piwik no script img

YouTube-Musik als MP3 downloadenDas Recht auf Privatkopie

Google verlangt die Schließung einer Seite, mit der Nutzer einfach Musik aus YouTube-Videos herunterladen können. Der Konzern ist von der Aufregung überrascht.

Wir gehen mal davon aus, dass Prinz Charles seine Musik nicht heruntergeladen hat. Bild: reuters

„Wir fragen uns, was mit Google passiert ist“, heißt es auf der Seite YouTube-MP3.org. „Es ist nicht lange her, dass sie nach ihrer Philosophie lebten 'Tue nichts Böses'. Heute ignorieren sie Millionen Nutzer und verweisen stattdessen auf ihre fragwürdigen Geschäftsbedingungen, während sie die von anderen ignorieren, um Profit zu machen“.

Was ist passiert? Die anonymen Betreiber des Dienstes, der den Download von MP3-Dateien aus YouTube-Videos erlaubt, hat ein Schreiben des Google-Anwalts Harris Cohen erhalten, in dem sie aufgefordert werden, ihren Dienst einzustellen – ansonsten werde der amerikanische Konzern juristische Schritte ergreifen.

Grund: YouTube-MP3 verstoße gegen die Nutzungsbedingungen von Google, die den Download von Dateien untersagen, wenn sie nicht von Google selbst angeboten werden.

Hintergrund

Wer privat Videos von YouTube herunterlädt, mag zwar gegen die Nutzungsbestimmungen von Google verstoßen – doch davon abgesesehen ist ein Download auf den eigenen Rechner juristisch unproblematisch. Ähnlich einem Mitschnitt aus dem Radio gelten sie als Privatkopien.

Das Urheberrecht verbietet zwar Kopien von „offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlagen“, doch auf YouTube werden solche Videos meist schnell entfernt, stattdessen stellen viele Musikfirmen die Videos hier online, um Werbung für sich zu machen.

Davon abgesehen: Wo kein Kläger, da kein Richter – ob nun ein Video heruntergeladen oder gestreamt wird, ist für den Anbieter nicht ohne weiteres feststellbar. Google möchte auch keine Nutzer verklagen. Hüten sollte man sich aber davor, die heruntergeladenen Daten wieder zu veröffentlichen.

Für Google selbst ist das Schreiben nichts besonderes. Zwar will der Konzern nicht den Einzelfall kommentieren, gibt aber ein allgemein gehaltenes Statement ab: „Wir haben immer Verstöße gegen unsere Nutzungsbedingungen ernst genommen und werden diese gegen Anbieter durchsetzen, die sie ignorieren“. Eine deutsche Sprecherin betont gegenüber taz.de, dass der Konzern nicht gegen Nutzer solcher Dienste vorgehe. Von daher könne man die Aufregung nicht nachvollziehen.

Wie du mir, so ich dir?

Ob die Seite wirklich gegen die Google-Nutzungsbedingungen verstößt, ist zumindest nicht ganz klar. Denn die Betreiber geben an, nicht die Programmierschnittstelle von Google in Anspruch zu nehmen – insofern hätten sie keinen Vertrag mit Google geschlossen und deshalb keinen Nutzungseinschränkungen zugestimmt. Die Betreiber der Seite werfen Google vor, bei seinen Diensten wie Google Books oder Google News genau so verfahren zu haben, in dem sie die Angebote anderer ohne deren vorherige Zustimmung nutzten.

Es ist zwar möglich, Streams mit Verschlüsselungstechniken abzusichern und so das Mitschneiden oder den Download wesentlich zu erschweren, aber bei YouTube ist dies nicht der Fall. Im Prinzip müssen die Download-Services nur die Internetadresse der Videodateien ermitteln und können sie so herunterladen und in ein anderes Format konvertieren. Dazu kann man Online-Dienste wie Youtube-MP3 nutzen oder eines von zahlreichen Browser-Plugins, die diese Aufgabe für den Nutzer übernehmen.

Der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke sieht diese Praxis durch deutsches Recht gesichert: „Meiner Meinung nach kann das gesetzliche Recht auf Privatkopie nicht ohne weiteres durch die AGB eines Dienstes ausgehebelt werden.“

Keine „bösen“ Anzeigen

Schlechte Karten hat YouTube-MP3 jedoch, da die Seite Werbung platziert und somit Googles Dienste zum Geldverdienen nutzt. Zwar nehmen die Anbieter in Anspruch, nur wenig und keine „bösen“ Anzeigen einzublenden, die den Nutzer in Abofallen locken oder ihm Schadsoftware unterjubeln wollen. Aber durch die Kommerzialität des Dienstes hätte Google eine einfache Handhabe gegen das Angebot. Zudem wäre es für die Google-Techniker wohl kein Problem, die Server von YouTube-MP3 nicht mehr mit Videos zu beliefern.

Was im Einzelfall für Google kein Problem ist, ist jedoch in der Masse nicht unproblematisch. Denn natürlich lebt die Plattform davon, dass sich die Nutzer die Videos samt Werbung ansehen – über Download-Services wird diese Werbung umgangen. Gleichzeitig muss Google um die Musikvideos fürchten, die noch kostenlos und legal auf der Plattform eingestellt werden. Wenn die Nutzer die Musik von diesen Videos einfach herunterladen können, werden die Musikkonzerne eher davon Abstand nehmen, YouTube als Werbekanal zu nutzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Dies sollte in Situationen unterteilt werden, die für persönliche oder kommerzielle Zwecke kopiert werden

  • D
    DetlefN.

    Also theoretisch kann google das rein rechtlich gar nicht verbieten, da es das Recht auf Privatkopien in Deutschland gibt! Wenn ihr mehr Infos darüber erfahren wollt, hier gibts nen interessanten kurzen Artikel der das erklärt.

    http://diginights.com/report/musik-downloaden-bei-youtube-laut-rechtsanwalt-legal

  • OD
    Otto Dach

    Wo genau ist da das Problem für den Nutzer?

    Es sind genug Freeware-REcorder auf den MArkt, die rippen eines Youtube-Videos auf dem heimischen Computer erledigen

  • I
    ion

    Reine Scheindebatte (zwecks intendierter Abschreckungswirkung)!

    Wer seinen Firefox-Browser mit entsprechenden Add-ons ausstattet und richtig konfiguriert muss überhaupt keine Werbung in YouTube-Sites beglotzen und kann von Google noch nicht mal mehr im 'Konsum'-Verhalten beobachtet werden;

    Wer den Dienst von "YouTube-MP3.org" benützt, ist sowieso 'selber Schuld', denn in der Regel wird die Audiospur des entsprechenden YouTube-Musikvideos durch das Add-on lediglich in schlechter Qualität (128 kBit/s) runtergeladen;

    Darüberhinaus könnte man ja auch einfach das gesamte YouTube-Musikvideo runterladen und mit entsprechender Free-Software daraus im Handumdrehen nur die Audiospur in zum Originalvideo angemessener mp3-Qualität (oder anderem Audio-Format) 'raus'-konvertieren.

    Die Musikindustrie tritt Google auf die Füße, that ’s all.

    Und Google wird in seinem YouTube-Dienst weder gegen alle entsprechenden Free-Software-Anbieter vorgehen können, noch sein von Usern reingestelltes Gesamtangebot vor Veröffentlichung nach dem Kriterium: Downloadschutz: Ja - Nein sortieren können – der Zug ist schon rein konzeptuell abgefahren.

     

    (22.06.2012 17:58)

  • I
    ion

    Reine Scheindebatte (zwecks intendierter Abschreckungswirkung)!

    Wer seinen Firefox-Browser mit entsprechenden Add-ons ausstattet und richtig konfiguriert muss überhaupt keine Werbung in YouTube-Sites beglotzen und kann von Google noch nicht mal mehr im 'Konsum'-Verhalten beobachtet werden;

    Wer den Dienst von "YouTube-MP3.org" benützt, ist sowieso 'selber Schuld', denn in der Regel wird die Audiospur des entsprechenden YouTube-Musikvideos durch das Add-on lediglich in schlechter Qualität (128 kBit/s) runtergeladen;

    Darüberhinaus könnte man ja auch einfach das gesamte YouTube-Musikvideo runterladen und mit entsprechender Free-Software daraus im Handumdrehen nur die Audiospur in zum Originalvideo angemessener mp3-Qualität (oder anderem Audio-Format) 'raus'-konvertieren.

    Die Musikindustrie tritt Google auf die Füße, that ’s all.

    Und Google wird in seinem YouTube-Dienst weder gegen alle entsprechenden Free-Software-Anbieter vorgehen können, noch sein von Usern reingestelltes Gesamtangebot vor Veröffentlichung nach dem Kriterium: Downloadschutz: Ja - Nein sortieren können – der Zug ist schon rein konzeptuell abgefahren.