschen interessieren.
Grüße Münnich
gustav
Gast
@Christian
Warum arbeitest Du lieber im Team?
Solange Du nicht während der Bachelor-, Master-,
Diplom- oder Doktorarbeit im Team arbeitest,
ist ja auch alles Ok und mit Sicherheit auch
interdisziplinär wünschenswert!
Aber bei Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktorarbeiten versicherst Du EIDESSTAATLICH,
dass Deine Arbeit zu 100% auf Deinen Mist gewachsen
ist, Du legst damit Zeugnis ab über Deine
wissenschaftliche Befähigung und Deinen rechtmäßigen
Marktwert.
Wenn also hier bei dieser bewerteten Arbeit
die Grenzen zwischen Fremdarbeit und Eigenleistung
verschwimmen dürfen, warum dann nicht auch
bei den anderen Klausuren permanenten Internetzugang
zu sachkundigen Forenteilnehmern während
der Klausur und Zugang zu Wissendatenbanken
und Berechnungsprogrammen gleich mit gewähren.
Beides sind endnotenrelevante Leistungen.
Gerade das eigenständige Denken, die mündige
Themenwahl, die Anwendung des gelernten Wissens,
die kritische Validierung des selbst geschaffenen
Wissens
macht die Arbeit aus.
Nur weil etliche Politheinis sich hierbei schwer
taten, sollte man nicht deren Hürden abschaffen.
Wir züchten uns Menschen heran, die selbst nichts
mehr Innovatives gebacken bekommen.
Das wäre fatal und vor allem wir erlauben
einer drittklassigen Garnitur über andere
Leute Schicksale zu entscheiden.
Das sollen aber wirklich nur die kreativ, wissenschaftlich und ethisch geeignetsten
Personen leisten!! Hohle Autoritäten
und Intriganten hat dieses
Land weiß Gott genug gesehen!!
Ob jemand etwas lieber mag oder nicht, spielt,
wenn er Leistung bringen muß keine Rolle!
Wenn ein Sportler seine Qualifikationsnorm nicht
schafft, um bei Olympia anzutreten, ist er raus.
Da nützt es nichts, wenn der Sportler die Meßlatte
etwas tiefer gehangen bekommen möchte.
Ein Mechaniker bei der Bundeswehr ist nur soviel
wert, wie er im Notfall selber selbstständig
reparieren kann!! Das ist im Kriegsfall überlebenswichtig!!
Das gilt auch für eine öffentliche Forschung,
die von wackeligen
Wissenschaftsetats abhängig ist und eine hohe
Mitarbeiterfluktuation aufweist.
Ein Staat ohne Moral kann ganz schnell zu
einem Griechenland-Zustand führen(den von heute;
nicht den der Antike).
Christian
Gast
Och gustav, komm mal wieder runter. Ich bin genauso Wissenschaftler wie du, aber ich arbeite lieber im Team. Auch sehe ich nichts Verwerfliches dabei, die Teile aus Papern zu recyclen, die man selbst geschrieben hat. Auch ohne kumulative Dissertation. Ich verstehe ja, dass dir manches dessen zuwider ist, was du im zweiten Teil deines Pamphlets beschreibst, aber deshalb musst du ja nicht völlig in der Vergangenheit bleiben und gegen anders arbeitende Kollegen poltern.
sigibold
Gast
Ich habe mich mal schlau gemacht. Frau Dr. Schavan hat ihre Dissertation im Jahre 1980 eingereicht.
Was sind wir doch für ein nachtragendes Pack, dass mehr als 30 Jahre danach derart nachgetreten wird.
Frei nach dem Motto: Gott vergibt, wir niemals!
Es gibt für (fast)alles eine Verjährungsfrist. Für Ungenauigkeiten bei der Doktorarbeit sollten 30 Jahre doch ausreichend sein.
gustav
Gast
@lounger
Haben Sie einmal kummulative Dissertationen und Habitilationen wirklich gelesen????!!!!
Die Einzelartikel haben zum Teil essayistischen
Charakter und werten häufig die Fachartikel
anderer aus und fassen diese neu zusammen.
Forschungsergebnisse aus Forschungsgruppen
werden Dank Alpha- oder Günstlingsposition
innerhalb der Forschungsgruppe dem Autor alleinig
zugeschrieben.
Wer wieviel eigentliche Forschungsarbeit investiert
hatte, ist kaum aufschlüsselbar!!!!
Manchmal werden auch lediglich Perspektiven
aufgezeichnet ohne eine einzige neue wissenschaftliche Untersuchung zu erstellen.
Es ist längst kein Geheimnis, dass zwischen
echter Forschungspersönlichkeit und Superlerner
erhebliche Diskrepanzen bzgl. Intuition,
Wissenschaftlichkeit und Vollständigkeit der
Dissertation bestehen(und leider eben
auch Orginalität).
Doktoren und Professoren sollen die nächsten
Generationen an Wissenschaftlern
und Jungakademikern schmieden,
da kann man keine Schauspieler, Dünnbrettbohrer,
Sozialalphatiere und Ultrasouveränheitsalonlöwen(-innen) ranlassen, sondern nur jene die wirklich
für sich genommen, die Besten didaktisch
und forschungsmäßig sind!!!
Doktortitel sollen auch kein Abrundungsfeature
der karrieregeilen Yuppies ohne volkswirtschaftliche,
ethische und fachliche Verantwortung sein.
Wenigstens hier muß einmal wirkliche Qualität gelten!
Das eine Elite aus Wöllers, Biedenkopfs
(Professorentitel für Wirtschaft, dafür das er mit
hunderten Mrd. Subventionen
eines mickrigen 4.Mio Einwohnervolkes(Sachsen)
immer noch zu seiner Zeit eine 12-18%(+indirekt
Arbeitslosigkeit eher 23%) Arbeitslosigkeit
hatte
mit steil absteigender Demographie), Gutembergs,
Chatzimakakis , Stoibers,
Koch-Mehrins,Mathiopoulos ,...
Doktortitel an Ihresgleichen am liebsten
umsonst austeilen will, ist mir klar.
Aber manches muß man sich eben erst auch
WIRKLICH verdienen und zwar alleinig
durch diese Forschungsarbeiten,
und nicht
durch eine Günstlingsnotenwirtschaft- und
-lehrprogrammierung, der sich topverstehenden
Kreise.
Deshalb halte ich auch nichts von gemeinschaftlichen
Diplomarbeiten und dergleichen.
Man muß doch wohl, wenn schon leider nicht
von jeden Erwachsenen und noch nicht einmal
jeden Abiturienten und noch nicht einmal
jeden Bachelor-, Masterabsolventen, dann doch
wenigstens von einem Doktor eigenständige,
kreative, vollständige und wissenschaftliche
Forschungsthemenbearbeitung
erwarten dürfen!!
Sind denn hier alle bescheuert?!
lounger
Gast
Ich kann das dumme Geschwätz von Leuten nicht mehr ertragen, die sich zu diesem Thema äußern und keine Ahnung, geschweige denn eigene Erfahrungen haben.
Was soll ein Eigenplagiat sein? Ich klaue mein eigenes Gedankengut? Das ist doch völlig abstrus!
Es gibt in einigen Unis die unsinnige Annahme, dass es nicht statthaft sei, Ergebnisse oder Überlegungen aus der Diss vorab zu veröffentlichen.
Dies ist aus meiner Sicht aber weder gute Wissenschaft noch sinnvoll. Auch das Entstehen von eigenen Gedanken wird durch Austausch und Kommunikation befördert, Fehler oder blinde Flecken behoben. Dazu muss man mal einen Gedanken oder Forschungsschritt öffentlich und damit Feedback-, Kritik- und plagiatfähigmachen.
Wieso sollte dies dann nicht mehr eine eigenständige Leistung sein? Weil man sich selbst ziterien muss???
In Zeiten in denen dieser Anachronismus durch kummulative Dissertationen und Habitilationen vielerorts längst abgeschafft wurde, ist das aus meiner Sicht ein Kesseltreiben aus anderen Motiven: die Profilneurose von Tugendwächtern, denen Sinn und Ziel vonm Wissenschaft - die kollektive Gewinnung und Verbesserung von Erkenntnis - letztlich scheißegal ist. Und die mangels eigener Kreativität das Zählen von Erbsenkrümeln, die oft keine sind, zum Stein der Weisen erhoben haben.
Detlev
Gast
Die Vorwürfe wirken nicht so dramatisch, aber was dahinter steckt, das ist das eigentliche Problem. Wenn die Ministerin damals so viele Passagen und Inhalte nicht kenntlich machte, dann hat das wahrscheinlich den Grund gehabt, dass ihre Arbeit nicht mehr als originäre wissenschaftliche Leistung betrachtet worden wäre, also hat sie angefangen, die Arbeiten zu trimmen und das ist schon, wenn es alles zutrifft, eine Art Fälschung und Erschleichung eines wissenschaftlichen Titels. Ansonsten wäre es ja vollkommen unproblematisch gewesen, entsprechende Verweise einzufügen. Und das wusste Schavan damals auch, dass sie problemlos auch auf eigene Texte hätte verweisen können.
Aber sie konnte nicht. Und die Frage, warum sie das nicht konnte, führt eben zum Kern ihrer Arbeit und ihrer wissenschaftlichen Erkenntnis. Vielleicht war diese gar nicht vorhanden oder so dünn, dass es eben für eine echte Dissertation nicht gereicht hat oder hätte. Das Abschreiben ohne Kenntlichmachung ist eben ein sicheres Indiz für Schlampigkeit und die Verschleierung der Fakten-, Quellen- und Informationslage einer wissenschaftlichen Arbeit. Möglicherweise sollte der Ausschuss mal ähnliche Arbeiten anschauen, die vorher publiziert wurden und deren Inhalt, Ansatz und Erkenntnis mit der Schavan-Arbeit vergleichen.
Wenn Schavan ihren Doktor-Titel sich erschlichen hat, dann hat die Frau jahrelang eine Kompetenz-Show abgehalten, die rein medial und schauspielerisch gewesen ist. Das wäre ein deutliches Signal, wie mies die Qualifikationen von unseren Politikern eigentlich sind.
viccy
Gast
Weshalb war die Frau nur so blöde und hat gegenüber den ersten Vorwürfen erklärt, auf Anonymität könne man schwerlich reagieren? Jetzt, wo die Anonymität personifiziert wurde, will sie immer noch ihren Mund halten. Also war die beklagte Anonymität nichts anderes als ein Scheingefecht und Schutzargument.
Warum müssen Politiker die Vorurteile gegen sich nur immer wieder bestätigen?